| | Johann Joachim Kändler, Johann Joachim Kändler und Peter Reinicke, Affe als Klavierspieler, um 1753 | |
Einer sitzt auf einem Artgenossen und klimpert auf dem Clavicord, ohne hinzuschauen, ein anderer bläst die Posaune volles Rohr, die Querflöte wird mit sanfter Anmut geliebkost, die Laute munter gezupft, dem Oboisten ist das Instrument leider zum Teil abgefallen, sogar Dudelsack und Drehleier, Harfe und Triangel sind dabei, und über allem thront der Dirigent, der mit weit ausladenden Gesten und aufgerissenem Maul Ordnung in das muntere Orchester zu bringen versucht. Das wird nicht leicht sein, da es doch aus lauter Affen besteht. Johann Joachim Kändlers und Peter Reinickes um 1753 entworfene Affenkapelle gehört zu den berühmtesten, weil lustigsten Produktionsreihen der Meißner Porzellanmanufaktur und erfreut sich bis heute ungebrochener Beliebtheit. Das Kölner Auktionshaus Lempertz bietet am 15. Mai nicht weniger als 16 Exemplare dieser Serie an, zwar nicht alle zur gleichen Zeit entstanden, aber immerhin eine ziemlich große Truppe, mit der sich schon ordentlich Krach machen lässt. Die zeitnah geformten Exemplaren rangieren meist zwischen 6.000 und 8.000 Euro – der Lautenist soll sogar 12.000 bis 15.000 Euro kosten –, die späteren Stücke sind etwas günstiger zu haben.
Nach der Berliner Auktion vom 9. Mai bildet das Porzellan schon wieder einen der beiden großen Schwerpunkte dieser rund 630 Objekte umfassenden Versteigerung, mit der Lempertz seinen Rang als einer der ersten Antiquitätenanbieter weiter festigt. Ein Affe sitzt auch im Mittelpunkt einer Figurengruppe von Kändler um 1741, nämlich auf dem Tisch eines aufgeblasenen Quacksalbers, der wiederum von einem beisitzenden Harlekin veralbert wird (Taxe 40.000 bis 50.000 EUR). In vornehmer Unterhaltung, von Rotwein unterstützt, ergehen sich dagegen gerade ein Freimaurer und eine Dame, die dem berühmten Mopsorden angehören, worauf ebenfalls das entsprechende Tier verweist (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR). Eine weitere Serie schuf Reinicke um oder kurz nach 1754 mit seinen „Cris de Paris“, Marktschreiern also, nach Zeichnungen von Christophe Huet. Die drei vorhandenen Stücke sollen zwischen 9.000 und 13.000 Euro kosten. Friedrich Elias Meyer zeichnet um 1750/60 für einen Satz Jahreszeitenallegorien verantwortlich (Taxe 12.000 bis 15.000 EUR).
Die gehobene Gebrauchsware aus Meißen beeindruckt gewohntermaßen durch ihre reichen Bemalungen. Zuerst ist hier ein Paar Deckelterrinen mit Platten zu nennen, deren weite Uferlandschaften mit Figurenstaffage Johann Martin Kittel um 1740 in den türkisfarbenen Fond einließ. Als besonders seltene Stücke muss hier mit 70.000 bis 75.000 Euro kalkuliert werden. Johann Gregorius Höroldt wird mit den chinoisen Malereien auf einer Teekanne um 1725/30 in Verbindung gebracht, aber wie so oft lässt sich der Schöpfer der feinen Darstellungen von Küchenszenen nicht nachweisen (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR). Rein floral ist die blaue Malerei über goldenem Grund auf einem Meißner Walzenkrug um 1730/35 (Taxe 15.000 bis 18.000 EUR). Vor allem für Heraldiker und Adelsfreunde dürfte eine blumengeschmückte Terrine von etwa 1740 interessant sein, die auf beiden Schauseiten das Allianzwappen derer von Hoym-Werthern zeigt – aber auch für Historiker: Carl Heinrich Graf von Hoym, bis zu seinem Sturz 1731 leitender Minister in Sachsen und Oberdirektor der Manufaktur, endete als Gefangener des Königs 1736 durch Selbstmord auf der Festung Königstein (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR). Teller und Schüssel aus dem berühmten Schwanenservice des Grafen von Brühl um 1738 ergänzen diese Offerte (Taxen 8.000 bis 10.000 und 15.000 bis 18.000 EUR).
