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Umweltthemen elegant und poetisch verpackt: Der junge dänische Shooting-Star Tue Greenfort im Braunschweiger Kunstverein

Schöne Bilder für die Katastrophe



Was machen Rippenquallen aus der Kieler Bucht im Braunschweiger Kunstverein? Der junge dänische Künstler Tue Greenfort, Jahrgang 1973, präsentiert sie anlässlich seiner ersten großen institutionellen Einzelausstellung „Linear Deflection“ in der Eingangshalle des Kunstvereins in einem Hightech-Aquarium aus dickwandigem Acrylglas mit Strömungsanlage. Seine Assistenten haben sie frisch aus der Kieler Bucht gefischt. Eigentlich ein wunderschönes Bild: Die fast durchsichtigen, bisweilen poetisch leuchtenden Schwabbelwesen lassen sich elegant in der Strömung treiben. Im Begleittext zu der Schau wird der Besucher aufgeklärt: Rippenquallen waren ursprünglich in Nord- und Südamerika heimisch und sind mit Containerschiffen nach Europa eingeschleppt worden. Vor fünf Jahren tauchte die Mnemiopsis leidyi plötzlich in der Kieler Bucht auf, wo sie sich seitdem extrem vermehrt und Sprotte und Hering die Kleinkrebse wegschnappt. Jetzt soll sich der gefräßige Schädling in Greenforts Superaquarium bei allmählich steigenden Wassertemperaturen weiter fortplanzen, beleuchtet von einer stromsparenden RGB-Lampe, die den primitiven Meerestieren einen irisierenden Schimmer verleiht. Eine Art Brutkasten für schöne Parasiten. Betörend schön und beängstigend zugleich.


Und typisch Tue Greenfort eben. Seine Kunst beschäftigt sich zwar mit so zivilisationskritischen Themen wie Umweltverschmutzung, Artensterben, Klimawandel und Verknappung der Ressourcen. Doch Greenfort läuft nicht mit erhobenem Zeigefinger herum. Doktrinäre Propagandakunst für alternative Gutmenschen liegt ihm fern. Was er zeigt, sind oft vordergründig schöne Installationen, Videoarbeiten, Fotografien oder Zeichnungen, deren hintergründige, eher aufrüttelnde als polemische Botschaften man oft erst beim zweiten Hinsehen versteht. Greenfort macht dem Betrachter Angebote, die er annehmen, einfach übersehen oder auch ausschlagen kann. Er betreibt subtile Aufklärung über den Zustand unseres Planeten, indem er ökologische und ökonomische Fragestellungen ebenso intelligent wie augenzwinkernd verpackt.

Silvio Berlusconi verkündete vor kurzem mit stolz geschwellter Brust, er habe das Müllproblem von Neapel gelöst. Tue Greenfort weiß es besser. Er war gerade noch da. In einem Vorort schoss er Fotos von einem vergammelnden Müllberg, die in ihrer Opulenz an Bilder aus dem Barock erinnern. Fischköpfe ragen aus angekokelten Mülltüten hervor, ein Berg von Venusmuscheln wirkt wie extra hindrapiert, und auch eine billig aufgemachte Porno-DVD thront über dem fauligen Abfall aus der Stadt am Vesuv. Gutes Essen, schöne Körper, Lust und Pornografie: Für Greenfort verkörpert dieser Müllhaufen alles, was er mit Süditalien verbindet. Und was ist mit der Mafia? Da zitiert er die Italiener: „Die Mafia existiert nicht, die ist überall.“

Was mit dem Müll aus Neapel dann schließlich passiert ist, kann man auf einer anderen Fotoserie des in Berlin lebenden Shooting-Stars sehen. Über 30.000 Tonnen Müll aus Bella Napoli wurden bislang ins norddeutsche Bremerhaven transportiert und in der dortigen Müllbeseitigungsanlage verbrannt. Greenfort, zur Zeit Stipendiat des Bremerhavener Vereins Kunst und Nutzen e.V., durfte den beeindruckenden Verbrennungsprozess fotografieren. Es ist, als ob man Dantes Inferno vor sich hätte: gelb lodernde Flammen und höllische Glut, ein Fegefeuer der Konsumkultur.

Ähnlich absurde Szenarien hält die Braunschweiger Schau in Hülle und Fülle bereit: verfärbte ph-Teststreifen, die er an verschiedenen Orten dem sauren Regen ausgesetzt hat, präsentiert Greenfort in weißen Rahmen wie fröhliche Luftschlangen aus dem Karneval. Die Schlacke aus einer Müllverbrennungsanlage schichtet er fein säuberlich auf das Raster einer handelsüblichen Euro-Palette, wobei er gleich nebenbei auch noch Minimal Art und Land Art, wichtige Kunstströmungen aus den 1960er Jahren, ironisch zitiert.

Die wuchtigen Scheinwerfer von der Realschule gegenüber hat Greenfort abschalten lassen. Normalerweise tauchen sie das Domizil des Kunstvereins, ein klassizistisches Stadtpalais, nachts in warmes Licht. Stattdessen stellte Greenfort jetzt sechs baugleiche 1500-Watt-Strahler im Inneren des Gebäudes auf. Die versteckte Botschaft: Der Kunstverein ist autonom. Er strahlt aus sich selbst heraus und ist zumindest für die Dauer der Ausstellung auf die allerorts um sich greifenden Lichtinszenierungen des Stadtmarketing und der Energieriesen nicht angewiesen. Poetische Eingriffe dieser Art sind typisch für Tue Greenfort: So stattete er 2002 eine Straßenlaterne vor dem Gebäude des Frankfurter Kunstvereins mit einem An-und-Aus-Schalter aus: Die Passanten sollten selbst entscheiden, ob es ihnen zu hell oder zu dunkel sei.

Die Ausstellung „Tue Greenfort - Linear Deflection“ ist noch bis zum 16. November zu sehen. Der Kunstverein Braunschweig hat Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr, am Donnerstag zusätzlich bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 3 Euro, ermäßigt 1,60 Euro. Der Katalog erscheint im Oktober im Verlag der Buchhandlung Walther König.

Kontakt:

Kunstverein Braunschweig

Lessingplatz 12

DE-38100 Braunschweig

Telefax:+49 (0531) 12 47 37

Telefon:+49 (0531) 49 556

E-Mail: info@kunstverein-bs.de

Startseite: www.kunstverein-bs.de



29.09.2008

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Nicole Büsing & Heiko Klaas

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