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Meereserwachen, 1913 / Hans Thoma

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Marktberichte

Aktuellzum Archiv:Auktions-Vorbericht

Moderne und zeitgenössischen Kunst sowie Jugendstil im Wiener Auktionshaus im Kinsky

Edel schreiben, rauchen und Kaffee trinken



Herbert von Reyl-Hanisch,  Rheintalblick mit dem Kloster Riedenburg in Bregenz, 1935

Herbert von Reyl-Hanisch, Rheintalblick mit dem Kloster Riedenburg in Bregenz, 1935

Weitgehend österreichisch dominiert ist die kommende Versteigerung von Werken der klassischen Moderne im Wiener Auktionshaus im Kinsky. Da findet sich eine fast idyllische, an den Vorabend des Ersten Weltkriegs zurückversetzte Ansicht des Wiener Praters mit Riesenrad und vornehmem Reiterpaar im Vordergrund von Oskar Laske aus dem Jahr 1951 für 60.000 bis 90.000 Euro, Herbert von Reyl-Hanisch riskiert 1935 einen neusachlichen Blick in die Spielzeuglandschaft des Rheintals mit dem Kloster Riedenburg in Bregenz für 35.000 bis 70.000 Euro, und mit mehreren ihrer monumentalen Tierbildern für bis zu 150.000 Euro ist auch Norbertine Bresslern-Roth wieder von der Partie. Nach „Ausländern“ muss man fast ein wenig suchen, entdeckt sie dann aber doch, allen voran Marc Chagall, von dem die kleine farbige Papierarbeit „Le peintre au chevalet“ für 150.000 bis 250.000 Euro bereithängt. Das Spätwerk des über 90jährigen Altmeisters stammt aus den frühen 1980er Jahren und war zuletzt 2015 im schleswig-holsteinischen Eutin öffentlich ausgestellt.


Vom jungen Egon Schiele bietet das Kinsky am 3. Dezember einen DIN A4-großen Karton mit einem 1908 in raschen farbigen Pinselstrichen hingeworfenen „Bauernhaus“ an. Viele Jahre lang gehörte das Bildchen dem 1938/39 über Frankreich nach New York emigrierten österreichischen Kunsthistoriker Otto Kallir und war in den USA während der 1960er Jahre mehrfach in Ausstellungen zu sehen (Taxe 150.000 bis 300.000 EUR). Nach einer Begegnung mit dem schweizerischen Maler Ferdinand Hodler im April 1913 hielt Koloman Moser sichtlich unter dessen Einfluss einen „Blick auf die Rax von der Villa Mautner von Markhof“ aus fest. Das am Wolfsbergkogel in Semmering gelegene Anwesen gehörte Editha Mautner, der Schwiegermutter des Künstlers. Die Schätzung von 150.000 bis 250.000 Euro ist marktgerecht; brachte eine andere, gleich große Version der symbolistischen Bergwelt bei Ketterer im Juni 2018 doch 175.000 Euro. Als Wiederentdeckung präsentiert das Auktionshaus Anton Koligs expressionistisches Gruppenbild dreier freundlicher Kinder um einen Tisch vor einem Fenster aus dem Jahr 1911, das jetzt für 100.000 bis 180.000 Euro aus Privatbesitz erstmals auf einer Auktion angeboten wird.

Klassische Moderne

Den Tiroler Expressionismus vertreten Albin Egger-Lienz mit dem markigen „Kopf eines Bauern“ von circa 1920 (Taxe 120.000 bis 200.000 EUR) und Alfons Walde mit einer sonnigen Ansicht seiner malerischen Wahlheimat Kitzbühel im Winter 1930, diesmal ganz ohne Menschen und teils im Schatten der Berge (Taxe 180.000 bis 360.000 EUR). Aus Westdeutschland nach Österreich eingewandert und dort heimisch geworden ist schon gegen Mitte der 1920er Jahre der 1904 geborene Werner Berg. Unverwechselbar kommt sein strenger, kantiger Stil im länglichen, zwischen Möbeln eingeklemmten Kopf einer „Betenden“ von 1963 (Taxe 80.000 bis 120.000 EUR) und dem melancholischen Winterbild „Neuschnee“ von 1969 zum Ausdruck (Taxe 100.000 bis 180.000 EUR).