Gegen die Meißner Übermacht fallen andere Manufakturen kaum ins Gewicht. Kloster Veilsdorf, 1760 von Prinz Eugen von Sachsen-Hildburghausen gegründet und eine der vielen kleinen Thüringischen Produktionsorte, entsendet ein türkisches Musikantenpaar von etwa 1770 (Taxe 7.500 bis 8.500 EUR), Frankenthal beteiligt sich mit einer Maria Immaculata, wohl ein Modell von Johann Friedrich Lück um 1760 (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR), Höchst steuert mit „Der bekränzte Schläfer“ und „Der gestörte Schlummer“ zwei Kindergruppen von Johann Peter Melchior um 1770 bei (Taxen je 2.500 bis 3.000 EUR), und wohl auf eine Idee von Johann Wilhelm Götz gehen zwei Rokokoallegorien des Herbstes und Winters zurück, die in Ludwigsburg zwischen 1760 und 1770 ausgeformt wurden (Taxen je 2.000 EUR).
Erst im 19ten Jahrhundert kommen auch andere Manufakturen so richtig zum Zuge. Die Brüder Louis und Jean-François Darte dekorierten eine Pariser Amphorenvase mit Hortense de Beauharnais, der Schwägerin Napoleons I., die der Familie Bonaparte 1802 den ersehnten ersten männlichen Nachkommen bescherte. Dieser, Napoleon Charles Bonaparte, ist auch dargestellt, starb aber bereits 1807. Die Vase kann also um 1805 datiert werden (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR). Raschen Schrittes geht es schon zur Jahrhundertwende, wo die wohl wichtigste holländische Manufaktur, die Haagsche Plateelbakkerij Rozenburg, ihren großen Auftritt hat. Die vierhenkligen und zweihenkligen Vasen, die Deckelvase und ein großes Tablett sind in ihrer unorthodoxen Bemalung mit Feldblumen, ihren unsymmetrischen Formen und der herausragenden technischen Qualität nichts einfach großartig. Entsprechend liegen die Preise für die von Samuel Schellink entworfenen Waren zwischen 14.000 und 20.000 Euro.
Den zweiten Schwerpunkt bildet das Silber. Streng nach Entstehungsorten sortiert, geht es hier mit den Augsburger Produkten los, einem Deckelhumpen von Jeremias Güntz um 1650 etwa (Taxe 9.000 EUR), zwei kleinen Kerzenleuchtern für die Reise von Johannes Warnberger zwischen 1715 und 1719 (Taxe 6.200 EUR) und einer wuchtigen Barockkanne von Esaias Busch III. in Kranenform um 1721/25 (Taxe 12.000 EUR). Es folgen der Hamburger Hinrich Brahmfeld mit einem emblemgeschmückten Fußbecher der 1740er Jahre (Taxe 5.500 EUR) und der Kasseler Carl Loofs, der im letzten Viertel des 18ten Jahrhunderts eine in sich verdrehte Teekanne fertigte (Taxe 3.600 EUR). Strenger bricht der Klassizismus in einem Kaffeeservice des Kölners Mathias Hahn um 1786/90 durch. Freilich steuerte Gabriel Hermeling erst in der ersten Hälfte des 20sten Jahrhundert Zuckerdose und Sahnekännchen bei, was aber bei der Formgleichheit gar nicht auffällt (Taxe 4.000 EUR).
