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Ländlicher Garten (mit Bauernhaus) / Arnold Balwé

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Dreiteilige Retrospektive beleuchtet im Rheinland den Facettenreichtum des Maler-Bildhauers Gerhard Hoehme

Sensible Verbindungen zwischen den Dingen



Es gibt Künstler, die sich zeitlebens einem Sujet oder Thema verschreiben, seien es Enten, Nägel oder Vasen. Dagegen viel schwerer fassbar sind Protagonisten des genauen Gegenteils. Auch das breit aufgefächerte, komplexe Œuvre Gerhard Hoehmes verweigert sich griffigen Kategorisierungen. Wie wenig der ihm nahezu ausschließlich vorauseilende Ruf eines Informellen gerechtfertigt ist, zeigt nun eine große dreiteilige Präsentation in Duisburg und Düsseldorf, die alle Facetten und Phasen in einem breiten Werkspanorama vor Augen führt. Willkommener Anlass ist neben dem 20sten Todestag des Künstlers die fünfzigjährige Wiederkehr der zweiten Documenta im Jahr 1959, auf der die abstrakte Kunst ihren internationalen Durchbruch erlebte.


Gerhard Hoehme erblickt 1920 bei Bitterfeld das Licht der Welt. Seine Jugend wird nachhaltig vom Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg geprägt. Nach der Mittleren Reife und einer Banklehre absolviert er zwischen 1939 und 1945 unzählige Flugkilometer über mehreren Kontinenten als Sturzkampfflieger der Luftwaffe, wobei er mehrfach abgeschossen und verwundet wird. Die daraus resultierenden existentiellen Erfahrungen teilt Hoehme mit dem gleichaltrigen Akademiekollegen Joseph Beuys. Die starke visuelle Prägung durch Draufsichten und Distanz zur Erde wirken sich später im künstlerischen Schaffen aus.

Bis zu seiner Flucht in den Westen im Jahr 1951 studiert er an der Hallenser Kunstschule Burg Giebichenstein. In Düsseldorf gestrandet, schließt sich bis 1953 ein Studium an der dortigen Kunstakademie an. Nach zahlreichen Einzelausstellungen erhält er 1960 in der Nachfolge von Georg Meistermann einen Ruf an eben diese Akademie, an der er bis 1984 lehrt. Privat richtet er seine Heimstatt auf dem Gut Selikum bei Neuss ein, wo er 1989 verstirbt.

Rund 70 Arbeiten aus den Jahren 1955 bis 1989 umfasst die Retrospektive in der Duisburger Museum Küppersmühle. Zunächst in drei Sälen chronologisch beginnend, wird diese Ordnung zugunsten von Korrespondenzen zwischen den divergenten Werkphasen aufgebrochen. Das früheste Bild datiert ins Jahr 1955. „Westlich“, so der Titel, signalisiert in Form einer leeren, idealen Projektionsfläche Erwartung und Aufbruch. Aus dem Folgejahr stammen monochrome schwarze Bilder, die eng verwandt scheinen mit derzeit in Amerika üblichen Bildkonzepten, etwa von Robert Rauschenberg oder Ad Reinhardt.

In die späteren 1950iger Jahre fällt die Überwindung klassischer Bildformate mit den „shaped canvases“, deren Oberflächen ähnlich wie in den collagenartigen Borkenbildern aufgebrochen sind. Spuren bleiben sichtbar und nachvollziehbar, sie evozieren Zeit und Räumlichkeiten. Versuche von Öffnung und Erweiterung der Bildräume münden in Farbpfählen, bei denen Gerhard Hoehme mit der Verdichtung der Farbmaterie experimentiert. In Etappen löst er sich immer mehr von der gestisch-informellen Malerei, beschreitet neue, letztlich raumgreifende Gestaltungswege.

Eines der großen Kunstthemen der 1960er Jahre ist die imaginäre oder physische Gebietseinheit des Bildraumes. Bei Hoehme leitet dieses Jahrzehnt ein Stipendium der römischen Villa Massimo ein. Erste Schrift-, Brief- und Strukturbilder entstehen. In der Folge des Italienaufenthaltes legt sich der Künstler 1963 einen Zweitwohnsitz in Nemi in den Albaner Bergen zu. Aus der Distanz zur Heimat findet er zu mehr experimentellen Arbeiten. Ähnlich wie bei der Arte Povera finden nun „arme und alltägliche“ Materialien Berücksichtigung. Schnittmusterbögen oder Damasttischdecken dienen ihm als Hintergrund. Zudem verwendet Gerhard Hoehme Kunststofffolien oder Polyethylenschläuche.

Seine Kunst wird deutlich poetischer, malerischer als die amerikanische Minimal Art. Wie feinfühlig Hoehme Entwicklungen weit vor anderen aufspürt, zeigt das zweiteilige Bild „Deutsches Gleichnis – ein Fragment – das Hakenkreuzbild“ aus dem Jahr 1964. Neben der von Hakenkreuzen angefüllten Acrylmalerei befindet sich ein gleich großer zerbrochener Spiegel. Früher als andere nimmt er im Zuge der Vergangenheitsbewältigung die aufkommende Revolte der späten 1960er Jahre vorweg.

