| | Die Zahl der jungen Sammler bei Online-Kunstkäufen steigt | |
Eigentlich ist es eine Binsenweisheit, nun wird sie aber auch durch Zahlen untermauert: Zwischen März und September haben die Umsätze im Online-Kunstmarkt spürbar angezogen. Das geht aus dem aktuellen „Online Art Trade Report“ des Versicherungsunternehmen Hiscox hervor. Demnach sind die reinen Online-Verkäufe bei Sotheby’s, Christie’s und Phillips sprunghaft von 187 Millionen Euro im gesamten letzten Jahr auf rund 497 Millionen Euro in den ersten acht Monaten dieses Jahres geklettert – kein Wunder, denn die Versteigerer haben durch die coronabedignten Einschränkungen viel mehr Auktionen ins Internet verlagert. „Während Sammler Online-Shopping früher eher zögerlich nutzten, ist ihnen diese Option nun sehr präsent“, so Robert Read, Leiter der Kunstabteilung von Hiscox. „Wenn die traditionellen Galerie- und Ausstellungsräume wieder vollständig geöffnet sind, werden wir die Kunst immer noch physisch sehen wollen, aber es besteht kein Zweifel daran, dass der Online-Kunstmarkt jetzt glaubwürdiger und beständiger denn je geworden ist.“
Durch Befragungen von 552 Kunstkäufern sowie Interviews mit Führungskräften von 38 Online-Plattformen registriert die Hiscox-Studie das veränderte Kaufverhalten. Vor allem die „Neulinge“, also Sammler, die erst seit maximal drei Jahren im Kunsthandel aktiv sind, führen die Online-Käufe an. Sie tätigten alleine rund 82 Prozent der gesamten Kunsttransaktionen zwischen März und September. Der Online-Handel wird auch immer jünger. So gaben 69 Prozent der befragten unter 35Jährigen an, in diesem Zeitraum Kunst im Internet gekauft zu haben. Im letzten Jahr lag dieser Wert noch bei 40 Prozent. Allen Altersgruppen gemein ist dabei die Antriebskraft hinter den Kunstkäufen – die Leidenschaft für Kunst.
Käufer unterstützen Künstler gezielt
Diese Begeisterung schlägt sich auch in den Umsatzzahlen nieder. 29 Prozent der Käufer zahlten im Schnitt mehr als 10.000 Dollar pro Kunstwerk. Weitere 11 Prozent gaben sogar durchschnittlich mehr als 50.000 Dollar pro Kauf aus. Grundlage dieses Anstieges ist auch ein erhöhtes Informationsbedürfnis der Kunden, das via Internet bestens befriedigt werden kann. Im Bereich der Online-Recherchen gaben fast drei Viertel der Befragten an, wöchentlich eine Online-Verkaufsplattform besucht zu haben. 2019 taten dies lediglich 54 Prozent. Hier stachen insbesondere die sogenannten „Big Spender“ heraus, also Käufer, die mehr als 50.000 Euro pro Jahr für Kunst zahlen. Von ihnen gaben 86 Prozent an, wöchentlich auf einer Verkaufsplattform zu recherchieren, was einer Steigerung von 17 Prozent zum Vorjahr entspricht.
Neben der persönlichen Passion für die Kunst gaben 68 Prozent der Käufer an, dass die Unterstützung von Künstlern, die sich coronabedingt in finanziellen Schwierigkeiten befinden, ebenfalls ein wichtiger Motivationsgrund sei. Besonders den jungen (76 Prozent) und den neuen Sammlern (78 Prozent) lag die Hilfe für Künstler am Herzen. Interessant für Auktionshäuser dürfte auch die Tatsache sein, dass rund ein Viertel der Käufer Werke direkt über die Instagram-Seiten von Fundraising-Kampagnen erworben haben. Bei den unter 35jähirgen waren es sogar 36 Prozent.
Instagram liefert die Newcomer
Gerade die Fotosharing-Plattform Instagram gewinnt für den Kunstmarkt seit Jahren konstant an Bedeutung. 68 Prozent der Käufer nutzten die zum Facebook-Konzern gehörende Plattform und gaben sie als ihren bevorzugten Social-Media-Kanal an. Damit hat die Beliebtheit von Instagram seit 2015 jedes Jahr zugelegt. Damals wurde das Netzwerk lediglich von 34 Prozent präferiert. Beinahe 90 Prozent aller Befragten nutzten Instagram vor allem, um neue Künstler und Arbeiten zu entdecken. Der Trend wird bereits von den großen Auktionshäusern bedient, die zunehmend über die Plattform Käufer direkt zu ausgewählten Verkaufsobjekten leiten.
Trotz der steigenden Zahlen sieht Hiscox keine Anzeichen für einen Abgesang auf das physische Kauferlebnis. Sogar bei den jungen Käufern finden Transaktionen über das Internet nur wenig Anklang. Der Galeriebesuch werde also auch in Zukunft wichtig bleiben. Die überwiegende Mehrheit (86 Prozent) der unter 35jährigen kaufte Kunst in einer physischen Umgebung, bevor sie online zuschlug, gegenüber 77 Prozent im Jahr 2019. Das Versicherungsunternehmen wagt dementsprechend eine positive Prognose: „Der Online-Kunstmarkt wird weiterhin von der physischen Infrastruktur abhängig sein, die das Vertrauen stärkt und Online-Verkäufe fördert. Die Verlagerung der Kunstwelt hin zu einem Clicks-and-Bricks-Modell, das aus der Notwendigkeit während COVID-19 entstanden ist und bei dem Online-Verkäufe den klassischen Galerienhandel ergänzen, wird wahrscheinlich auch nach Abklingen der Pandemie weitergehen.
Die gesamte Hiscox-Studie ist unter folgender Adresse abrufbar: |