| | Hausbuchmeister, Hausbuchmeister Umkreis, Verkündigung an Maria, um 1505 | |
Bis heute gibt der Hausbuchmeister den Forschern Rätsel auf. Identität und Œuvre gehören zu den Mysterien der Kunstgeschichte und sind Gegenstand von so manchem Streit unter den Experten. Er war als Maler, Zeichner und Stecher um 1480/1500 am Mittelrhein, vielleicht am Heidelberger Hof, oder in Frankfurt am Main tätig und schuf vor allem Federzeichnungen und Kaltnadelstiche, vermutlich auf einige Tafelgemälde. Aber niemand kann mit Sicherheit sagen, wie viele Werke tatsächlich von seiner Hand stammen. Herausragend und geheimnisvoll ist sein um 1480 gemaltes „Gothaer Liebespaar“, das erste eigenständige Doppelporträt der deutschen Tafelmalerei. Das Kölner Auktionshaus Van Ham bringt nun eine anrührende „Verkündigung an Maria“ mit dem Hausbuchmeister in Verbindung und preist die um 1505 in seinem Umkreis gefertigte Holztafel als „beeindruckendes Exempel mittelalterlicher Tafelmalerei“ an. Zahlreiche Ähnlichkeiten ließen sich zum Werk des Hausbuchmeisters identifizieren: so gleichen der Verkündigungsengel und die Anlage des Gewölbes einem Kaltnadelstich des Meisters, der Nimbus Mariens und das Mauerwerk sind mit seiner Darstellung der Heiligen Familie vergleichbar. Die innig-verhaltene Tafel aus Aachener Privatbesitz, die vermutlich als Teil eines Diptychons zur häuslichen Andacht erstellt wurde, geht nun mit 180.000 bis 200.000 ins Rennen.
Alte Meister
Der Rhein, der das gesellschaftliche, wirtschaftliche und künstlerische Leben über viele Jahrhunderte prägte, ist noch für andere Werke der Versteigerung vom 18. November bestimmend, so für eine Lindenholztafel mit dem „Gebet Jesu am Ölberg“ eines Meisters vom Oberrhein um 1470/80 mit den drei schlafenden Jüngern und Judas, der im Hintergrund schon mit den Schächern heraufzieht (Taxe 16.000 bis 20.000 EUR). Einige Jahrzehnte jünger und schon renaissancehafter ist das Relief einer dicht gedrängten „Beweinung Christi“ aus der selben Gegend um 1520 (Taxe 6.000 bis 7.000 EUR). Rheinabwärts in die Niederlande geht es mit einem ungefassten Eichenholzrelief um 1510, auf dem simultan die „Anbetung der Hirten“ und die „Anbetung der Könige“ fein geschnitzt sind (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR).
Die flämische und holländische Kunst prägt dann die Sparte der Alten Meister, etwa mit einer typischen, reich bestückten Marktszene aus dem Umkreis Joachim Beuckelaers, in die noch klein im Hintergrund die Passion Christi integriert ist (Taxe 20.000 bis 40.000 EUR). Auch in seiner fantasievollen, in drei Farbzonen aufgeteilten Hügellandschaft hat Josse de Momper d.J. mit einer „Heilige Messe in einer Grotte“ noch einen religiösen Bezug gesucht und sich für die Personenstaffage der Mitarbeit Jan Brueghels d.Ä. versichert (Taxe 50.000 bis 60.000 EUR). Letzter ist zudem für die feinmalerische „Waldlandschaft mit Wanderern, die eine Brücke überqueren“ verantwortlich. Der Tondo, der wegen seiner im dunstigen Hintergrund liegende italienische Stadt mit Kathedrale nach Brueghels Italien-Aufenthalt um 1600 entstand, kann zudem auf eine prominente Provenienz verweisen: Er gehörte zur Sammlung des jüdischen Kaufhausunternehmers Hermann Hugo Zwillenberg, der 1939 in die Niederlande emigrieren musste. Seine in London lebenden Erben wollen für das Rundbild nun 200.000 bis 220.000 Euro sehen.
