Georgischer Modernismus in Zürich In der Zeit um 1918 und in den Jahren danach entwickelte sich die georgische Hauptstadt Tiflis zu einem im übrigen Europa bis heute kaum beachteten kulturellen Zentrum. Diesem „Paris des Ostens“ widmet die Kunsthalle Zürich unter dem Titel „Georgischer Modernismus: Die Fantastische Taverne“ derzeit eine Ausstellung. In Tiflis trafen lokale Avantgarde und exilierte internationale Künstler aufeinander. Es war eine Zeit, in der sich Malerei, Skulptur, Zeichnung, Bühnenbild, Musik, Poesie, Wandmalerei, Literatur, Volkskunst, Ethnografie, Forschung, Typografie und Buchproduktion gegenseitig inspirierten und herausforderten.
Laut der georgische Kunsthistorikerin Nana Kipiani, die die Schau kuratiert hat, entwickelte sich eine rege Kunstproduktion, die frühe Werbefilme fürs Theater, sozialkritische Komödien und eindrückliche Dokumentarfilme, unter anderem auch von Nutsa Gogoberidze, der ersten Filmmacherin Georgiens, hervorbrachte. Außerdem entstanden damals ein georgischer Dadaismus, Irakli Gamrekelis wegweisende Bühnenbilder, Niko Pirosmanis Malerei, David Kakabadze brachte Kunst und Forschung zusammen, Ilya Zdanevic dichtete die georgische Version von Zaoum, einem futuristischen Lyrikstil aus Russland, und baute sein interdisziplinäres Unternehmen 41° auf, das eine Universität, einen Verlag und eine Künstlergruppe in sich barg. All dies zeigt die Schau in Kunstwerken, aber auch in zahlreichen Dokumenten und Fotografien und wird so zu einem in den Raum übertragenen Geschichtsbuch.
Trotz des historischen Ausgangspunkts legt Nana Kipiani großen Wert darauf, auch die zeitgenössische Kunst und Kunstproduktion zu Wort kommen zu lassen. Dies geschieht beispielsweise über Beiträge der Keramikkünstlerin Lia Bagrationi, des Malers, Fotografen und Videokünstlers Levan Chogoshvili, des Objektkünstlers Emil Michael Klein und der Künstlerin Tea Tabatadze. Sie sind die Erben des georgischen Modernismus, in denen das Lebensgefühl und der Geist der Blütezeit um 1918 fortbestehen.
Die Ausstellung „Georgischer Modernismus: Die Fantastische Taverne“ läuft bis zum 4. November. Die Kunsthalle Zürich hat dienstags, mittwochs und freitags von 11 bis 18 Uhr, donnerstags von 11 bis 20 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 12 Franken, ermäßigt 8 Franken, für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre ist er frei.
Kunsthalle Zürich
Limmatstrasse 270
CH-8005 Zürich
Telefon: +41 (0)44 – 272 15 15
Telefax: +49 (0)44 – 272 18 88 |