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Deutsches Architekturmuseum in Frankfurt zeigt Gottfried Böhm

Richtungslos, mutig, anders



Gottfried Böhm, Wallfahrtskirche Maria, Königin des Friedens, Velbert-Neviges, 1963-68

Gottfried Böhm, Wallfahrtskirche Maria, Königin des Friedens, Velbert-Neviges, 1963-68

Es gibt nicht gerade viele deutsche Architekten, die Architekturgeschichte schreiben. Einer davon, der dies auch noch zu Lebzeiten würdigend erfahren darf, ist der Kölner Gottfried Böhm. 1986 erhielt er als erster und bislang einziger Deutscher den Pritzker-Preis, die höchste internationale Auszeichnung auf dem Sektor der Baukunst. Die aktuelle Retrospektive seines sechs Jahrzehnte währenden Werkschaffens im Frankfurter Architekturmuseum ist somit auch nicht die erste, aber die bisher umfassendste. Der Parcours durch die Ausstellung gestaltet sich wie ein Gang durch die Nachkriegsgeschichte bundesdeutscher Architektur. Die Kapelle von St. Kolumba in Köln (um 1950), der Ausbau der Bonner Godesberg (1959-1968), das Rathaus zu Bergisch Gladbach (1967), die Wallfahrtskirche in Neviges (1964-1968), das Diözesanmuseum Paderborn (1969-1986), die Schlosserweiterung Saarbrücken (1981-1989), das Züblin-Haus in Stuttgart (1981-1985), die Planungen für das Berliner Reichstagsgebäude ab 1985, die WDR-Arkaden in Köln (1991-1998), die neue Ulmer Stadtbibliothek (2004) oder das in diesen Tagen eröffnende Hans Otto Theater in Potsdam sind nur wenige Highlights sowohl der Ausstellung als auch der 464 Projekte umfassenden Werkliste.


Grundlage der Werkschau bildet der rund 25.500 Skizzen und Zeichnungen starke Nachlass Böhms, den das Deutsche Architekturmuseum unlängst in seine Sammlung aufnehmen konnte. Nachdem im letzten Jahr die Bauten des Vaters Dominikus Böhm Gegenstand einer umfangreichen Ausstellung waren, wird nun der Sohn präsentiert, dessen Pläne durch zahlreiche neu ausgeführte Modelle, Fotografien und Filme instruktiv vermittelt werden.

Der Name des 1920 geborenen Architekten ist zu allererst mit dem Kirchenbau verknüpft. Als Gottfried Böhm nach Beendigung seines Architekturstudiums in München 1947 nach Köln zurückkehrt und ins väterliche Büro eintritt, stellt sich als erste Aufgabe der Wiederaufbau der Kapelle St. Kolumba. In den Folgejahren profitiert er vom Kirchenbauboom der Nachkriegszeit. Unter den rund 70 realisierten Kirchen stellt die zwischen 1964 und 1968 ausgeführte Wallfahrtskirche Maria, Königin des Friedens, zu Neviges den Höhepunkt dar. Wie aus Lehm geknetet, erhebt sie sich ähnlich einem Faltenbündel aus Beton als Stadtkrone über dem Ort. Das 35 Meter hohe Zelt Gottes bietet 7.000 Menschen Platz und besticht durch kraftvoll-zielsichere Lichtführung im Inneren. In enger Verbindung von Form und Funktion schuf Böhm hier eine symbolische Gestalt mit klassischen Metaphern.

Wie auch weitere, ähnlich konzipierte Gotteshäuser Böhms korrespondieren die expressionistischen Betonmassive mit Jahrzehnte alten Vorstellungen eines Bruno Taut oder Wassili Luckhardt. Gottfried Böhm entwickelt sich mit seinen grauen Sichtbetonbauten zum führenden Vertreter des neuen Brutalismus, dieser als neoexpressionistisch zu bezeichnenden Architekturrichtung der späten 1950er und 1960er Jahre. Die kristallinen Sichtbetonkonstruktionen finden auch im profanen Bereich ihre Ausformung. Als Meisterwerk gilt der 1967 eröffnete Rathausneubau in Bensberg bei Köln. Böhm integrierte den gleichfalls die Stadtsilhouette prägenden Bau in die ehemalige Burg der Grafen von Berg. Die Trakte mit schmalen, rahmenlosen Fensterbändern gipfeln in einen alles überragenden, in eine fantastische Betonspitze mündenden Treppenturm als modernes Gegenstück zum Bergfried.

Mit der Geschichte geht Gottfried Böhm oft nicht zimperlich, aber doch nie völlig respektlos um. Originell bis tollkühn sind seine Wiederaufbauten und Ergänzungen historischer Gemäuer, wo er das Neue unmittelbar auf die Relikte feudaler Architektur aufsetzt. Mit dem Ausbau der Bonner Godesburgruine zum Hotelbetrieb im den Jahren 1959 bis 1968, seinem ersten Profanbau nach 39 errichteten Kirchen, beginnt das Engagement mit denkmalgeschützter Bausubstanz. Es findet seine Fortsetzung unter anderem im Ausbau der Bad Kreuznacher Kauzenburgruine von 1969 bis 1976 sowie der fulminanten Restaurierung und Neuerrichtung des Mittelrisalites am Saarbrücker Schloss in den Jahren 1981 bis 1989. Letzteres Projekt beinhaltet eine Weiterführung barocker Ideen mit einem kontrastierenden und transparenten Bauteil aus Glas und Stahl als Zeichen der Jetztzeit. Ganz im Gegensatz dazu gereichen die brutalistischen Wohnsilos aus Beton in Köln-Chorweiler aus den Jahren 1966 bis 1974 der stilistischen Bezeichnung zur Ehre.