Otto van Veens „Miles Christianus“, die Allegorie eines christlichen Soldaten im Kampf gegen die Todsünden von etwa 1609/29, hat seit 2015 schon mehrere Auktionsauftritte glücklos absolviert; nun ist sein Schätzpreis auf 40.000 bis 45.000 Euro gesunken. Barock bewegt geht auf Willem van de Veldes d.J. „Segler in stürmischer See“ zu, der an einen Felsen zu zerschellen droht (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Ungefährliches dörfliches Leben schildert Jan Victors in seinem Kirchweihfest mit Marktszene, Gauklern, einfachen Bauern und mittig platzierter vornehmer Runde (Taxe 30.000 bis 35.000 EUR). Auch die vier rauchenden und kartenspielenden Herren in einem nicht näher bestimmten Interieur hat Jan Olis der gehobenen Gesellschaftsschicht zugeordnet (Taxe 10.000 bis 12.000 EUR). Eine arkadische Stimmung evoziert Johann Heinrich Roos in seiner weiten südlichen Ruinenlandschaft mit Hirten und ihrem Vieh an einem Brunnen (Taxe 12.000 bis 15.000 EUR). In den französischen Kunstkreis geht es mit einer Szene aus Torquato Tassos beliebtem Epos „La Gerusalemme liberata“: Die unglücklich verliebte Erminia findet den bleichen, schwer verwundeten Tankred und pflegt ihn. Die feine Malerei wird Nicolas Mignard zugeschrieben (Taxe 14.000 bis 16.000 EUR).
Gemälde des 19. Jahrhunderts
Höhepunkt bei den Neueren Meistern ist mit 180.000 bis 200.000 Euro Honoré Daumiers Drei-Personen-Stück „Die Familie auf der Barrikade“ aus dem Jahr 1848, von dem mehrere Varianten existieren. Als scharfer Chronist der französischen Gesellschaft konzentriert sich Daumier hier mit beeindruckend plastischem, ja fast schon expressionistischem Pinselstrich auf die halb verschatteten und besorgten Gesichter einer Arbeiterfamilie, die den Wirren des Revolutionsjahres folgen. So eine bedrückende Stimmung herrscht in sonst keinem der knapp 200 Werke aus dem 19. Jahrhundert, vielleicht noch in einem Historiengemälde Wilhelm Camphausens. Dort begleitet Otto von Bismarck zu Pferde am Morgen nach der Schlacht von Sedan Kaiser Napoleon III., der sich die gefallenen französischen Soldaten ansehen muss, zu König Wilhelm I. (Taxe 15.000 bis 18.000 EUR).
Ungemütlich ist es auch für den Mann mit Hund bei der „Alten Klosterkirche im Winter“ aus der Hand des Dresdner Malers Carl Julius von Leypold (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR) oder für die beiden Reiter Adolf Schreyers auf ihrem Sechsspänner bei Regenwetter in den Weiten der Walachei (Taxe 60.000 bis 70.000 EUR). Auf der anderen Seite stehen die Gemälde aus dem heiteren Süden, bei denen sich vor allem Oswald Achenbach hervortut. 1878 sah er eine Reisegesellschaft neben Einheimischen am Golf von Neapel (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR), eine abendliche Stimmung fing er mit Ruinen und Landleuten in den Albaner Bergen ein (Taxe 30.000 bis 35.000 EUR) und für seine Vedute von Rom wählte er sich einen Ausschnitt am Tiber mit der Engelsburgs und der Kuppel des Peterdoms im Hintergrund (Taxe 20.000 bis 22.000 EUR). Etwas unruhiger geht es auf den beiden trüben Bildern „Eiche im Wildwasser“ und „Angler am Gebirgsbach“ seines Bruders Andreas Achenbach zu (Taxe je 12.000 bis 15.000 EUR).
Als eine der wenigen Malerinnen tritt Anna van Sandick in Erscheinung. Die 1818 in Utrecht geborene Adelige war ab den späten 1840er Jahren Schülerin von Barend Cornelis Koekkoek in Kleve, und so spricht auch aus ihrer „Romantischen Landschaft mit Mühle und großen Eichenbäumen“ von 1868 der Geist des Hauptvertreters der „Klever Romantik“ (Taxe 24.000 bis 26.000 EUR). Die Düsseldorfer Malerin Emilie Preyer gesellt sich zu ihr mit einem charakteristischen Früchtestillleben samt weißen Trauben, Haselnüssen, Pfirsich und zwei Pflaumen auf einer Marmorplatte (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR). Die Bewunderung für das Weibliche spricht dann aus Edward Cucuels impressionistischem Gemälde einer Dame „Am Ufer“ wohl des Chiemsees zur Herbstzeit (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR) und aus mehreren Familienportraits Franz von Lenbachs. Während seine junge zweite Frau Charlotte, genannt Lolo, 1897 etwas keck den Betrachter fixiert (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR), schaut seine Tochter Gabriele als junges Mädchen unter ihren braunen Locken energisch aus dem Bild (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR).
