Werden von früh verstorbenen, posthum berühmten Künstlern die
Werke im engeren Sinne knapp oder unerschwinglich, greifen Sammler und Händler gerne auf nachgeordnete, begleitende Arbeiten wie Plakate, Postkarten, Multiples oder Publikationen zurück. Eines der begehrtesten Stücke dieser Kategorie ist seit Jahren der Katalog zur ersten und zugleich einzigen Museumsausstellung des im Jahre 1962 mit 34 Jahren jung verstorbenen Starkünstlers Yves Klein. Dabei besteht die simple „Loseblattsammlung“ lediglich aus einem bedruckten Umschlag mit innenseitigem Begleittext, der zugleich als Schutz dreier eingelegter Monochrome in Yvesblau, Pink und Gold als „Nebenprodukte“ der Ausstellung dient. Sieben Mark kostete dieser Katalog in der legendären Krefelder Ausstellung „Monochrome und Feuer“ im Jahr 1961, für drei Mark konnte der Besucher noch einen seifenstückgroßen Schwamm hinzu erwerben.
Gleich zwei Losnummern hatten bei der Auktion „Moderne und zeitgenössische Kunst“ von Andreas Sturies Teile dieses „Nebenproduktes“ der Ausstellung zum Inhalt. Zuerst stand der Katalog ohne beigegebenen Schwamm zum Verkauf. Bei mehr als der doppelten Taxe von 5.000 Euro, nämlich bei 11.500 Euro fiel der Hammer. Welche magische Anziehungskraft jedoch ein originales Schwammrelief des Meisters immer noch besitzt, zeigte sich in der folgenden Losnummer, bei der dem Schwamm auch noch zwei Monochrome in Blau und Pink beigefügt waren. Dieses Ensemble steigerte sich genau auf das Dutzendfache der veranschlagten 2.000 Euro. Stolze 24.000 Euro waren der höchste Zuschlag der Versteigerung.
Erst mit deutlichem Abstand dahinter folgte der zu unrecht als Architekt viel größere Reputation besitzende Le Corbusier, dessen schönste seiner fünf Grattagen aus der „Serie Panurge“ von veranschlagten 10.000 Euro auf achtbare 15.000 Euro empor kletterte. Die auf transparente Folie aufgebrachte Zeichnung „Taureau VII“ aus dem Jahr 1961 entfaltet bei rückseitiger Beleuchtung eine ausgesprochen aparte Wirkung. Bei diesen drei im fünfstelligen Sektor getätigten Verkäufen blieb es dann auch am 16. Mai in Düsseldorf.
Abseits dieser Highlights ging es im Auktionssaal eher mau zu, etwas Neues und Ungewöhnliches für den erfolgreichen Auktionator, der für seine hohen Zuschlagsraten und die ansprechende Qualität seiner Offerte bekannt ist. Lediglich 85 Nummern von insgesamt 182 Aufrufen konnten erfolgreich vergeben werden, was einer für Sturies ungewohnt mageren Quote von knapp 47 Prozent entspricht. Er macht dafür die aktuelle Wirtschaftslage verantwortlich, die er mit seinem Auktionstermin gerade in ihrem Tiefpunkt traf. Denn trotz voll besetzten Auktionssaals und guter Stimmung zeigten sich die Bieter kaufmännisch zurückhaltend. Da kam für ihn der Nachverkauf gerade recht, der nochmals etliche Positionen an den Mann brachte und die losbezogene Zuschlagsquote auf gute 60 Prozent steigen ließ. Hier fand auch eine der schönsten wie bezwingendsten Arbeiten der Auktion einen Liebhaber: die subtil ausgearbeitete Hand eines toten Gekreuzigten von Eugène Delacroix für 5.800 Euro (Taxe 7.000 EUR).
Für zufrieden stellende Ergebnisse sorgten die Werke renommierter Künstler, über deren Reputation jeder Zweifel erhaben ist. Eine titellose Tuschezeichnung von Kurt Schwitters aus dem Jahr 1918 mit buchstabenförmigen Gebilden aus der Reihe seiner Aphorismen erzielte genau die veranschlagte Summe von 8.000 Euro. Brücke-Mitglied Fritz Bleyl kam mit seiner Tuschfederzeichnung „Luganer See, Monte San Salvatore“ von 1925 auf 550 Euro (Taxe 600 EUR), George Grosz mit seiner Aktzeichnung „Sitzende mit gekreuzten Beinen“ von 1916 auf 2.500 Euro (Taxe 3.000 EUR), Eduardo Chillida mit der winzigen Radierung „Puente“ von 1983 auf 1.500 Euro (Taxe 2.000 EUR), Hans Jaenisch mit einer strahlend blauen Komposition der 1950er Jahre aus drei Formblöcken auf 540 Euro (Taxe 500 EUR) und Gerhard Hoehme mit einer schnell niedergelegten, nervösen Bleistift- und Kohlezeichnung von 1977 auf 680 Euro (Taxe 800 EUR).
Aber selbst der noch lebende deutsche Künstlerstar Gerhard Richter musste gewaltig abspecken. Von neun Arbeiten konnten nur zwei Grafiken abgesetzt werden. Kein Interesse bestand an seinen frühen, auf verschwommenen Fotografien basierenden Lithografien. Die Idee seines neuen Kölner Domfensters scheint alles in den Schatten zu stellen, denn ein zur Probe gezogener erster unikater Farboffsetdruck von „1200 Farben“ aus dem Jahr 1974 gibt das Grundmotiv des Fensters bereits vor. Trotzdem gelang es nicht, für den hochformatigen Karton den Schätzwert von 6.000 Euro zu erzielen, der um 1.000 Euro unterschrittenen wurde. Nach der Auktion ging dann noch die Offsetlithografie „Seestück II“ von 1970 für 1.400 Euro weg (Taxe 2.000 EUR).
