Gerhard Richter in Baden-BadenDas Museum Frieder Burda in Baden-Baden setzt sich in seiner aktuellen Ausstellung mit der Idee auseinander, dass die abstrakte Kunst das Nicht-Darstellbare und Unbeschreibliche festhalten kann, und stellt dazu die „Birkenau“-Serie von Gerhard Richter aus dem Jahr 2014 in den Mittelpunkt. Neben früheren Arbeiten des deutschen Malerfürsten sind auch Werke anderer Künstler wie Sigmar Polke, Willem de Kooning, Clyfford Still, Adolph Gottlieb, Imi Knoebel und Andy Warhol zu sehen. Neben Gemälden verdeutlichen auch die Wand- und Bodenplastiken von Sol LeWitt und Carl Andre die verschiedenen Ansätze und das Potenzial der gegenstandslosen Kunst, die Wirklichkeit zu beschreiben. Schließlich berührt diese Ausstellung auch das Gebiet der Wahrnehmung und der Emotionen, die abstrakte Formen und Farben auslösen können.
Seit der Mitte der 1960er Jahre sammelt Gerhard Richter Bilder des Naziterrors und der Opfer des Holocaust und hat die Fotos, Zeitungsausschnitte und Skizzen seiner Vorlagensammlung „Atlas“ hinzugefügt. Die Basis der vier „Birkenau“-Gemälde bilden Fotos aus dem Jahr 1944, die Mitglieder des jüdischen Sonderkommandos im Vernichtungslager aufnahmen. Nachdem Richter je ein Lichtbild auf eine der großen Leinwände übertragen hatte, brachte er darauf weitere Farbschichten in seiner Rakel-Technik auf, so dass von der ursprünglichen Fotografie nichts mehr zu sehen ist. Den Grundton legen die schwarzen und weißen Farbschlieren, die den Augen eine Tiefe vortäuschen, als blicken sie in eine Art dreidimensionale Käfigstruktur. Darunter oder darüber aber stechen beißendes Magenta und Giftgrün in kleineren und größeren Ansammlungen innerhalb des düsteren Schwarzweiß’ hervor. Mit diesen Durchbrüchen verweist Richter darauf, dass die Oberfläche Einblicke auf tiefere Schichten gewährt, ohne diesen jedoch die Chance auf ein erkennbares Motiv zu gewähren. Dadurch gelingt es ihm, beim Betrachter das Gefühl der Beklemmung und eine gewisse Unruhe auszulösen.
Eine Fortführung dieser Beschäftigung mit dem Holocaust bilden die 93 Detailaufnahmen der Birkenau-Leinwände. Solche Detailbetrachtungen, die die Struktur des Gemäldes vergrößern, wandte Gerhard Richter bereits in früheren Arbeiten an. In der Serie „War Cut“ verbindet er solche Großaufnahmen aus einem 1987 geschaffenen „Abstrakten Bild“ mit Nachrichten des Irak-Krieges. Diese 216 farbigen Detailfotos des Werkes verband er mit Texten aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 20. und 21. März 2003, in denen die ersten Tage des Krieges behandelt wurden. Obwohl ein ungegenständliches Gemälde den Ausgangspunkt bildete, schienen die 216 Lichtbilder sich auf die Texte zu beziehen.
Die Ausstellung „Gerhard Richter. Birkenau“ läuft bis zum 29. Mai. Das Museum Frieder Burda hat täglich außer montags 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 13 Euro, ermäßigt 11 Euro. Der Ausstellungskatalog ist im Museum für 23 Euro erhältlich.
Museum Frieder Burda
Lichtentaler Allee 8b
D-76530 Baden-Baden
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