| | auf der Arte Fiera 2016 in Bologna | |
An der Kasse standen lange Schlangen, um noch Karten für die Vernissage zu bekommen. Die Arte Fiera in Bologna präsentierte sich bis zum Montag wieder so, wie man sie aus ihren Anfängen kannte. Halle 25 und 26 boten Platz für ausreichend Kunst, in Halle 32 kamen die Fotografie, Solo Shows und neue Ideen zum Zuge. Insgesamt hat die Messe für zeitgenössische Kunst zugelegt, Werke von rund 1.000 Künstlern waren zu sehen, oder – anders ausgedrückt – 222 Aussteller schmückten die Wände mit den Highlights ihrer Galeriearbeit. Auch die Besucherzahlen stiegen nach Angaben der Arte Fiera um zehn Prozent auf 58.000. Ganz in Weiß waren die Gänge und Kojen gehalten, die Besucher gaben sich lässig und trafen Freunde und Bekannte an der Champagnerbar, die zwischen den beiden Hallen zum Meeting-Point wurde. War die Messe in ihren Anfängen eine italienische Angelegenheit, so ist sie heute dorthin zurückgekehrt. Keine deutsche Galerie mehr, wo einst von Hans Mayer aus Düsseldorf bis zu Dorothea van der Koelen aus Mainz vieles vertreten war, was in Deutschland Rang und Namen hatte. Das Gleiche galt für Österreich, Schweiz, Frankreich und Belgien.
Heute sind auf der Arte Fiera noch genau zwei Galerien aus Deutschland zugegen, wobei die Galerie Mario Mazzoli mit Sitz in Berlin aus Italien kommt. Mazzoli hat sein Galerieprogramm der Klangkunst verpflichtet. „Das Berliner Publikum“, so verriet er, „reagiert sehr sensibel auf Klangkunstausstellungen.“ Warum er damit nach Bologna gekommen ist? Er glaubt, dass er seine italienischen Landsleute mit den an überdimensionierten Trompetenblumen erinnernden Installationen von Douglas Henderson (einzeln 11.000 Euro, 8.000 Euro oder 4.000 Euro) und einer Arbeit mit Pinseln für 8.000 Euro, die leise über eine Ebene streichen, und Besen, die sanfte Kratzgeräusche abgeben, vom Potenzial der Klangkunst überzeugen kann. Zwischen all den Galerien, die sich auf Konstruktive oder Kinetische Kunst spezialisiert haben, wirkten die Arbeiten des Amerikaners bei Mazzoli eigentümlich fremd und anders.
Dagegen setzte die Galerie Hollenbach aus Stuttgart, die heuer ihr 20jähriges Bestehen feiert, auf ihre bewährten Künstler und offerierte eine große Fotoarbeit von Magdalena Jetelová für 16.700 Euro an. Ihren Stand hat die Galeristin in diesem Jahr verkleinert, ohne auf ihre Künstlerstars zu verzichten. Auch Hans Kupelwieser stattete ihren Stand mit neuen Werken aus. Marianne Hollenbach bedauert sehr, dass nur noch zwei deutsche Galerien auf der Messe in Bologna präsent sind, möchte aber auch bei finanziellen Einbußen nicht darauf verzichten, die italienischen Sammler durch Abwesenheit zu enttäuschen. Hatte Rüdiger Voss aus Düsseldorf in den vergangenen Jahren noch durchgehalten, verzichtete er in diesem Jahr auf die Teilnahme. Endgültig, so versicherte er, sei diese Entscheidung nicht.
Hans Hartungs gestische düstere Pinselstriche fanden sich alleine bei sieben Galerien, etwa bei Galleria Accademia und Mazzoleni aus Turin oder Di Paolo Arte aus Bologna. Damit zeigte die Arte Fiera eine Tendenz zu Klassikern der jüngeren Kunstgeschichte, die auf italienscher Seite durch Carla Accardi, Alberto Burri, Giorgio de Chirico, Lucio Fontana, Piero Manzoni oder Fausto Melotti repräsentiert wurden. Und immer wieder stolperte man über weiße, rote oder blaue Leinwände mit Aufwölbungen von gezielt gesetzten Punkten und Spitzen, die man sie etwa in den reliefierten Bildern von Turi Simeti, Enrico Castellani oder Agostino Bonalumi sah. Alle drei gehören zu den bekanntesten Vertretern der italienischen ZERO-Bewegung, die jetzt in Bologna wie auf dem gesamten Kunstmarkt eine Renaissance zu erleben schien.
Anders aufgestellt war die Galerie Open Art, die mit selten gesehen Arbeiten von Jirí Kolár aufwartete. Mit acht Arbeiten hatte die Galerie aus Prato dem großen tschechischen Collagisten eine eigene Nische eingerichtet. Kolár verarbeitete 1970 Küchentücher und eine Kartoffelreibe in einem Werk mit dem Titel „Vlajka Unie Hospo Dynek“, das heute 23.000 Euro kostet. Aron Demetz richtete 2014 eine große Ausstellung im Arp Museum in Remagen aus und reihte sich mit der Arbeit „Heimat“ unter die Künstler ein, die den Skulpturenweg am dortigen Rheinufer mit Kunstwerken bestücken. Nun wurden die riesigen Wurzeln seiner weiblichen Skulptur in Remagen in einer Nacht- und Nebelaktion abgesägt. Der materielle Schaden muss nun aufgefangen und das Ganze aufwendig restauriert werden, erzählte er. Barbara Paci aus Pietrasanta hatte eine große hölzerne Figurengruppe von Demetz inmitten der Koje für 130.000 Euro aufgebaut. Auch dieses ausdrucksstarke Werk war eine Ausnahme in dieser reduzierten Präsentation von Kunst in weißen Hallen.
Wer sich einen Überblick über die italienische Kunstszene verschaffen möchte, war auf der Arte Fiera richtig. Die Stadt Bologna und die deftige Küche sind allemal eine Reise wert. Wer einen europäischen Vergleich anstrebt, der sollte im November nach Turin zur Artissima fahren. Verkauft wird auf beiden Messen, auch in Bologna, und das gar nicht schlecht.
|