Pablo Picasso traf es noch rabiater: Keine einzige der fünf aufgerufenen Grafiken konnte an einen Bieter abgegeben werden! Auf Serge Poliakoff scheint dagegen immer Verlass. Alle drei abstrakten Kompositionen aus ineinander greifenden Farbfeldern, entstanden in den Jahren 1958 bis 1966 und bewertet mit 3.000, 3.500 und 4.000 Euro, konnten für Summen zwischen 3.800 Euro und 4.000 Euro abgegeben werden. Auch Jean Gorin behauptete sich mit der konkreten Gouache „Composition plastique“ samt dominierender gelber Balken von 1964 bei 1.900 Euro (Taxe 2.000 EUR). Tadeusz Kantor erreichte mit einer energischen, informellen Komposition des Jahres 1959 genau die erwarteten 1.500 Euro. Sein französischer Kollege Georges Mathieu konnte mit seiner schwungvollen tachistischen Komposition in Pastellkreide von 1958 sogar 2.500 Euro verbuchen (Taxe 1.000 EUR). Und auch Christian d’Orgeix hatte mit seinen drei kleinteilig versponnenen Tuschezeichnungen aus dem Jahr 1957 Glück. Sie machten 1.500 Euro locker (Taxe 1.000 EUR).
Durchwachsen zeigte sich das Bieterverhalten im Sektor der Fotografie. Zwei von drei C-Prints aus der Serie „Nudes“ und der Architekturaufnahmen des Düsseldorfer Fotografen Thomas Ruff fanden für 1.800 Euro (Taxe 2.000 EUR) und 600 Euro (Taxe 800 EUR) zu relativ akzeptablen Preisen neue Liebhaber. Die einzige von Andreas Gursky angebotene Farbfotografie, ein Motiv vom Düsseldorfer Flughafen, weckte leider nicht genug Sehnsucht und blieb liegen (Taxe 7.000 EUR). Candida Höfers Innenansichten von der Kunsthalle Bremen (Taxe 1.000 EUR) und eines Büros an der Berliner Wilhelmstraße (Taxe 800 EUR) konnten für 600 und 500 Euro abgehakt werden. „Man in Woods“ betitelt Gregory Crewdson eine typisch krimihaft inszenierte Landschaftsfotografie, die mit einem Ergebnis von 1.700 Euro immerhin bis auf 300 Euro an die Taxe heranrückte. Auch eine sechsteilige Serie von Offsetlithografien mit Wasserturmmotiven von Bernd und Hilla Becher schlug sich mit 1.200 Euro achtbar (Taxe 1.500 Euro).
Gut im Rennen lag eine Offsetlithografie des wohl berühmtesten britischen Künstlers des letzten Jahrhunderts Francis Bacon. Für die mit 6.000 Euro gelistete, Fleisch gewordene Symbiose aus Mensch und Tier wollte niemand mehr als 5.000 Euro ausgeben, 1.000 Euro weniger als vorgesehen. Ben Nicholson schlug sich mit zwei Radierungen besser. Seine südländischen Architekturvisionen „Pisa as intended“ und „Long horizontal Patmos“ von 1967 kletterten auf 2.600 Euro beziehungsweise 2.200 Euro (Taxe je 2.000 EUR). Vierstellig gestalteten sich auch die Verkäufe zweier Lithografien des Franzosen Jean Dubuffet. Die in Neuss und derzeit noch in München veranstaltete große Retrospektive dürfte zum guten Abschluss beigetragen haben. Der klare, halbtonreiche Druck „Adhésion au Mur“ aus dem Jahr 1945 steigerte seinen Wert sogar von 3.000 Euro auf 3.400 Euro.
Die deutsche Rosemarie Trockel gehört ebenfalls zu den Gewinnern, stieg doch ihr titelloses, im Jahr 1983 gezeichnetes, eigenartiges an Fallobst erinnerndes Aquarell mit brauner Tusche um 200 Euro auf 2.200 Euro empor. Diesen Wert gab es auch bei Fritz Winter und seinem mit Wachsmalstiften bearbeiteten Aquarell aus dem Jahr 1963, eine ungewöhnlich kompakte und klare, von wenigen Schwüngen des Pinsels und der Kreide bestimmte Komposition der Spätzeit (Taxe 2.000 EUR). Zwei informelle Mischtechniken auf Papier von Conrad Westpfahl fanden ebenfalls Anklang und gingen für 1.700 Euro und 2.600 Euro weg (Taxen je 2.000 EUR).
Aber nicht nur bekannte Künstler können erfolgreich sein. Der Serbe Sava Sekulic kreierte Bilder, die durch ungewöhnliche, farblich wie räumlich unausgewogene Landschafts- und Architekturkreationen bestechen. Das aus den 1940er Jahren stammendes Aquarell „Stadt am See“ des 1989 verstorbenen Autodidakten braucht sich mit einem Ergebnis von 4.500 Euro bei einer Schätzung von 5.000 Euro nicht zu verstecken. Das preiswerteste Werk der Auktion war für 45 Euro die Plastik eines „Nachdenkenden Sauriers“. Geschaffen hat die ironische Materialcollage der Wuppertaler Künstler Ralf Michael Erich Streuf, dessen Arbeit zu einem amüsanten wie versöhnlichen Abschluss beitrug.
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |