Impressionisten und klassische Moderne aus Frankreich bilden die handverlesene Crew, die in der dreitägigen Versteigerung von Kunst und Antiquitäten bei Fischer in Luzern zu Höhenflügen ansetzen soll. Sogar ein potentieller Millionenwert findet sich darunter: Stolze 2,5 bis 3,5 Millionen Franken erwarten die Experten für Fernand Légers „objets dans l’espace“, ein 1931 datiertes Ölbild auf gut siebzig mal neunzig Zentimetern. Es entstand in einer Zeit vielfältiger Reiseeindrücke unter anderem an der französischen Riviera und in New York. Nach dem Tod Légers im Jahr 1955 befand sich das Gemälde zunächst im Besitz der Witwe, ging dann durch einige Galeristenhände, landete 1970 beim Immobilienmogul Alan Tishman und wechselte zuletzt 2007 nach dessen Tod über Sotheby’s für netto 1,35 Millionen Dollar den Besitzer. 250.000 bis 350.000 Franken stehen auf dem Etikett einer „Tête de femme“, die Henri Matisse 1951 mit wenigen Kohlestrichen aufs Papier gebannt hat. Pablo Picassos frühe, um 1901 geschaffene kleine Farbzeichnung „Courses de Taureaux“, auf der der Stierkämpfer halbtot von Kollegen gestützt wird, listet der Katalog für 80.000 bis 120.000 Franken.
Impressionisten und Moderne Kunst
Von den Werken der älteren Meister ist Henri Lebasques spätimpressionistische ruhige Uferpartie „Vézillon, Jeune femme lisant dans une barque“ von circa 1914/15 zu nennen (Taxe 100.000 bis 180.000 SFR). Als Plastiker tritt Edgar Degas mit der Bronze „Cheval en marche“ hervor, deren Modell der Künstler wohl schon vor 1881 modelliert hat. Die Ausführung besorgten indes erst die Erben: 1921, vier Jahre nach des Künstlers Tod, wurde das Stück in rund einem Dutzend Exemplaren gegossen. Vorliegendes, mit „L“ nummeriertes Stück soll jetzt 300.000 bis 500.000 Franken kosten. Eine Losnummer spät versucht es Fischer mit Degas als Zeichner: Seine nackte „Danseuse assise“ war 1917 Teil der Nachlass-Auktion und liegt seit etwa 1954 in einer Schweizer Privatsammlung (Taxe 50.000 bis 80.000 SFR). Pierre-Auguste Renoir widmete sich in einer Kohlezeichnung seinem 1901 geborenen dritten Sohn Claude, auch Coco genannt, als dieser gerade selbst erste künstlerische Gehversuche zu unternehmen scheint und tief in seine Arbeit versunken ist (Taxe 60.000 bis 90.000 SFR). Dem aus Japan eingewanderten Tsuguharu Foujita entstammt ein kaligrafisch zartes, feines Stillleben mit wenigen Blumen in einer bauchigen Vase aus der Zeit um 1918 (Taxe 80.000 bis 120.000 SFR).
Als Zeichner treten Juan Gris und Gino Severini mit zwei Stillleben hinzu: Gris’ kubistisch inspiriertes Kreideblatt „Compotier et Verre“ von 1923 verlangt 50.000 bis 80.000 Franken, Severinis eher realistisches Arrangement von 1942 mit Musikinstrumenten, Notenblättern, zwei Schalen mit Früchten und einer Flasche 30.000 bis 50.000 Franken. Das Angebot an Kunst der Nachkriegszeit hat am 21. November ebenfalls einen stark französischen Einschlag. So wartet eine halbmeterhohe, „Poupée-basset“ betitelte Bronze Hans Arps für 150.000 bis 190.000 Franken auf Kundschaft. Etwas günstiger kommt man an André Lanskoys informelles, hauptsächlich blaues Ölbild „Appel du midi“ von 1956 (Taxe 15.000 bis 25.000 SFR) und an Maurice Estèves kreisförmige Farbgeometrie „Hottie“ von 1978 (Taxe 45.000 bis 65.000 SFR). Césars Tierwesen „Le Gari“ sieht aus, als sei es aus alten Metallteilen zusammengestückelt. Doch in Wahrheit wurde die 1954 entworfene Skulptur 1979 einheitlich in Bronze gegossen, nur der Kopf ist geschraubt und verstellbar (Taxe 40.000 bis 60.000 SFR).
