| | Damien Hirst, In love - out of love, 1998 | |
Ohne Charles Saatchi wäre der Aufstieg der sogenannten "New British Artists", benannt nach der ersten Ausstellung der Sammlung des Werbetycoons, vielleicht nicht so rasant gewesen. Aber schon im Jahre 1988, vier Jahre vor der ersten Ausstellung unter dem Saatchi-Lable, taten sich die bis heute wichtigsten Künstler der Gruppe, Tracey Emin, Gary Hume, Sarah Lucas und Damien Hirst, zu der Ausstellungsreihe "Freeze" in den Londoner Surrey Docks zusammen. Schnell folgten Gruppen- und Einzelausstellungen in London, Österreich und Italien. Von Anfang an am kontroversesten diskutiert wurde dabei das Werk von Damien Hirst, der auch mit seinen finanziellen Erfolgen die anderen hinter sich ließ. Der explosionsartige Erfolg der Gruppe wurde aber für alle durch die Kunstkäufe von Saatchi ausgelöst.
Deutlich wird der Preiszuwachs der Arbeiten von Damien Hirst an den Preisen die Saatchi selber für seine Neuerwerbungen bezahlen musste. Konnte er seine Sammlung 1992 noch mit 45.000 Pfund für den in Formaldehyd eingelegten Tigerhai "The Physical Impossibility of the Idea of Death in the Mind of Someone Living" beginnen, so musste er spektakuläre 1 Million Pfund für die übergroße Bronzearbeit "Hymn" bezahlen, die im Jahr 2000 in der New Yorker Gagosian Gallery präsentiert wurde. Sicherlich ist der höhere Preis auch durch die Größe und den Aufwand der neueren Arbeit zu erklären, aber die extreme Preissteigerung verdankt sich hauptsächlich der massiven Präsenz des Künstlers im weltweiten Kunstbetrieb. Bezeichnend ist die Steigerung, die das teuerste Werk Hirsts auf einer Auktion erlebte: Das Diptychon „In love - out of love“ erlöste im November 2000 bei Phillips in New York umgerechnet rund 480.000 Pfund. Wenn sich der Käufer knapp ein Jahr früher zu dem Entschluss durchgerungen hätte, wäre er deutlich preiswerter in den Besitz des Schmetterlingsbildes gekommen – es wurde bei einer Taxe von 200.000 bis 300.000 Pfund allerdings vom Einlieferer zurückgezogen.
Immer wieder werden Hirsts Werke zum Brennpunkt von Auseinandersetzungen: Hirst zeigte in der Ausstellung "Some Went Mad, Some Ran Away" in der Londoner Serpentine Gallery unter dem ironischen Titel "Seperated from the Flock" ein in Formaldehyd präpariertes Schaf. 1995 erhielt der in Bristol geborene Künstler den renommierten Turner-Preis unter anderem für die Arbeit "Mother and Child", die aus einer zersägten Kuh mit ihrem Kalb besteht. Schon im folgenden Jahr gelangten die ersten Arbeiten auf den Auktionsmarkt, wobei die Verkäufer sicherlich schon einen großen Gewinn verzeichnen konnten. Bei Sotheby's in London wurde das 1991 gemalte Bild "Abras toxin" für 11.500 Pfund verkauft. Den Titel eines anderen Nervengiftes trägt das großformatige Bild "Ammonium biborate", das bei Christie's in London für 32.000 Pfund verkauft wurde und damit seinen Schätzpreis von 15.000 bis 20.000 Pfund weit übertraf. Die Bilder gehören zu seinen geometrischen Arbeiten, die parallel zu seinen makaberen Installationen entstehen und auf denen gleichmäßig farbige Kreise zu sehen sind. Mit ihren Titeln spielt er auf Drogenerfahrungen an.
Durch verstärkte Ausstellungspräsenz in zahlreichen Gruppenausstellungen, wie im Hamburger Bahnhof in Berliner und der Düsseldorfer Kunsthalle sowie Einzelausstellungen unter anderem in der Schweiz, Norwegen, Deutschland und den USA stiegen die Preise in der Folgezeit weiterhin stark an. In der Frühlingsauktion 1998 bei Christie's in London brachte das runde Bild "Beautiful big issue prize what's got a bottom at the top…" 64.000 Pfund. Neben den geometrischen entstehen diese runden Bilder auf einer Drehscheibe, wobei die Farbe durch die Fliehkraft in dünnen Linien oder unregelmäßigen Flächen nach außen wegspritzt. In der gleichen Auktion lag ein Werk von Hirst mit einem Preis von 170.000 Pfund zum ersten Mal weit im sechsstelligen Bereich. In der Arbeit "God" präsentiert er dabei einen Schrank aus Stahl und Glas, in dem Drogen in Fläschchen aufbewahrt werden. 1992 war „God“ noch bei Sotheby’s in London auf 4.000 bis 6.000 Pfund geschätzt worden. Der Einlieferer hattes es allerdings vor der Auktion zurückgezogen. Eine weitere Installation wurde im Mai bei Sotheby's in New York für umgerechnet 117.000 Pfund verkauft.