Der nackten Weiblichkeit huldigen Arthur Brusenbauch mit einer auf dem Waldboden sanft Schlummernden von 1925 (Taxe 5.000 bis 8.000 EUR), Robin Christian Andersen mit seiner stehenden „Eva mit dem Apfel“ von 1928/29 (Taxe 18.000 bis 25.000 EUR) und Viktor Planckh mit seinem monumental vor einer Dorfkulisse knienden Akt samt weißem Tuch von 1930 (Taxe 50.000 bis 80.000 EUR). Für die Stilllebenmalerei stehen Gerhart Frankls Sommerblumenstrauß in geblümter Keramikvase von 1930 (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR), Josef Dobrowskys stärker stilisierte Gladiolen vor dunkelblauem Grund von 1931 (Taxe 7.000 bis 12.000 EUR) und Marie-Louise von Motesiczkys Zigaretten neben einem Dahlienstrauß auf einem Tisch von 1928 (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR).

Zeitgenössische Kunst

Bereits in der Abteilung zeitgenössischer Kunst am 4. Dezember findet sich Rudolf Hausners technisch aufwendige Fantasie „Adam gut getroffen“, ein mehrschichtiges Selbstbildnis im Bild von 1958/59 (Taxe 70.000 bis 120.000 EUR). Dort geht es insgesamt etwas internationaler zu als bei den Klassisch-Modernen. So stammt das Hauptlos der Versteigerung, ein sich in rundem Spiegel lachend betrachtender Chinese ohne Füße aus silberfarben angestrichenem Kunstharz, von dem Spanier Juan Muñoz. Das Ensemble ist ein Spätwerk des 2001 verstorbenen Meisters und wurde noch im Jahr seiner Entstehung 1999 auf der Art Basel vom derzeitigen brasilianischen Eigentümer erworben (Taxe 300.000 bis 500.000 EUR). Eines der fünfzig Künstlerexemplare von Andy Warhols zehnteiliger Siebdruckserie „Electric Chair Portfolio“ von 1971 schlägt mit der Hälfte zu Buche. Aus Deutschland kommen ein unbetiteltes Großformat A.R. Pencks aus den späten 1980er Jahren, das in Schwarz-Weiß zwei tanzenden Frauen zeigt (Taxe 100.000 bis 180.000 EUR), sowie Günther Ueckers benagelte, weiß lackierte und sich drehende „Lichtscheibe“ von 1967 für 250.000 bis 400.000 Euro.

Österreichische Künstler geben sich gelegentlich humorvoll, wie Erwin Wurms aufgepumptes „Fat Car“ aus silbern bemaltem Mischgips von 2005 (Taxe 60.000 bis 100.000 EUR) oder Franz Wests grün lackierte Aluminium-„Sitzwurst“ von 2001, die sich mit ihren über vier Metern derzeit noch in schweizerischem Privatbesitz erstreckt (Taxe 180.000 bis 300.000 EUR). Hier lässt sich zudem Walter Schmögners fantasievolles surreales Interieur „Dahinter ist der Waschsalon“ von 2005 einordnen (Taxe 18.000 bis 30.000 EUR). Wer es etwas poetischer mag, sei auf Max Weilers informelle Naturadaption „Sommerzeichen“ von 1989 (Taxe 150.000 bis 250.000 EUR) und Friedensreich Hundertwassers zarte „Sonnentropfen“ mit typischer Spirale aus den mittleren 1950er Jahren hingewiesen (Taxe 150.000 bis 300.000 EUR). Träumerisch sind Gunter Damischs „Blaufeldweltenflimmerflämmer“ von 2006 mit darin schwebender kleiner roter Menschengestalt (Taxe 22.000 bis 35.000 EUR), während Roland Goeschl bei seiner „Stehenden Figur“ von 1989 ganz geometrisch-konstruktiv in seinen typischen Farben Gelb, Rot und Blau in grünem Rahmen agiert (Taxe 18.000 bis 25.000 EUR).

