Fotofestival Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg Seit letzten Freitag läuft das 6. Fotofestival Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg unter dem Motto „7 Orte 7 prekäre Felder“. Dafür hat Kurator Urs Stahel mehr als 1.000 Einzelbilder in 44 Werkgruppen von 50 Künstlern aus 18 Nationen ausgewählt. In sieben Museen und Kunstvereinen der drei Städte werden gesellschaftspolitische Themen diskutiert, die auf unsere Lebenswirklichkeit Einfluss nehmen. Für die „Surveillance Panorama Projects“ präsentiert der Schweizer Künstler Jules Spinatsch in jedem der sieben Themenkomplexe eine Arbeit in dieser speziellen Aufnahmetechnik. Das Resultat sind hochauflösende Panoramabilder, angesiedelt zwischen Fotografie und Film, zwischen Vedutenmalerei des 19. Jahrhunderts und Überwachungstechnologie des Internetzeitalters, die regionale Verbindungen zu den Ausstellungsthemen herstellen.
Das Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen hat sich dem Gebiet der „High-Tech, Logistik & Migration“ verschrieben. In der gegenwärtigen westlichen Gesellschaft halten die Wissenschaften und die Technologie den Schlüssel zum sozialen und ökonomischen Strukturwandel. In Fabrikhallen ersetzen Roboter und Produktionsstraßen immer häufiger die menschliche Arbeitskraft. Im Kontrast dazu füllen sich die Schiffe, Züge und Trampelpfade mit Migranten. Lewis Baltz fotografiert neue Technologien, etwa im CERN in Genf oder Atomkraftwerke in Frankreich, Ad van Denderen in „So Blue So Blue“ die Migrationsbewegung in den 17 Anrainerstaaten des Mittelmeers. Arbeiten von sechs weiteren Fotografen ergänzen die Schau.
Der Ludwigshafener Kunstverein setzt sich mit „Gewalt und Zerstörung“ auseinander. Die Bilderwelt des Abendlandes weist viele Gewaltdarstellungen auf, seien es kriegerische Akte, die ordnende Gewalt des Staates oder Mordanschläge. Adam Broomberg und Oliver Chanarin stellen in „Divine Violence“ den Texten der Bibel Szenen der Gewalt unserer Gegenwart gegenüber. Neben den Fotos von Edmund Clark, die er in rechtsfreien Raum von Guantánamo schoss, werden Werke von sieben weiteren Künstlern präsentiert.
Der Raum für Fotografie Zephyr in Mannheim greift das Thema „Urbanismus & Real Estate“ auf. Die Architektur kann als Waffe, Strategie und Politik eingesetzt werden, mit der Entwicklungen unterbunden und mögliche Gegner geschwächt werden. Von den sechs Künstlern sei Ai Weiweis Folge „Provisional Landscapes“ stellvertretend erwähnt. Zwischen 2002 und 2008 hielt der Chinese hier fest, wie die chinesische Regierung mit der traditionellen Lebensstruktur einer Einstockwerk-Bauweise in Peking bricht und die Herrschaft der rasch in die Höhe schießenden Wolkenkratzer beginnt.
Die Kunsthalle Mannheim beleuchtet den Bereich „Geld und Gier“. Gaëlle Boucand behandelt in ihrem Film „JJA“ die Selbstdarstellung eines französischen Steuerflüchtlings, der in der Schweiz lebt. Paolo Woods und Gabriele Galimberti suchten „The Heavens“ auf. Diese Geldhäfen der Welt dienen dazu, das persönliche Kapital vor dem Fiskus des Heimatlandes zu schützen. Weitere teilnehmende Künstler sind Glenda Léon, G.R.A.M., Polly Braden, Jules Spinatsch und Stefanos Tsivopoulos.
„Wissen, Ordnung, Macht“ ist Thema im Port25 – Raum für Gegenwartskunst in Mannheim. Hier steht die Technik, die unter anderem Archivierung, Überwachung und Vernetzung von Daten ermöglicht, dem Streben des Individuums nach Wissen entgegen. Die sieben Künstler, darunter Ilit Azoulay, Hans Danuser und Simone Demandt, setzten die Machtstruktur des Wissens zum Menschen in Beziehung.
Die Sammlung Prinzhorn in Heidelberg hat ihre Schau dem Gebiet „Ich-Fest & Selbst-Stress“ gewidmet und damit der gesteigerten Selbstdarstellung des Ichs. Rico Scagliola und Michael Meier setzten sich in ihrer Zehnkanal-Video-Audio-Installation „Double Extension Beauty Tubes“ von 2008/10 mehrere Jahre lang mit der Subkultur der „Emos“ unter Jugendlichen und ihrer Selbstdarstellung auseinander. Darüber hinaus sind Arbeiten von Maya Rochat und Melanie Bonajo zu sehen.
Den Schluss bildet „Kommunikation und Kontrolle“ im Heidelberger Kunstverein, der Werke von fünf Künstlern vereint. Soziale Netzwerke suggerieren die Illusion von Nähe, ermöglichen aber auch eine ständige Kontrolle. So verweist Trevor Paglen in seinen Fotografien auf die Flut an Informationen, die die Satelliten aus dem Weltraum sammeln und zum Beispiel an die NSA weiterleiten.
Das 6. Fotofestival Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg läuft bis zum 15. November. Die Ausstellungen haben täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt liegt je Ausstellung bei 7 Euro, ermäßigt 5 Euro, für die Kunsthalle Mannheim bei 9 Euro, ermäßigt 6 Euro. Die 3er Karte kostet 14 Euro und der Festivalpass 35 Euro. Der Preis für den Katalog beläuft sich auf 25 Euro, bei Erwerb mit dem Festivalpass auf nur 14 Euro. |