Jerg-Ratgeb-Preis für Olaf Metzel  |  | Der Jerg-Ratgeb-Preis 2018 geht an Olaf Metzel | |
Olaf Metzel erhält heute Abend den Jerg-Ratgeb-Preis 2018. Damit ehrt die HAP-Grieshaber-Stiftung Reutlingen einen der „bedeutendsten deutschen Bildhauer der Gegenwart“. In seinen Arbeiten, ob nun für den öffentlichen Raum oder für Ausstellungssituationen entstanden, lege er stets den Finger in die Wunden latenter gesellschaftlicher Konflikte, so die Jury weiter. Ihr gehörten in diesem Jahr die Künstler Bettina van Haaren, Henning Kürschner und Mark Lammert, die Kunsthistoriker Tilman Osterwold, Jutta Penndorf und Heinz Spielmann sowie Herbert Eichhorn als Vertreter der HAP-Grieshaber-Stiftung an. Der 1952 in Berlin geborene und heute in München lebende Olaf Metzel darf sich nun über ein Preisgeld von 20.000 Euro und eine Ausstellung im Kunstmuseum Spendhaus in Reutlingen mit begleitender Publikation freuen.
Für sein künstlerisches Material greift Olaf Metzel auf meist unspektakuläre Fundstücke und Werkstoffe aus der Alltags- und Massenkultur zurück. Seine Materialwahl, seine teilweise recht gewaltsamen bildhauerischen Eingriffe – es wird zerstört oder doch zumindest heftig verformt –, aber vor allem die inhaltliche Zuspitzung, die seinen Werken eigen ist, sorgen immer wieder für Irritation. Vor allem seine frühen Arbeiten, etwa „Stammheim“ von 1984 für den Lichthof des Württembergischen Kunstvereins in Stuttgart, mit der Metzel in die gesellschaftliche Diskussion über die Terrorakte der „Roten Armee Fraktion“ eintrat, wurden äußerst kontrovers diskutiert. Aber auch heute noch lösen manche Arbeiten des Künstlers ablehnende, ja sogar aggressive Reaktionen aus, so etwa 2006 seine skulpturale Installation „Auf Wiedersehen“ am Nürnberger Hauptmarkt. Zur Fußballweltmeisterschaft hatte Olaf Metzel dort den „Schönen Brunnen“, ein Wahrzeichen der Stadt, mit 780 Sitzen aus dem Olympiastadion in Berlin verhüllt, was nicht jedem gefiel.
In der Ausstellung „Mir ist das schwarze Quadrat lieber als die rote Fahne“, mit der das Städtische Kunstmuseum Spendhaus die Preisverleihung begleitet, werden einige ikonische Werke von Olaf Metzel durch Modelle und Skizzen vorgestellt. Daneben sind einige exemplarische ältere und neuere raumgreifende Arbeiten versammelt, darunter die eigens für die Ausstellung geschaffene Schrottskulptur „fade to grey“. Zu sehen ist etwa auch die „Viererbande“ und dabei vier an der Wand hängende Halsschlingen, mit denen Olaf Metzel auf die grausame chinesische Führungsklicke während der Kulturrevolution anspielt. Trotz aller Bezüge zum Zeitgeschehen geht es dem Bildhauer stets um ein künstlerisches Tun, um formalästhetische Aspekte oder um Rückgriffe auf die Kunstgeschichte, die er mit gesellschaftlichen und politischen Anliegen eindrucksvoll in Einklang bringt.
Die Idee, durch einen Preis an Jerg Ratgeb, einen Maler des Spätmittelalters, zu erinnern, der im Bauernkrieg auf der Seite der Aufständischen kämpfte, stammt von HAP Grieshaber und dem Bildhauer Rolf Szymanski. Zur 450. Wiederkehr der Bauernkriege wurde er erstmals 1977 an Rudolf Hoflehner vergeben. Nach Grieshabers Tod führt die HAP-Grieshaber-Stiftung seit 1987 die Auszeichnung weiter und legt sie derzeit alle vier Jahre auf. Zu den bisherigen Preisträgern zählen Emil Schumacher, Wilhelm Loth, Carlfriedrich Claus, Armando, Walter Stöhrer, Lucian Freud, Hartwig Ebersbach, Josua Reichert und zuletzt 2014 Joannis Avramidis.
Die Ausstellung „Olaf Metzel – Mir ist das schwarze Quadrat lieber als die rote Fahne. Jerg-Ratgeb-Preis 2018“ läuft vom 5. Mai bis zum 8. Juli. Das Kunstmuseum Spendhaus hat täglich außer montags von 11 bis 17 Uhr, donnerstags bis 19 Uhr sowie sonn- und feiertags bis 18 Uhr geöffnet. Zur Ausstellung erscheint die Publikation im Snoeck Verlag für 24 Euro.
Städtisches Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen
Spendhausstraße 4
D-72764 Reutlingen
Telefon: +49 (0)7121 – 303 22 13
Telefax: +49 (0)7121 – 303 27 06 |