Während Otto Muehl 1988/90 kraftvoll die Farbe à la Richter auf der quadratischen Leinwand verwischte (Taxe 35.000 bis 50.000 EUR) und Hermann Nitsch sich 2010 bei seinem Schüttbild in roter Farbe und Blut suhlte (Taxe 18.000 bis 28.000 EUR), hielt sich Hans Bischoffshausen 1963 bei seiner „Stratification de l’espace“ vornehm zurück und führte auf weißer Leinwand weiße Linien leicht kurvig zusammen (Taxe 40.000 bis 70.000 EUR). Der 1951 geborene Rudolf Polanszky ist nach der Ausstellung in der Wiener Secession 2018 einer der aktuellen Lieblinge des österreichischen Kunstmarkts und mit seinen abstrakten Arbeiten schon bis in die Sechsstelligkeit vorgedrungen. Aus seiner gefragten Werkreihe der „Reconstructions“, die durch Überlagerung, Schichtung, Überschneidung, Faltung und Verschachtelung verschiedener Materialien entstehen, listet der Katalog eine verschmiert weiß und braun bemalte hochrechteckige Konstruktion von 1992 für 60.000 bis 90.000 Euro. Brandneu ist Martha Jungwirths zwei Meter breites Ölbild „Das Trojanische Pferd“. 2019 durfte die 1940 geborene Künstlerin für den Eisernen Vorhang in der Wiener Staatsoper das seit gut zwei Dekaden jährlich wechselnde Großbild anfertigen. In diesem Zusammenhang entstand die jetzt auf 60.000 bis 100.000 Euro geschätzte Leinwand. Die Hälfte des Verkaufserlöses geht an die mit der Umsetzung des Langzeitprojekts „Eiserner Vorhang“ betraute Kunstinitiative.

Jugendstil & Design

Einen eigenen Katalog widmet das Auktionshaus traditionsgemäß einer erlesenen Suite von Arbeiten vorwiegend des österreichischen Jugendstil. Fast alle hochpreisigen Stücke stammen hier aus der 1903 gegründeten Wiener Werkstätte und wurden von Josef Hoffmann entworfen. Da werden auch schon mal um die 100.000 bis 200.000 Euro fällig, so für eine silberne rechteckige Kassette mit leicht facettierter und gewölbter Wandung von 1906 oder für eine aus Lampe, Federtasse, Tintenzeug, Briefbeschwerer, Schale und Kerzenständer mit Zündholzhalter bestehende Schreibtischgarnitur aus Alpaka von 1909. Für nicht ganz so dicke Geldbeutel offeriert das Kinsky ein 1918 entworfenes und bis 1929 hergestelltes Kaffeeservice in neoklassizistischen Formen und eine aus Perlmuschel und Birnbaumholz bestehende elegante Zigarettenkassette von 1910 für jeweils 35.000 bis 50.000 Euro an.

Aber auch andere Entwerfer melden sich zu Wort, etwa Richard Teschner, der mit Hoffmann befreundet war und daher einige Objekte für die Wiener Werkstätte gestaltete. Die unterschieden sich aber gewaltig von dem, was in der Produktionsgemeinschaft bis zum Ersten Weltkrieg üblich war. So tritt sein Ameisenbär von 1910 als patinierter Zinnguss mit Marmorkugel eher verspielt an (Taxe 6.000 bis 10.000 EUR). Klassischer ist wieder Leopold Drexlers vergoldeter Silberanhänger aus stilisierten Herzblättern mit grünem ovalem Malachit um 1910 (Taxe 2.500 bis 4.000 EUR). Bei Dagobert Peche und seiner Brosche aus Schildpatt mit silbernem Medaillon eines antikischen traubenbekrönten Kopfes von 1919 muss man mit 20.000 bis 30.000 Euro kalkulieren, für Lilly Jacobsens Pillendose um 1920 mit dem Emailbild eines Harlekin mit 5.000 bis 9.000 Euro. Den Glassektor vertritt Otto Prutscher mit einem typischen Weinglas samt gelbem geometrischem Überfangdekor von 1908, in dessen Stand ein Widmung und Datierung eingraviert ist (Taxe 6.000 bis 10.000 EUR). Bei Karl Massanetz und seinem Kelchglas mit stilisierten Blüten und Blättern in Schwarzlot- und Goldmalerei nach 1914 geht es wieder schwungvoller zu (Taxe 2.000 bis 3.000 EUR).