Zu den ältesten Stücken zählen ein rundum mit Schlangenhautdekor punzierter Deckelhumpen von Hans Heiliger aus Neiße an der Oder um 1610 (Taxe 9.000 EUR) und ein stattlicher, gebuckelter Akeleipokal des Nürnbergers Jeremias Ritter aus etwa der gleichen Zeit (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR). Eine stattliche Sammlung Londoner Teekannen der ersten Hälfte des 18ten Jahrhunderts kann man sich von Nathaniel Lock, Joseph Clare I., Jonah Clifton und Edward Vincent zusammenstellen (Taxen zwischen 3.500 und 5.000 EUR). Dass das Bauhaus nicht vom Himmel fiel, beweist eine 1797 datierte Teekanne Antonio Pipis aus Palermo: An ihre streng eingehaltene Grundform eines gedrungenen Zylinders schließen sich nur die notwendigsten Dinge wie Knauf, Henkel und gerader Ausguss an (Taxe 2.000 EUR). Robert Garrard II. vertritt mit seinem Paar Salzschälchen, die von Nereiden getragen werden, 1853/54 die virtuose Silberpracht der viktorianischen Epoche (Taxe 12.000 bis 14.000 EUR), während Georg Jensens Tafelaufsatz Nummer 197 von 1916 in einer zeitnahen Ausführung für die nüchterne Eleganz des Art Déco steht (Taxe 7.000 EUR).
Die Möbelabteilung bietet zumindest ein wirklich exzeptionelles Stück: Jacques Dubois’ mit feinen Rokokobronzen beschlagene und mit zarten Ranken dekorierte Kommode des Louis XV, sicher nicht die prunkvollste Leistung des berühmten Pariser Ebenisten, aber mit 40.000 bis 60.000 Euro auch entsprechend moderat bewertet. Meisterhaftes lässt auch eine bombastische Bodenstanduhr erkennen, die im ersten Viertel des 18ten Jahrhunderts mit Messingeinlagen in der Art des André-Charles Boulle geschmückt wurde (Taxe 8.000 bis 12.000 EUR). Maurice-Bernard Evalde vertritt mit seinem kleinen Schreibtisch um 1770 bereits den frühen Klassizismus (Taxe 12.000 bis 15.000 EUR), in dem wir mit zwei ausgefallenen Mahagoni-Stühlen vermutlich nach Entwurf von François Honoré Georges Jacob-Desmalter um 1800 endgültig angekommen sind (Taxe 18.000 bis 20.000 EUR).
Rheinischer Adel liefert ein venezianisches Ensemble aus Konsoltisch, zwei Armlehnstühlen und drei Stühlen aus der Mitte des 18ten Jahrhunderts ein, die, auf drei Lose aufgeteilt, insgesamt bis zu 50.000 Euro einspielen sollen. Der berühmteste dänische Kunstschreiner des 18ten Jahrhunderts dürfte Mathias Ortmann in Kopenhagen gewesen sein. Seine unprätentiöse Kommode von etwa 1745/57 zeigt die gemilderte Sachlichkeit eines nordeuropäisch-protestantischen Barock (Taxe 7.000 bis 9.000 EUR). Vielleicht hat ja schließlich auch der hübsche neugotische Stuhl Erfolg, den möglicherweise Karl Friedrich Schinkel um 1823/33 entworfen hat. Jedenfalls hat er zwei ähnliche Stühle für das Palais des romantischen veranlagten Kronprinzenpaares im Berliner Stadtschloss ausführen lassen (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR). Der große chinesische Landschaftsteppich des frühen 20sten Jahrhunderts, den Lempertz am Ende der Auktion anbietet, wird dazu allerdings nur mit viel Phantasie passen (Taxe 35.000 bis 40.000 EUR).
Die Auktion beginnt am 15. Mai um 11 Uhr. Die Besichtigung der Objekte ist bis zum 13. Mai täglich von 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17:30 Uhr möglich, am 14. Mai von 9 bis 14 Uhr. |