Zeitgenössische Kunst
Damit ist allmählich die zeitgenössische Kunst erreicht, die mit einer 1972 für das große „Valley Curtain Project für Colorado“ konzipierten Zeichnung von Christo (Taxe 50.000 bis 70.000 SFR), zwei minimalistischen Platten- respektive Würfelskulpturen von Carl Andre für bis zu 60.000 Franken sowie aus dem deutschen Raum mit Horst Antes’ 1970 erschaffenem „Kopffüßler auf grünem Grund“ (Taxe 35.000 bis 45.000 SFR) und einer fantastischen, ein Gesicht nachahmenden „Komposition“ Jirí Georg Dokoupils von 1983 ebenfalls gut bestückt ist (Taxe 12.000 bis 18.000 SFR). Für die britische Pop Art steht Peter Phillips’ collagierte Malerei von 1982/83, die an fröhliche Rummelatmosphäre erinnert, aber dennoch mit „Gefährliches Spiel“ betitelt ist (Taxe 30.000 bis 50.000 SFR). Günstige Werke hält die Abteilung „Arbeiten auf Papier“ bereit, so mehrere Blätter aus Georg Baselitz’ Grafikserie „Schlafende Hunde“ von 1998 für bis zu 2.000 Franken, Peter Bömmels’ sexuell konnotiertes Aquarell „Gott und Göttin II“ (Taxe 500 bis 700 SFR) oder zwei Blätter von Rita Ackermann aus der Mitte der 1990er Jahre, in denen sie sich mit den Gefühlen heranwachsender junger Frauen auseinandersetzt (Taxen zwischen 500 und 1.200 SFR).
Schweizer Kunst und Malerei des 19ten Jahrhunderts
Die Riege der berühmten Schweizer ist diesmal ungewöhnlich schwach besetzt. Ferdinand Hodlers frühes „Portrait Caroline Coutau-Marcelin“ von 1878 war bereits im vergangenen Juni zu haben, soll aber trotz Rückgangs immer noch 40.000 bis 80.000 Franken einspielen. Von Cuno Amiet gibt es für angemessene 24.000 bis 32.000 Franken ein etwas biederes Selbstportrait vor rotem Grund aus dem Jahr 1933. Erst mit einem Konkreten der Nachkriegszeit wird es hochpreisig: Fritz Glarners freies und doch wohlkalkuliert wirkendes „Relational Painting No. 63“ von 1953 wird bei 320.000 bis 380.000 Franken aufgerufen, was angesichts früherer Auktionsergebnisse auch auf dem internationalen Markt wie in London oder New York keineswegs abwegig erscheint. In die Rubrik moderne und zeitgenössische Kunst hat Fischer auch das kleine Portrait eines jungen Mädchens von Albert Anker einsortiert, obwohl es schon um 1885 entstanden ist und Anker gemeinhin eigentlich noch dem Realismus des 19ten Jahrhunderts zugerechnet wird. Doch die schlichte Präsenz des ausdrucksvollen Kopfes mag hier schon von progressiven Tendenzen sprechen (Taxe 75.000 bis 100.000 SFR).
Mit zwei heimischen Baum-, Berg- und Seelandschaften Alexandre Calames für bis zu 45.000 Franken und Robert Zünds kleinformatigem lichten „Haus unter Nussbäumen (Schellenmatt)“ für günstige 15.000 bis 25.000 Franken ist die Schweizer Kunst in der Abteilung 19ten Jahrhundert, die schon am 20. November aufgerufen wird, prominenter vertreten. Allerdings fehlt es hier ansonsten auch an Hochpreisigem, eine in Bleistift und Kohle vorbereitete symbolistische Illustration Giovanni Segantinis (Taxe 24.000 bis 28.000 SFR), zwei collagierte Scherenschnitte Johann-Jakob Hauswirths mit volkstümlichen Motiven für bis zu 40.000 Franken und eine 1915 datierte Winterlandschaft des Russen Julius Sergius Klever bewegen sich alle im niedrigen fünfstelligen Bereich (Taxe 28.000 bis 30.000 SFR). Mit Johan Laurentz Jensen und seinen biedermeierlichen Blumenbildern war Fischer schon häufiger erfolgreich; so dürften die 8.000 bis 10.000 Franken für sein Bouquet aus Rosen und Vergissmeinnicht kein Problem sein. Ein wenig auf den aktuellen Gurlitt-Fall scheint Herman Frederik Carel ten Kates „Verkauf der Kriegsbeute beim Antiquar“ zu passen (Taxe 6.000 bis 7.000 SFR).
Alte Meister
Bei den Alten Meistern kommt Altbekanntes zum Aufruf wie Giuseppe Dizianis „Il Canal Grande con la chiesa di Santa Maria della Carità“, das vor einigen Jahren am selben Ort schon einmal bei 50.000 bis 75.000 Franken gehandelt wurde und jetzt etwa die Hälfte erfordert, und vor allem eine wilde Gebirgslandschaft mit Brücke, Statue und Figuren. Koller hatte das Bild im März 2009 als Antonio Diziani für nur 30.000 bis 40.000 Franken im Programm, allerdings erfolglos. Im Oktober 2009 tauchte es dann im Wiener Dorotheum unter dem Namen Francesco Zuccarelli mit einer Schätzung von 200.000 bis 230.000 Euro auf. Mit dieser Künstlerzuschreibung übernahm es Fischer im vergangenen Juni und wollte stolze 160.000 bis 220.000 Franken haben und scheiterte ebenfalls. Unter gleichen Voraussetzungen soll es diesmal klappen.