Die Frauenriege macht sich vor allem in der Keramikabteilung breit. Dort gibt es etwa Lotte Calms kleinen Akt einer Sitzenden von 1923/25 (Taxe 1.200 bis 2.000 EUR), Gudrun Baudischs gleichaltrigen, charakteristisch überlängten Art Déco-Frauenkopf (Taxe 3.000 bis 5.000 EUR) oder Vally Wieselthiers schon brav angezogene Figuren „Adam und Eva“ beim Apfelessen vom Baum der Erkenntnis (Taxe 1.800 bis 3.000 EUR). Bei ihrem männlichen Mitspieler Michael Powolny und seiner großen leicht blau glasierten Puttenfigur in Gestalt des Papageno aus Mozarts „Zauberflöte“ von 1913 wird es mit 10.000 bis 20.000 Euro wieder etwas teurer. Wie in der Sommerauktion hat das Kinsky eine Suite mit symbolistischen Skulpturen von George Minne zusammengestellt. Sie sind etwas günstiger als im Juni angesetzt und verlangen unter anderem 28.000 bis 45.000 Euro für die Marmorausführung des nackten elegisch „Knienden“ von 1898.

Die Auktionsrunde beginnt am 3. Dezember um 15 Uhr mit „Jugendstil & Design“, ab 18 Uhr folgt die „Klassische Moderne“. Der 4. Dezember ist ab 16 Uhr der „Zeitgenössischen Kunst“ vorbehalten. Die Besichtigung findet bis zum Auktionsbeginn täglich von 10 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 10 bis 17 Uhr statt. Der Internetkatalog listet die Objekte unter www.imkinsky.com.

Kontakt:

im Kinsky - Kunst Auktionen GmbH

Freyung 4

AT-1010 Wien

Telefax:+43 (01) 532 42 00-9

Telefon:+43 (01) 532 42 00

E-Mail: office@imkinsky.com

Startseite: www.imkinsky.com



29.11.2019

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Johannes Sander

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03.12.2019, Jugendstil & Design – Klassische Moderne – Zeitgenössische Kunst

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Egon
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Josef Hoffmann, Kaffeeservice, 1918
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Leopold Drexler,  Anhänger mit Kette, um 1910

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Taxe: 2.500 - 4.000 EURO

Losnummer: 18

Richard Teschner,  Ameisenbär, 1910

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Taxe: 6.000 - 10.000 EURO

Losnummer: 6

Josef Hoffmann,  Zigarettenkassette, 1910

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Taxe: 35.000 - 50.000 EURO

Losnummer: 26

Josef Hoffmann,  Schreibtischgarnitur, 1909

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Taxe: 100.000 - 200.000 EURO

Losnummer: 27

Egon Schiele,  Bauernhaus, 1908

Egon Schiele, Bauernhaus, 1908

Taxe: 150.000 - 300.000 EURO

Losnummer: 304

Josef Hoffmann,  Kaffeeservice, 1918

Josef Hoffmann, Kaffeeservice, 1918

Taxe: 35.000 - 50.000 EURO

Losnummer: 22

Koloman Moser,  Blick auf die Rax von der Villa Mautner von Markhof, um 1913

Koloman Moser, Blick auf die Rax von der Villa Mautner von Markhof, um 1913

Taxe: 150.000 - 250.000 EURO

Zuschlag: 150.000,- EURO

Losnummer: 309




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