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Franz von Assisi und die Folgen in Paderborn

Der heilige Franziskus und Frau Armut, um 1320

Er ist einer der ungewöhnlichsten und zugleich bekanntesten Heiligen der abendländischen Christenheit, der „poverello“, der arme Franz von Assisi, der, 1181 oder 1182 als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns zur Welt gekommen, ungefähr als Mitzwanziger freiwillig auf alle seine Reichtümer verzichtet, sich öffentlich selbst enterbt und sich sogar vom Vater lossagt, um fortan Christus nachzufolgen und ein Leben in Besitzlosigkeit und Wohltätigkeit den Mitmenschen gegenüber zu führen. Was als die Handlung eines Einzelnen begann, entwickelte sich in geradezu atemberaubender Geschwindigkeit zu einer breiten gesellschaftlichen Bewegung: Vom Papst – anders als noch die wenige Jahre zuvor als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannten Waldenser – legitimiert, entstanden noch zu Lebzeiten des Ordensgründers auch auf deutschem Boden die ersten Franziskanerkonvente, und nicht einmal zwei Jahre nach seinem Tod wurde Franziskus 1228 heiliggesprochen.

Die eigenartige und faszinierende Persönlichkeit des heiligen Franz, dessen Denken und Lehren seinerzeit revolutionär war und eine enorme gesellschaftliche Sprengkraft besaß, ist derzeit Gegenstand einer großen Ausstellung des Diözesanmuseums Paderborn in Verbindung mit dem dortigen Franziskanerkloster. Dabei wird nicht nur das Leben und Wirken des Ordensgründers selbst beleuchtet, sondern vor allem auch die Wirkung, die er entfaltete. So widmet sich eine Abteilung Leben und Wirken der Klara von Assisi, die ähnlich wie Franziskus auf garantierten Wohlstand verzichtete und ihrem wenige Jahre älteren Vorbild nachfolgte. In den Blick genommen werden ferner die franziskanischen Lebensformen sowohl im hohen und späten Mittelalter als auch – hier insbesondere in der Ausstellung im Franziskanerkloster – in der Gegenwart.

Nachhaltigen Einfluss hatte das franziskanische Ideal auf die Kunst. Mit der besonderen Form der Bettelordensarchitektur bildete sich ein besonderer Zweig der gotischen Baukunst aus, für die in der Ausstellung mit Görlitz, Graz, Stralsund und Basel repräsentative Beispiele vorgestellt werden. Die besondere Tradition der franziskanischen Malerei wird ebenfalls in charakteristischen Beispielen präsentiert. Fragmente einzelner Fresken aus San Francesco in Assisi, die 1997 einem Erdbeben teilweise zum Opfer fielen und nicht mehr vollständig rekonstruiert werden konnten, stehen pars pro toto für einen der größten und bedeutendsten malerischen Zyklen der gesamten abendländischen Kunst, an dem unter anderem Giotto di Bondone mitwirkte. Das Wiederaufleben der franziskanischen Bilderfreude im Zeitalter von Gegenreformation und Barock illustrieren herausragende Gemälde wie die von mystischem Kerzenschein beleuchtete „Ekstase des heiligen Franziskus“ aus der Nachfolge Georges de La Tours und eine Darstellung des knienden Heiligen am Fuße des Christuskreuzes aus der Werkstatt oder Schule Anthonis van Dycks.

Die Ausstellung „Franziskus – Licht aus Assisi“ ist bis zum 6. Mai zu sehen. Das Diözesanmuseum Paderborn hat täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, an jedem ersten Mittwoch im Monat bis 20 Uhr geöffnet, das Franziskanerkloster von Dienstag bis Samstag zwischen 10 und 12 Uhr sowie 14:30 und 17:30 Uhr, am Sonntag nur nachmittags. Der Eintritt ins Museum beträgt 7 Euro, ermäßigt 5 Euro, ins Kloster ist er kostenfrei. Der umfangreiche Katalog kostet im Museum 29,50 Euro.

Nach Einbruch der Dunkelheit ist in der Paderborner Fußgängerzone – der Westernstraße 22-24, gegenüber dem Franziskanerkloster, sowie an der Seitenfassade des historischen Rathauses im Schildern – die Filminstallation „Donnerstag“ des Münchner Künstlerduos M+M zu sehen. Dabei haben Martin De Mattia und Marc Weis zwei zentrale Szenen aus dem Leben des Heiligen darstellerisch in die Gegenwart übertragen.

Diözesanmuseum Paderborn
Markt 17
D-33098 Paderborn
Telefon: +49 (0)5251 – 12 51 400

Franziskanerkloster Paderborn
Westernstraße 19
D-33098 Paderborn
Telefon: +49 (0)5251 – 20 190


12.01.2012

Quelle: Kunstmarkt.com/Johannes Sander

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