Sotheby’s wird 275 Jahre alt | | Die legendäre Goldschmidt-Auktion 1958 bei Sotheby’s | |
Heute feiert Sotheby’s seinen 275. Geburtstag. Mit einer Bücherauktion starte Samuel Baker am 11. März 1744 in London sein Unternehmen. Auf dem Programm standen damals „mehrere hundert seltene und wertvolle Bücher aus allen Bereichen der Literatur“, die einen Gesamtbetrag von 826 Pfund einbrachten. Seinen Namen hat das Auktionshaus von Barkers Neffen John Sotheby, der 1778 in die Firma eintrat. 200 Jahre lang dominierten Bücher und Handschriften das Geschäft. So gingen 1823 Napoleons Bibliothek, 1928 Lewis Carrolls Originalmanuskript zu „Alice’s Adventures Under Ground“, 1987 Albert Einsteins Relativitätstheorie oder 2006 die Bücher von Martin Luther King bei Sotheby’s übers Auktionspult.
Heute gehört das international tätige Unternehmen mit 80 Niederlassungen in 40 Ländern und rund 300 Auktionen zu den größten Versteigerern weltweit und hat längst die bildende Kunst, Kunsthandwerk, Design, Sammlungsauflösungen und Hausverkäufe, Wein, Schmuck und die gehobene Immobilienwelt in sein Portfolio integriert. Den Aufstieg zu einem der führenden Auktionshäuser verdankt Sotheby’s dem langjährigen Chairman Peter Cecil Wilson, der das Haus von 1958 bis 1980 leitete. Nach dem Zweiten Weltkrieg trieb er strategisch die Internationalisierung der Firma voran. Schon 1955 eröffnete Sotheby’s ein Büro in New York, 1964 übernahm es dann den führenden New Yorker Auktionator Parke-Bernet und hatte damit seinen Fuß tief in den lukrativen amerikanischen Markt gesetzt.
Wilson gilt auch als Erfinder der prestigeträchtigen „Evening Sales“. Dazu präsentierte er 1958 nur sieben impressionistische Gemälde aus der Sammlung des deutsch-jüdischen Bankiers Jakob Goldschmidt, die es aber in sich hatten. Die Marketingmaschine um die Meisterwerke von Edouard Manet, Paul Cézanne, Vincent van Gogh und Pierre-Auguste Renoir zog die Massen und Stars wie Kirk Douglas, Anthony Quinn und Lady Churchill an, kreierte den ersten Gala-Event der Auktionsgeschichte und spülte 781.000 Pfund in die Sotheby’s-Kassen. 1973 stand dann die Expansion nach Asien auf dem Plan, 1988 fand die erste Auktion in Moskau statt, im vergangenen die erste in Mumbai.
1973 war auch das Jahr, in dem Sotheby’s groß in den Zeitgenossenmarkt einstieg und in der Auktion „A Selection of Fifty Works from the Collection of Robert C. Scull“ Werke der damals noch lebenden Amerikaner Andy Warhol, Jasper Johns und Robert Rauschenberg offerierte. 2,2 Millionen Dollar Umsatz waren das stolze Ergebnis. 2008 ging dann Damien Hirst eine Liaison mit Sotheby’s ein und ließ in London 218 Werke direkt aus seinem Atelier für 111,5 Millionen Pfund versteigern. Weitere markante Höhepunkte waren 2004 der Verkauf von Pablo Picassos Gemälde „Garçon à la pipe“, der brutto erstmals die 100 Millionen Dollar-Marke durchbrach, 2012 Edvard Munchs „Der Schrei“ für netto 107 Millionen Dollar oder im vergangenen Jahr von Amedeo Modiglianis „Nu couché“ für 139 Millionen Dollar.
Heute verändert vor allem die digitale Entwicklung das Geschäft von Sotheby’s. So wurden im vergangenen Jahr schon 37 Prozent der Käufe online getätigt und daher vor kurzem auch eine neue Software für Online-Auktionen installiert. Selbst wenn der Erzrivale Christie’s mit einem Ergebnis von rund 7 Milliarden Dollar etwas besser dasteht, konnte Sotheby’s seinen Umsatz im vergangenen Jahr um 16 Prozent auf 6,4 Milliarden Dollar steigern. Dies war der ARD-Börsensendung heute zum 275. Geburtstag sogar einen Beitrag in der Rubik „Aktie des Tages“ wert.
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