Neu im Programm scheint David Teniers’ d.J. gräuliches Sinnbild „Der Reiche wird zum Hölleneingang gedrängt“ im Programm zu sein. Fantasievoll hat sich der Maler unterschiedlichste Formen, meist Fischwesen zwischen Mensch und Tier, für die höllischen Gestalten ausgedacht, die den armen Sünder in die Unterwelt zerren (Taxe 100.000 bis 120.000 SFR). 18.000 bis 25.000 Franken soll ein kleines venezianisches Capriccio mit Ruinenfragmenten am Wasser von Giacomo Guardi, dem Sohn Francesco Guardis, einspielen, das ganz in der Tradition des berühmteren Vaters steht. Ein barockes nächtliches Stillleben entwirft der bayerische Hofmaler Franz de Hamilton mit einer Distel, Pilzen, Insekten und Eidechse (Taxe 18.000 bis 24.000 SFR), während der Klassizist Abraham Louis Rodolphe Ducros sein Aquarell mit dem antiken Teatro Greco in Taormina und einer kleinen Gruppe Interessierter am lichten Tag spielen lässt (Taxe 7.500 bis 8.500 SFR).
Kunsthandwerk und Design
Über zwei Auktionstage verteilt können sich Interessenten am reichen Angebot an kunsthandwerklichen Dingen bedienen. Gut gefüllte Geldbeutel erfordern eine französische Kommode des frühen 18ten Jahrhunderts mit prächtiger Messing-Schildpatt-Marketerie im charakteristischen Stil André-Charles Boulles (Taxe 135.000 bis 160.000 SFR), zwei schöne Brüsseler Tapisserien der Renaissancezeit aus der zweiten Hälfte des 16ten Jahrhunderts mit Kriegsszene und ländlichem Fest für bis zu 80.000 Franken sowie ein gehäutetes, mit seinen offenen Muskeln dastehendes Bronzepferd in der Nachfolge Giuseppe Valadiers oder Luigi Valadiers für 80.000 bis 120.000 Franken. Pferde tauchen auch in der Asiatika-Abteilung wieder auf: Die aus Ton geschaffenen und bemalten Tiere aus der Tang-Dynastie, deren Herrschaftszeit in etwa dem europäischen Frühmittelalter entspricht, wollen für bis zu 40.000 Franken in neue Stallungen geführt werden.
Eine Pariser Rengence-Kommode des frühen 18ten Jahrhunderts ist zwar mit „Sauvage“ gestempelt, doch deutet der Name nicht auf einen Ebenisten, sondern auf den an der Rue de Montmartre ansässigen Möbelhändler Philippe-Ambroise Sauvage hin (Taxe 6.000 bis 8.000 SFR). Die Schweizer Möbelproduktion vertritt eine Schreibkommode aus Beromünster um 1740, bei der vor allem der Aufsatz mit figürlicher Marketerie aus der commedia dell’arte besticht (Taxe 12.000 bis 18.000 SFR). Das Silber wartet mit zwei Augsburger Sturzbechern von Tobias Graber um 1655 mit den Halbfiguren eines Mannes und einer Frau auf (Taxe 4.000 bis 6.000 SFR), die Keramikabteilung mit einem blau glasierten Westerwälder Kugelbauchkrug um 1700 samt Wappenzier (Taxe 600 bis 800 SFR) und der Jugendstil mit einigen Glasvasen, darunter einer Keulenform aus der Produktion der Daum Frères um 1905 mit umlaufendem Krokus-Dekor (Taxe 4.000 bis 6.000 SFR). Archibald Knox nimmt mit zwei Tischuhren teil, die er zu Beginn des 20sten Jahrhunderts ebenfalls in den schönlinigen Formen des Jugendstil gestaltete (Taxen zwischen 3.000 und 6.000 SFR). Dagegen tritt Silvio Coppolas Tisch aus Walnussholz als kantiges Designmöbel der 1960er Jahre an (Taxe 4.000 bis 5.000 SFR).
Die Auktion beginnt am 20. November mit den Gemälden Alter Meister und des 19ten Jahrhunderts um 14 Uhr. Am 21. November stehen ab 9 Uhr das Kunsthandwerk und ab 14 Uhr die Moderne und Zeitgenössische Kunst auf dem Programm. Am 22. November folgen ab 9 Uhr das Silber, die Keramik und das Glas. Der Katalog ist im Internet unter www.fischerauktionen.ch abrufbar. |