Dziewior: Welche Voraussetzungen bzw. Eigenschaften muß man für Ihr Unternehmen mitbringen?
Achenbach: Man sollte auf jeden Fall kommunizieren können und Sicherheit im Umgang mit Menschen haben, auch Spaß daran zu verkaufen. Eher extrovertierte als introvertierte Menschen arbeiten für uns. Wenn Sie sich den typischen Museumsmenschen anschauen: Da gibt es Jean-Christophe Ammann, der wäre ein hervorragender Kunstberater, ist er ja auch schon; und dann gibt es andere, die nur schwer kommunizieren können, für die wäre es etwas mühseliger. Ich glaube nicht, daß es Frauen grundsätzlich leichter haben, aber es geht auch um Fragen der Geschmackssicherheit. Da sind uns Frauen vielleicht doch überlegen.
Dziewior: Inwieweit sind Ihnen die gesellschaftlichen Kontakte wichtig, die nicht zuletzt durch die soziale Schicht, die Ihre Mitarbeiterinnen Karenina von Oenhausen und Brigitte von Ribbentrop vertreten, hergestellt werden?
Achenbach: Ich würde sagen, grundsätzlich könnte es wichtig sein. In unserem speziellen Fall ist es aber nicht so wichtig, da wir neue Kunden oder Wettbewerbe meistens aufgrund unseres Konzepts gewinnen. Außerdem haben wir eine relativ hohe Empfehlungsquote. Da spielen Namen eigentlich keine Rolle und können sogar hinderlich sein. Unsere Klientel besteht auch nicht, wie zum Beispiel bei den Auktionshäusern, aus adligen Sammlern. Wir arbeiten eher mit Unternehmen, und da brauchen wir diesen Schnickschnack nicht.
Dziewior: Obwohl ich bei den meisten Ihrer Mitarbeiter eine hohe Identifikation mit der Arbeit feststellen konnte, fiel mir doch häufig eine Tendenz zur Rechtfertigung auf. Oft wird gerade der ideelle Aspekt betont und herausgestellt, daß auch junge Künstler gefördert werden. Wie erklären Sie sich den Rechtfertigungsbedarf? Glauben Sie, es liegt an dem umstrittenen Ansehen von Art Consulting?
Achenbach: Ich glaube, daß der Futterneid der Galerien und diese ständige Verleumdung, die in erster Linie aus Neid entsteht, weil sie möglicherweise mitbekommen, daß wir ein Telekom-Projekt mit einem angeblich gigantischen Etat gewinnen, zur Verschlechterung des Klimas beiträgt. Immer wieder werden meine Mitarbeiter angeschossen. Außerdem werden immer wieder Schwächen gesucht, die wir natürlich auch haben. Uns wird oft vorgeworfen, wir würden nichts für die Kunst tun. Meistens dominiert der idiotische Gedanke, daß ein Galerist etwas für die Künstler tut und sie aufbaut, und Achenbach lediglich kommt und absahnt. Da halten unsere Mitarbeiter bewußt dagegen. So haben wir seit Jahren das Meisterschülerprojekt, das heißt, wir kaufen von den Kunsthochschulen, unter Rücksprache mit den Professoren, Arbeiten auf Papier von Meisterschülern.
Dziewior: Ihre Unternehmungen in bezug auf die Meisterschüler sind aber doch nicht ein selbstloses Subventionsprogramm. Könnte man es nicht auch so sehen, daß sie relativ preiswerte Arbeiten auf Papier erstehen, die sie dann möglichst gewinnbringend an Unternehmen verkaufen?
Achenbach: Nein, denn wir kaufen die Arbeiten als ein Äquivalent zur Grafik. Je nach Format zahlen wir den Studenten zwischen 400 und 600 DM. Im Verkauf nehmen wir dann ein Honorar von 100 DM und eine ebenso hohe Pauschale für die Kosten, die uns durch Transporte, Reisespesen, Lagerhaltung, Inventarisierung, Etikettierung und Vermessung der Arbeiten entstehen. Wir haben das bewußt so konzipiert, damit es nicht heißt, Achenbach bereichert sich an jungen Künstlern. Über die Kontakte mit den jungen Künstlern entstehen dann auch schon mal weitere Projekte, die der Künstler mit uns macht. Oder wir geben den Firmen, die eine ihrer Arbeiten kaufen, auch schon mal direkt die Adresse der Künstler, so daß wir hier also ganz uneigennützig vermitteln, ohne daran finanziell beteiligt zu sein. Von den 80 bis 100 Meisterschülern, die wir pro Jahr kaufen, gibt es immer mal wieder etwa drei bis sechs, die in der Folgezeit ein Projekt mit uns machen.
Dziewior: Sie haben eben von den Schwächen bei Achenbach gesprochen. Wo sehen Sie die Schwachpunkte in Ihrem Unternehmen?
Achenbach: Ich würde eine Schwäche darin sehen, daß wir immer nur dann mit einem Künstler zusammenarbeiten, wenn uns ein Projekt mit ihm als idealtypisch erscheint. Wir haben dann zwar eine intensive Beziehung zwischen einem Monat und einem Jahr, je nach Projekt. Dann kann es aber auch wieder mehrere Jahre dauern, bis wir erneut mit ihm zusammenarbeiten. Es ist eigentlich schade, daß wir nicht eine kontinuierliche Nähe, eine dauerhaftere Zusammenarbeit mit den einzelnen Künstlern haben. Aber das liegt darin begründet, daß wir ein kommerzielles Unternehmen sind, und da muß man manchmal auch den einen oder anderen Kompromiß machen.
Dziewior: Sie haben mehrfach den Versuch unternommen, in eigenen Räumen Ausstellungen zu zeigen, wobei Sie sich auf bereits etablierte Künstler beschränkten. Hatten Sie nie das Bedürfnis, neue, unbekannte Künstler durch Ausstellungen zu fördern?
Achenbach: Grundsätzlich schon. Aber das ist eine Frage der Zeit. Für den Kunsthandel, also für die Konzeption von Ausstellungen, habe ich vielleicht vier bis fünf Stunden pro Woche. Die andere Zeit verbringe ich mit Projekten, Kunden und Architekten. Unser bisheriger Kunsthandel ist über Kontakte mit Künstlern entstanden, mit denen wir gerade ein Projekt machten. Wie zum Beispiel die Ausstellung von Gerhard Merz, die wir hier unten in der Halle von Kaiserswerth gezeigt haben. In dieser Zeit haben wir mit Gerhard Merz auch bei anderen Projekten zusammengearbeitet. Ich möchte den Kunsthandel bei Achenbach schon professioneller und innovativer entwickelt sehen. Dazu braucht man natürlich die richtigen Leute, und ich glaube, daß wir zum Beispiel mit Karin Barth, die aus einem ganz anderen Umfeld kommt und jetzt für uns arbeitet, auf dem besten Weg sind.
Interview aus „Texte zur Kunst“ abgedruckt in:
Helge Achenbach, Vom Saulus zum Paulus - Kunst- und Architekturbetrachtung. Lindinger+Schmid, Regensburg, 1995 (Statement – Reihe; S. 16ff).
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