Ab der Mitte dieses Jahrzehnts bringt Hoehme verstärkt farbige Nylonschnüre zum Einsatz, die wie eine Art Fühler aus den Bildern laufen und den Raum ertasten. Die planen Bildflächen überschreitend, breiten sie sich auf dem Boden aus, formen hier Strukturen, auf die man schaut wie aus einem Flugzeug. Tentakel, Schnüre, Schläuche entfernen sich vollkommen von den Bildflächen, demonstrieren die Nähe zur technischen Welt, stehen für Austausch, fließende Energien wie Wasser oder Strom. Sie beschreiben eine singuläre Position, die aber nicht so weit vorprescht wie jene von Joseph Beuys. Hoehme bleibt stets ein sensibler Suchender.

In den 1980er Jahren kreiert er wieder mit informellen Gesten aufgeladene Tafelbilder von erfrischender Experimentalität. „Sharon Tate“ von 1989 ist sein letztes Bild vor dem Tod. Wie sein gesamtes Werkschaffen balanciert es zwischen Bild und Objekt, Schönheit und Düsternis, Leben und Tod. Es ist eine wuchtig gestische Malerei aus rauen grauroten Pinselhieben mit mittig angesetztem Grad, aus dem rotbraune Schnüre heraustreten und eine Verbindung zum Bodenobjekt „bloody sandy“ aus dem Jahr 1971 herstellen – ein Reflex auf den bestialischen Mord an der Schauspielerin Sharon Tate im Jahr 1969.

In der Küppersmühle kann man die erstaunliche Vielseitigkeit eines Werks in der gesamten Breite eigenwilliger forschender Abenteuer erleben. Ohne Zweifel gehört Gerhard Hoehme zu den zentralen Gestalten des deutschen Informel, von dessen Bildkonzepten er sich aber schon früh durch Erforschung neuer Maltechniken und Verlassen tradierter Bildformate löst. Eine Entdeckung sind die überraschend experimentellen Arbeiten während seiner langjährigen Professorentätigkeit. Sie besonders führen vor Augen, dass Hoehme nur zu einem bescheidenen Teil als „Informeller“ gelten kann.

Im Duisburger Lehmbruck Museum stehen drei Schnurplastiken im Mittelpunkt, umgeben von drei Wandbildern, 17 grafischen Blättern und einem Buchobjekt. Sie alle entstanden im Umfeld der an dieser Stelle 1972 präsentierten Ausstellung „Schnur“. Eigens dafür konzipierte Gerhard Hoehme das Werk „Zeitumkehr“. Auf dem Boden platzierte Holzklötze sind mit jenen Daten versehen, an denen Duisburg 1943 bombardiert wurde. Als Mittler zwischen Himmel und Erde werden sie von Schnüren mit der Decke verbunden.

Daneben besteht „Loreley“ aus einem Schnurkranz in Regenbogenfarben. Unterhalb einer Eisenmanschette ergießen sich die Schnüre in ein labyrinthisches Knäuel, das gerne mit den Tränen der schönen Jungfrau in Verbindung gebracht wird, eine romantische Assoziation an die menschlich-naturhafte Sagengestalt vom Rhein. „Farbgezeiten“ heißt eine interaktive, vom Besucher veränderbare Bodenplastik aus kriechenden PE-Schnüren. Sie drücken Bewegung aus und erfüllen als materialisierte Linien einer Bodenzeichnung mit frischer Wucht den Saal.

Abschluss der Trilogie bietet im Düsseldorfer Museum Kunst Palast ein Einblick in Hoehmes fast unergründbares grafisches Werkschaffen. Bis zu 20 Papierarbeiten schuf er pro Tag. Gerhard Hoehme skizzierte, notierte, schrieb, zeichnete sein Leben lang, und dies auf unterschiedlichen Bildträgern, quasi auf allem, was er fand oder sich besorgen konnte. Das Medium erlaubte ihm das Skizzieren von Ideen in einem offenen, freien, unprätentiösen Umgang. Hierbei zeigen sich überraschende Analogien zum malerischen Œuvre, etwa in der Behandlung des Bildgrundes. Als zum Skulpturalen erweitertes Bildelement erhalten die ehemals zeichnerischen Linien eine neue Qualität. Allen Arbeiten gemein ist ihre Verweigerung eines schnellen Sehens. Sie kreisen um das Knüpfen von Beziehungen zwischen Bild, Betrachter und Raum, zwischen materieller Welt, Geist und Poesie.

Die Ausstellung „Gerhard Hoehme. Die Unruhe wächst. Werke 1955 bis 1989“ ist bis zum 10. Januar 2010 zu sehen. Die Öffnungszeiten sowie Eintrittsentgelte in den drei Museen sind individuell verschieden. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog erschienen, der an den Museumskassen 25 Euro kostet.

Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum
Friedrich-Wilhelm-Straße 40
D-47051 Duisburg

Telefon: +49 (0)203 – 283 26 30
Telefax: +49 (0)203 – 283 38 92
www.lehmbruckmuseum.de

Museum Kunst Palast
Ehrenhof 4-5
D-40479 Düsseldorf

Telefon: +49 (0)211 – 892 62 60
Telefax: +49 (0)211 – 892 93 07
www.museum-kunst-palast.de

Kontakt:

Museum Küppersmühle

Philosophenweg 55

DE-47051 Duisburg

Telefax:+49 (0203) 30 19 48 21

Telefon:+49 (0203) 30 19 48 11

E-Mail: office@museum-kueppersmuehle.de

Startseite: www.museum-kueppersmuehle.de



14.10.2009

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Hans-Peter Schwanke

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