Biennale für aktuelle Fotografie hat begonnen Dieses Jahr findet die erste Biennale für aktuelle Fotografie statt, die damit eine Umbenennung des Fotofestivals Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg einleitet. Acht Ausstellungen stehen unter dem übergreifenden Titel „Farewell Photography“ und präsentieren zeitgenössische Arbeiten neben historischen Bildern. Letztere stammen aus privatem Besitz, dem Firmenarchiv der BASF, dem Glasplattenarchiv der Kunsthalle Mannheim und der Landessternwarte Heidelberg. Die Kuratoren wollen mit „Farewell Photography“ den Blick auf „die sich verändernden Erscheinungsformen, Materialitäten, Funktionen und Gebrauchsweisen von Fotografie“ richten. Wie prägt etwa der Abschied von der klassischen Fotografie die sozialen, journalistischen und künstlerischen Praktiken und wie verändert sich mit der digitalen Speicherung die Natur der Fotografie?
Die Ausstellung „1x1 der Kamera“ im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen beschäftigt sich mit den „Bruchstellen im Übergang von analoger zu digitaler Fotografie“, so die Kuratorin Kathrin Schönegg. Thema sind die Mythen und das Material der Fotografie, wobei sich der Parcours der Schau an einem Fotohandbuch orientiert. Die Ausstellung zeigt die unterschiedlichen Ebenen des Produktionsprozesses auf, etwa von der Belichtung über die Entwicklung bis hin zu den diversen Ausgabeformaten des Fotos.
Im Wasserturm in Mannheim schuf der Österreicher Arno Gisinger die raumgreifende Installation „Gespenstergeschichten“. Ausgangspunkt ist das Glasplattenarchiv der Kunsthalle Mannheim, die vorwiegend aus Kunstreproduktionen, Architekturfotografie und Ausstellungsdokumentation seit der Gründung der Kunsthalle 1907 bis in die 1960er Jahre besteht. Diese Bilder spiegeln nicht nur die Geschichte des Museums, sondern auch den Wandel der Ausstellungspolitik, die der Fotograf in einen zeitgenössischen Wahrnehmungskontext überführt hat.
Die Sammlung Prinzhorn in Heidelberg wirft in der Schau „Wer bist du? Das bist du!“ die Frage auf, was das Portrait über den Dargestellten verrät oder verschweigt. Durch die sozialen Medien ist das menschliche Abbild allgegenwärtig. Wie kommt es, dass einige Bildnisse Sympathie erwecken, während andere Gleichgültigkeit oder Abscheu hervorrufen. In der Ausstellung kombinierte die Kuratorin Christin Müller historische Portraits der klinischen Psychiatrie mit künstlerischen Fotos, darunter Arbeiten von Hermann Behle, Peggy Buth, Oskar Herzberg, Zanele Muholi, John Smith und Marianne Wex. Präsentieren die einen das Gesicht eines Menschen gegen seinen Willen, spielen andere mit ihrem Format oder Stereotypen. Die Frage „Wer bist Du?“ richtet sich auch an den Betrachter, da die Bilder schließlich auch die eigenen Vorlieben, Konventionen und Vorurteile vor Augen führen.
Eines der Projekte im Öffentlichen Raum ist Marc Lees Thematisierung der Bundestagswahl in der Buchhandlung Thalia am Paradeplatz in Mannheim. Zentral ist der Meinungskampf in den sozialen Medien. Hierbei vereint Lee aktuelle Twitter-, Youtube- und Instagram-Posts zu einer TV-Installation. Sein Ziel ist es, den Wahlkampf aus der „Echokammer“ der sozialen Medien in die Öffentlichkeit des Stadtraumes zurückzubringen.
Die erste Biennale für aktuelle Fotografie gilt als das größte kuratierte Festival in Deutschland, das sich auf Fotografie spezialisiert hat. Das übergreifende Konzept verbindet dabei die drei Städte Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen sowie die teilnehmenden Kulturinstitutionen. Die diesjährigen Gastkuratoren sind Kerstin Meincke, Christin Müller, Kathrin Schönegg sowie Florian Ebner, Fabian Knierim und Boaz Levin.
Die Biennale für aktuelle Fotografie läuft bis zum 5. November. Eine weitere Neuerung betrifft die Eintrittspreise, deren Höhe die Besucher eigenständig an speziellen Bezahlstationen festlegen dürfen. Für das „Pay What You Want“-Prinzip empfehlen die Verantwortlichen unverbindlich eine Zahlung von 7 Euro pro Ausstellungsort. Begleitend erscheint ein Katalog für 27 Euro. Weitere Informationen sind auf der Internetseite www.biennalefotografie.de abrufbar.
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