Die komplizierten und in Handarbeit geformten Schalungen für die skulpturalen Betongebilde werden mit der Zeit zu teuer. Um 1970 geht Böhm zu einem Gerüstbau über, bei dem Stahl in tragenden- oder Ausbauteilen einen größeren Part übernimmt. Immer mehr Transparenz charakterisiert Böhms Werkschaffen. Gleichzeitig zwingt das Ende des Kirchbaubooms zu einer Umorientierung hin zu vermehrt öffentlichen Bauten. Den Übergang in eine neue Phase markiert das Diözesanmuseum in Paderborn aus den Jahren 1969 bis 1975. Es erscheint äußerlich als geschlossener Schrein mit innen liegender offener Halle. Die Phase eingehauster Stadträume in der Form von Glas- statt Betonburgen leitet der Rathausbau von Bocholt aus den Jahren 1970 bis 1977 als eine allen offen stehende, transparente, so genannte „demokratische“ Architektur ein. Immer weiter zu höchster Form gesteigert, gipfelt diese Entwicklung im 1985 vollendeten Züblin-Verwaltungsgebäude in Stuttgart mit der zwischen zwei Bürotrakten angeordneten Glashalle.

Wirkungsgeschichtlich von Bedeutung sind Böhms nach 1985 zunächst im geheimen Auftrag des Bundeskanzlers erarbeiteten Entwürfe für eine neue verglaste Stahlkuppel auf dem Berliner Reichstagsgebäude als Hülle für einen neuen Plenarsaal auf Dachniveau. Durch die politischen Ereignisse kurz darauf zu neuer Aktualität gelangt, konnte zwar der Brite Norman Foster den Auftrag für eine neue Glaskuppel umsetzen. Anreger und Ideengeber aber war Gottfried Böhm mit seinen Entwürfen.

Die vielen weiteren Projekte wie Stadtraumgestaltungen, Passagen, Banken, Hotels, unausgeführte Entwürfe unter anderem für Museen in Köln, Stuttgart oder Hamburg sowie Bundesbauten in Bonn oder die schier zahllosen Wettbewerbsteilnahmen gehen mit ihren teils originellen Ideen zugunsten der markanten Bauvorhaben unter. Unter den ausdrucksstarken Zeichnungen von ungeheurer Präsenz und Körperlichkeit beeindrucken besonders die Entwürfe zur inneren Ausgestaltungen wie die zur Deckenbemalung im Festsaal des Saarbrücker Schlosses oder die durch Kleinteiligkeit und warme Farbgebungen charakterisierten Entwürfe für Kirchenfenster aus den 1950er Jahren.

Böhms Baukunst zeichnet sich durch wohlgefällige Distanz zu Trends und internationalen Entwicklungen aus. Zwar sympathisieren viele Details mit Geistern der Zeit, doch der selbstbewusste Eigensinn bleibt unverkennbar. Freilich ähneln beispielsweise die wie aufeinander gestapelte Container aussehenden WDR-Arkaden den kippenden Systemen des Dekonstruktivismus. Doch die Böhmsche Handschrift in der Form von kräftigen Formbildungen oder körnigen, stark eingefärbten Oberflächen bleibt unverkennbar. Auch zu überraschen, versteht es Böhm immer wieder, so etwa mit der 2004 eingeweihten „Ulmer Pyramide“ für die dortige Stadtbücherei, in der Leichtigkeit und Transparenz mit einem schützendem Charakter verbunden werden.

Gottfried Böhm führt trotz seines hohen Alters sein Büro in lockerer Partnerschaft mit seinen Söhnen Peter, Paul und Stefan weiter. Formgedanken werden stets fortentwickelt, wie die seit den 1990er Jahren aufkommenden sphärischen Schalen demonstrieren. Jüngstes Werk ist das in diesen Tagen eröffnende Hans Otto Theater in Potsdam. Die in Schichten übereinander schwebenden Schalen eröffnen auffällig Assoziationen zu Jörn Utzons Opernhaus in Sydney. Ebenfalls in diesem Jahr wurden Böhms Aufsehen erregende Entwürfe für eine Zentralmoschee in Köln preisgekrönt. Man kann nur wünschen, dass dem Baumeister die Ideen nie ausgehen und ihm noch viel Zeit bleibt, richtungslos, mutig und anders als alle anderen zu wirken.

Die Ausstellung „Felsen aus Beton und Glas. Die Architektur von Gottfried Böhm“ ist noch bis zum 5. November im zu sehen. Geöffnet ist täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr, mittwochs zusätzlich bis 20 Uhr. Der Eintritt beträgt 6 Euro, ermäßigt 3 Euro. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog erschienen, der an der Museumskasse 32 Euro kostet.

Kontakt:

Deutsches Architekturmuseum

Schaumainkai 43

DE-60596 Frankfurt am Main

Telefon:+49 (069) 21 23 88 44

Telefax:+49 (069) 21 23 63 86

Startseite: www.dam-online.de



04.10.2006

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Hans-Peter Schwanke

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Gottfried Böhm, Wallfahrtskirche Maria, Königin des Friedens, Velbert-Neviges, 1963-68
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Gottfried Böhm, Wallfahrtskirche Maria, Königin des Friedens, Velbert-Neviges, 1963-68

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Gottfried Böhm, Rathaus von Bensberg, Bergisch-Gladbach , 1962-71

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Gottfried Böhm, Wallfahrtskirche Maria, Königin des Friedens, Velbert-Neviges, 1963-68

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Gottfried Böhm, Züblin-Verwaltungsgebäude, Stuttgart-Vaihingen, 1981-85

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Gottfried Böhm, Wallfahrtskirche Maria, Königin des Friedens, Velbert-Neviges, 1963-68

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Gottfried Böhm, Hans Otto Theater, Potsdam, 1995-2006

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