Späte Wiedergutmachung für Curt GlaserSein Schicksal war das vieler anderer jüdischer Bürger, die während der Weimarer Republik zu den Kultur- und Geistesträgern in Deutschland gehörten: Seines Glaubens wegen wird Curt Glaser im April 1933 aus seiner Stellung als Direktor der Staatlichen Kunstbibliothek in Berlin entlassen und ist gezwungen, seine umfangreiche Kunstsammlung in Berlin zu Schleuderpreisen zu verscherbeln. Zwar gelingt ihm durch die finanziellen Einnahmen dieser Veräußerung Ende 1933 die Flucht über die Schweiz, Frankreich und Italien schließlich in die USA, doch seine Kunstsammlung und einen Großteil seines Vermögens hat der eifrige Kunsthistoriker, dessen Arbeiten zur deutschen Malerei vom Mittelalter bis zur Moderne noch immer zu den Standardwerken gehören, verloren. 1943 starb der Exilant vergessen in Lake Placid im US-Bundesstaat New York.
Unter den Gemälden in seinem Besitz befand sich auch das Bild „Römische Campagna“ von Lovis Corinth aus dem Jahr 1914. Es war 1949 als Teil einer Berliner Kunstsammlung von der Stadt Hannover erworben worden, ohne dass die Provenienz des Gemäldes ausgewiesen war, und hing seit langem als Dauerleihgabe in der Landesgalerie des Niedersächsischen Landesmuseums. Der Stadtrat von Hannover hat nun, nach umfangreichen Recherchen und juristischen Prüfungen, die die Landschaft als „NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut“ ansehen, die Rückgabe des Gemäldes an die Erben Glasers beschlossen und diese Rückgabe am heute durch Kulturdezernent Harald Böhlmann vollzogen. Im kommenden Jahr soll Corinths Werk in der Ausstellung „Raub und Restitution“ im Jüdischen Museum Berlin zu sehen sein. Das Gemälde hat einen Versicherungswert von circa 440.000 Euro. Die Erbengemeinschaft Glasers hat nach Angaben ihres New Yorker Anwalts David Rowland noch an einige weitere internationale Museen Rückgabeanträge gestellt. Lediglich Edvard Munchs Doppelporträt mit Glaser und seiner ersten Ehefrau konnte bisher in einem Museumsdepot in Basel nachgewiesen werden. |