Sammlung Bienert für Städtische Galerie Dresden  |  | Otto Lange, Selbst bei Nacht im Atelier, 1920 | |
Die Städtische Galerie Dresden konnte durch Unterstützung öffentlicher und privater Stiftungen ein umfangreiches Konvolut an Arbeiten auf Papier aus der ehemaligen Sammlung Friedrich Bienert erwerben. Einige der Werke aus den 1910er und 1920er Jahren gehören zu den Meilensteinen der Dresdner Kunstgeschichte. Sie schließen auch die empfindliche Lücke, die durch die Aktion „Entartete Kunst“ und Kriegsverluste gerissen wurde. Die städtischen Sammlungen verloren nahezu den kompletten Bestand expressionistischer Kunst, darunter Hauptwerke von Otto Dix, George Grosz, Arbeiten der „Brücke“ und der „Dresdner Sezession – Gruppe 1919“.
Der Ankauf aus der Sammlung Bienert bildet innerhalb der grafischen Sammlung des städtischen Kunstmuseums einen neuen Schwerpunkt im Bereich der Klassischen Moderne. Bei der Mappe „Dresdner Sezession – Gruppe 1919“ mit zwölf Druckgrafiken von Otto Dix, Wilhelm Heckrott, Eugen Hoffmann, Otto Lange, Constantin von Mitschke-Collande, Lasar Segall und einem Text von Will Grohmann handelt es sich um die einzige gemeinsame Edition dieser Künstlervereinigung. Bisher sind nur zwei weitere Exemplare – in der grafischen Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart und im Dresdner Kupferstich-Kabinett– bekannt. Letztere ist allerdings unvollständig.
Die 1922 entstandene „Zirkus-Mappe“ mit zehn Radierungen von Otto Dix gehört zu den letzten Arbeiten, die der Künstler in Dresden ausführte, bevor er sich in Düsseldorf niederließ. Sie belegt zugleich die enge Verbindung zwischen Bienert und Dix. Conrad Felixmüller wurde bereits früh von Friedrich und seiner Mutter Ida Bienert gefördert. So wundert es nicht, dass er sowohl mit einem Konvolut von 13 Zeichnungen aus den Jahren 1916/17, als auch mit einem gezeichneten Doppelporträt von Ludwig Meidner und Raoul Hausmann von 1915 und den 1918 gefertigten Holzschnitten „Mann und Frau“ und „Verlobung“ vertreten ist. Von besonderer Bedeutung für die Sammlungsgeschichte ist das Aquarell „Mutter und Kind“, das Emil Nolde um 1920 gemalt hat, da es das einzig nennenswerte Werk aus dem Zusammenhang der Brücke-Künstler ist.
Zusätzlich zum Ankauf erhielt die städtische Galerie von den Erben der Familie Bienert 13 Zeichnungen und Druckgrafiken als Schenkung, darunter weitere Arbeiten von Otto Dix und Conrad Felixmüller, aber auch von Josef Hegenbarth, Robert Henze, Walter Jacob, Fritz Maskos und Albert Wigand. Aktuell präsentiert die Sonderausstellung „Aus der Sammlung Friedrich Bienert – Neuerwerbungen für die grafische Sammlung“ alle mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen angekauften Kunstwerke der Öffentlichkeit.
1891 in Plauen geboren, wuchs Friedrich Bienert in einem kunstsinnigen Haushalt auf. Neben seiner Tätigkeit als Industriekaufmann im familieneigenem Unternehmen scharte er, dem Vorbild seiner Mutter folgend, einen Freundeskreis linksliberaler Künstler und Intellektueller um sich. Dazu zählten unter anderem Otto Dix, Will Grohmann, Conrad Felixmüller, Fedor Stepun, Paul Adler und Theodor Lessing. In diesem Umfeld lernte er auch seine erste Ehefrau, die Tänzerin Gret Palucca, kennen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte der bekennende Pazifist und Antifaschist für einige Jahre nach Dresden zurück; nach Gründung der DDR sah er aber keine Perspektive für sich in Ostdeutschland. Er brachte einen Großteil seiner Sammlung bei seiner mittlerweile in München lebenden Mutter unter und floh nach West-Berlin.
Die in Dresden verbliebenen Reste seiner Kollektion und seine Bibliothek wurden beschlagnahmt. Bis zu seinem Tod 1969 lebte Friedrich Bienert in bescheidenen Verhältnissen und finanzierte sich durch den Verkauf von Gemälden aus seiner Sammlung. Rund 40 Jahre später stellten Bienerts Erben einen Rückübertragungsantrag, dem 2004 stattgegeben wurde. Seinen Nachkommen war viel daran gelegen, die Werke für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So konnte man sich auf einen Kaufpreis einigen, der deutlich unter dem des Kunstmarktes lag.
Die Ausstellung „Aus der ehemaligen Sammlung Friedrich Bienert – Neuerwerbungen für unsere grafische Sammlung“ ist bis zum 22. September zu sehen. Die Städtische Galerie Dresden hat täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, freitags zusätzlich bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 5 Euro, ermäßigt 4 Euro. Freitags ist der Eintritt ab 12 Uhr frei.
Städtische Galerie Dresden
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