Die Gattung Genre bedient Hubert Salentin, der sich von realen Ereignissen in Köln zu seinem mehrmals wiederholten Thema eines Findelkinds inspirieren ließ. 1868 malte er einen Schäfer, der das Neugeborene vor einem Bauernhaus der Dorfgemeinschaft präsentiert (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR). Antonio Rotta zählt zu den bekanntesten Genremalern Italiens. Seine Szene „Beim Schuster“ schildert ein junges Mädchen, das treuherzig auf den abwägenden Schuhmacher blickt und ihn bedrängt, die alten schwarzen Lieblingsschuhe doch noch einmal zu reparieren (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR). Die in Renaissancegewänder gekleidete Festgesellschaft auf der Rasenfläche eines Kreuzgangs lässt sich nicht so leicht deuten. Vielleicht hat Francisco Pradilla y Ortiz hier 1884 die Verlobung Lucrezia Borgias vor ihrem Vater Rodrigo Borgia, dem späteren Papst Alexander VI., in Santa Scholastica auf die Leinwand gebracht (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR).
Während sich Charles Leickert bei seiner „Flusslandschaft im Abendlicht“ in heimischen Gefilden aufhielt (Taxe 16.000 bis 18.000 EUR), zog es den 1818 im Rheinland geborenen Paul von Franken in die weite Ferne. Zwischen 1853 und 1860 lebte er in Tiflis und fand im Kaukasus die Motive für seine Werke, wie die Bauern in ihren Booten am Ufer eines Sees vor einem mächtigen alten Baum (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR). Als Orientalisten treten noch Rob Graafland mit einer Liebesszene wohl an der Fontäne von Bachtschissarai aus dem Jahr 1901 (Taxe 16.000 bis 18.000 EUR) und Robert Hermann Sterl in Erscheinung, dessen „Prozession bei Simbirsk“ an der Wolga von 1920 expressionistische Züge aufweist (Taxe 15.000 bis 18.000 EUR). Für den französischstämmigen, aber 1856 in Odessa geborenen Franz Roubaud war der Kaukasus und seine Bevölkerung, wie er sie in seinem belebten „Pferdemarkt“ aus den 1890er Jahren schilderte, dann schon nähere Heimat (Taxe 100.000 bis 120.000 EUR). Vom Schwarzen Meer stammte auch der Armenier Ivan Konstantinovich Ajvazovskij, der mit seinem weiten Blick über die Krim auf den Ayu Dag bei Mondschein eine seiner typischen verklärten Nachtlandschaften schuf (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR).
Ausschnitthafte naturalistische Flusslandschaften, oftmals in winterlichem Schnee gehüllt, kennzeichnen hingegen das Werk des Norwegers Frits Thaulow, so auch seinen 22.000 bis 25.000 Euro teuren „Bachlauf im Winter“. Mit Wilhelm Busch und seinen beiden Kühe am Waldesrand, die er flott in Öl auf Papier vorwiegend mit brauner Farbe niedergelegt hat, sind wir wieder in der Heimat angekommen (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR). Um 1900 oder kurz danach hat Hans Olde d.Ä. seiner „Untergehenden Sonne“ in einem holsteinischen Dorf am Rande einer Seenlandschaft einige farbintensive nachimpressionistische Züge verliehen (Taxe 12.000 bis 15.000 EUR). Eher symbolistisch wird es bei Albert Schmidts „Plaine et nuage“ von 1909 und seinen rhythmisierten Furchen auf einer weiten Wiese, die den grünen Hügel hinansteigt und in einem hohen stilisierten weißen Wolkenberg vor hellblauem Himmel mündet (Taxe 10.000 bis 12.000 EUR). Aus dem kleinen Skulpturenangebot ragt die dunkle Jugendstil-Bronze des jungen „Parzifal“ auf einem Pferd des Kunstgewerblers, Grafikers und Bildhauers Ignatius Taschner bei marktgängigen 8.000 bis 10.000 Euro heraus.
Die Auktion beginnt am 18. November um 14:30 Uhr. Der Online-Katalog listet die Objekte unter www.van-ham.com. |