Waren 64.000 Pfund im Frühjahr 1998 noch eine Sensation für ein Bild von Damien Hirst, so erreichte das Gemälde "Acetic anhydride" aus dem Jahr 1991 im Dezember schon 110.000 Pfund bei Christie's in London. Das mit über 3 mal 3 Metern größte Bild von Hirst, das bisher versteigert worden ist, "Amphotericin B", erbrachte am 17. November 1998 umgerechnet immerhin knapp 79.000 Pfund bei Sotheby's in New York. Das selbe großformatige Bild wurde dort nur 18 Monate später für umgerechnet gut 203.000 Pfund verkauft und brachte damit dem zwischenzeitigen Besitzer in kürzester Zeit einen Gewinn von über 120.000 Pfund. Diese extreme Preissteigerung erklärt sich aus dem Rummel, der 1999 um die "Sensation"-Ausstellung in Brooklyn entstand. Als einer der wichtigsten Künstler der "Young British Artists" stand er diesmal nicht im unmittelbaren Zentrum der Kritik - diesmal von Seiten des kulturkonservativen New Yorker Bürgermeisters Giuliani - aber er wurde stets als der herausragende Kopf der Gruppe betrachtet, die sich in der New Yorker Ausstellung präsentierte.
In den nachfolgenden Auktionen des Jahres 2000, in dem Saatchi auch für 1 Millionen Pfund die Skulptur "Hymn" gekauft hatte, überschlugen sich jetzt die Preise für den britischen Künstler. Die drei höchsten Auktionszuschläge fielen alle in diesem Jahr: bei Phillips in New York wurde im Mai eine Installation aus zwei eingelegten Rinderköpfen für umgerechnet 338.000 Pfund verkauft. Eine Vitrine mit ausgedrückten Zigaretten, "Dead ends died out - examined", fand im November für 324.000 Pfund einen neuen Besitzer. In der gleichen Herbstauktion wurde ein Diptychon mit Schmetterlingen für umgerechnet 479.000 Pfund zum teuersten Objekt überhaupt von Damien Hirst.
Am unteren Ende der Preisskala finden sich seine „Spin Drawings“ aus den mittleren 90er Jahren, die allerdings auch schon über 2.000 Pfund kosten. In dem französischen Auktionshaus Cornette de Saint-Cyr konnte im Dezember 2000 die Fotografie Opium aus einer 500er Auflage des gleichen Jahres gar für umgerechnet unter 800 Pfund erworben werden. Siebdrucke aus der „Last Supper Series“ sind einzeln für 2.500 bis um 5.000 Pfund zu haben, die ganze Serie in 13 Teilen sicherte sich ein Schnäppchenjäger bei Sotheby’s London im Juni für 20.000 Pfund. Allerdings könnte sich hier auch eine fallende Tendenz etablieren: Die Ende 2000 erzielten 31.700 Pfund bedeuten eine Höchstmarke innerhalb der 150er-Auflage bei insgesamt sechs Auktionsverkäfen.
Wahrscheinlich werden Preissteigerungen wie nach dem Wirbel um die New Yorker "Sensation"-Ausstellung in absehbarer Zukunft nicht zu erwirtschaften sein, sondern die Preisentwicklung der Werke von Damien Hirst wird moderater verlaufen. Sicherlich werden seine Preise aber stabil bleiben, so dass sich eine Investition in eine größere Arbeit des Künstlers lohnt, zählt er doch zu den wichtigsten und am höchsten ausgezeichneten Künstlern der britischen Kunst seit 1990, der seinen festen Platz in unzähligen Sammlungen bereits gefunden hat. Dass seine Zukunft nicht nur von der Sammlung Charles Saatchi abhängig sein wird, ist in der Londoner Tate Gallery zu sehen, die seiner "Pharmacy" einen eigenen Raum widmen wird.
Die fünf teuersten Auktionszuschläge bei Arbeiten von Damien Hirst:
Damien Hirst, "In love - out of love"
680.000 $ (Taxe: 400.000-600.000 $)
Phillips, New York, 13.11.2000
Damien Hirst, "Out of sight, out of mind"
500.000 $ (Taxe: 300.000-400.000 $)
Phillips, New York, 18.05.2000
Damien Hirst, "Dead ends died out - examined"
460.000 $ (Taxe: 300.000-400.000 $)
Phillips, New York, 13.11.2000
Damien Hirst, "Calcium gluconate injection"
300.000 $ (Taxe: 300.000-300.500 $)
Phillips, New York, 13.11.2000
Damien Hirst, "Amphotericin B"
300.000 $ (Taxe: 250.000-350.000 $)
Sotheby’s, New York, 17.05.2000 |