Sirin Simseks Hüzün in KölnDie neue Ausstellung der Artothek in Köln widmet sich ab heute der aktuellen Chargesheimer-Stipendiatin Sirin Simsek und ihrem Film „Hüzün“, der dort uraufgeführt wird. Eigens für die Schau entwickelte das Haus in Zusammenarbeit mit der Künstlerin dazu eine spezielle Rauminstallation. „Hüzün“ zeigt Aufnahmen von dem Touristenort Side an der türkischen Riviera zwischen Alanya und Antalya. Sirin Simsek bereiste die von aktuellen politischen Entwicklungen beeinflussten Gegenden, in denen der Tourismus gerade nahezu still steht. Das Gefühl der Trostlosigkeit verstärkt sich durch die Ruhe der Nachsaison. Simseks fängt dieses Moment in ihren intuitiv gewählten Motiven ein und greift die derzeitige Ausnahmesituation der Türkei auf. Der Film macht deutlich, wie sich ein touristisch florierendes Zentrum eines vormals demokratischen Staates unter einem totalitären Regime zu einem verlassenen dystopischen Gebiet entwickelt hat.
Das türkische Wort „Hüzün“ bedeutet Trübsinn, Traurigkeit, Schmermut oder Melancholie und war namensgebend für Simseks Films: „Das Hüzün, das ich empfinde, ist eine Heimat in der Ferne, die nicht meine ist und von der ich mich immer mehr entfremde. Gleichzeitig will und kann ich sie nicht aufgeben. Ich frage mich in letzter Zeit immer häufiger, ob und wie es möglich ist, sich mit einem Land oder gar einer Nation zu identifizieren. In meinem Fall sind es sogar zwei Länder, die sich um mein Gefühl der Zugehörigkeit streiten: Das Land, in dem ich geboren und aufgewachsen bin, und das Land, in dem meine ‚Wurzeln‘ zu finden sind.“
Sirin Simsek, 1983 in Köln geboren, studierte an der Hochschule Düsseldorf Fotografie und anschließend an der Kölner Kunsthochschule für Medien bei Phil Collins, Johannes Wohnseifer und Konstantin Butz. 2015 erhielt sie ein Residenzstipendium und lebte längere Zeit in Island. Zusammen mit der Künstlerin Melike Kara leitet sie den Projektraum Agnes Maybach in Köln. Simsek verwendet für ihre Kunst die neuen Medien Film, Fotografie und Video. Im Fokus ihrer Arbeiten stehen alltäglich erscheinende Situationen, die aber durch irritierende Verschiebungen den Betrachter mit Fragen zurücklassen. Ihre Arbeit wurde dieses Jahr mit dem Chargesheimer-Stipendium für Medienkunst gewürdigt. So schreibt die Jury: „Sirin Simseks Arbeiten sind nicht nur handwerklich sehr professionell und inhaltlich spannend, sondern sie sind persönlich und zugleich politisch, sachlich und zugleich poetisch.“
Das mit 10.000 Euro dotierte Chargesheimer-Stipendium für Medienkunst der Stadt Köln wird seit 1980 an junge Künstler aus dem nordrhein-westfälischen Raum vergeben. Die Auszeichnung ging bisher unter anderem an Boris Becker, Angie Hiesl, Astrid Klein, Marcel Odenbach, Ulrike Rosenbach und Klaus vom Bruch.
Die Ausstellung „Sirin Simsek – Hüzün“ läuft vom 7. bis zum 23. Dezember. Die Artothek hat dienstags bis freitags von 13 bis 19 Uhr und samstags von 13 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Artothek – Raum für junge Kunst
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