Kurt Günther in Gera Unter dem Titel „Zwischen Dur und Moll“ widmet die Kunstsammlung Gera dem Maler Kurt Günther noch bis zum 8. März eine Einzelausstellung. Vom den Künstler der Neuen Sachlichkeit, der neben Otto Dix zu den Hauptvertretern des sozialkritischen Realismus in Thüringen zählt, präsentiert das Museum über 100 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken. Der bekannte Kunstkritiker Franz Roh sah 1928 in Günthers Arbeiten ein Changieren „zwischen Dur und Moll, Taghelle und Nächtlichkeit, zwischen Unschuld und Raffinement, Grauen und Bewunderung“ und stellte ihn auf eine Stufe mit Dix.
1893 in Gera als Sohn des Besitzers einer lithografischen Anstalt geboren, schien Günthers Weg vorgezeichnet. Um Entwerfer für Lithografie zu werden, studierte er in Leipzig und Dresden. 1914 wurde er zum Militärdienst einberufen. Wegen einer schweren Lungenerkrankung vorzeitig entlassen, begab er sich nach einem Heimataufenthalt zur Genesung nach Davos, wo er Ernst Ludwig Kirchner kennenlernte. Ende 1919 kehrte Kurt Günther in den Dresdner Künstlerkreis um Otto Dix, Otto Griebel und Conrad Felixmüller zurück und gelangte in die Einflusssphäre der dortigen Sezession. Die Formensprache des als unzeitgemäß empfundenen Expressionismus wurde zunehmend durch aufrüttelnde sozialkritische Darstellungen abgelöst, die vor allem das Proletarier- und Rotlichtmilieu wiedergaben. Mit der Veränderung der Bildmotive erfolgte eine Wandlung der Bildsprache: ein neuer Realismus hielt Einzug in das Schaffen der Künstler.
1924 kehrte Kurt Günther in die kulturell anregende Atmosphäre der Großstadt Gera zurück. Hier schuf er neben erotischen Frauendarstellungen vor allem zahlreiche Porträts. Zu seinen Hauptwerken zählt etwa das „Selbstporträt mit Fliege“ von 1925. Schmallippig und mit ernster Miene mustert Günther darin den Betrachter. Seine blonden Haare streng gescheitelt, wirkt sein Blick beinahe verloren und einsam. Seinen tief eingefallenen und verschatteten Augen wohnt etwas Bedrohliches inne. Das bürgerliche Erscheinungsbild des Fliege tragenden Mannes wird plötzlich gebrochen, entdeckt man die lasziven weiblichen Aktdarstellungen, die den bräunlichen Hintergrund des Brustbildes säumen.
Wenige Jahre vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten erwarb Kurt Günther ein Gehöft in Kaltenborn nahe Gera, wo er fortan lebte. 1937 wurden seine Werke aus verschiedenen Museen entfernt und als „entartet“ diffamiert. In der Folge zog sich Günther in die innere Emigration zurück und schuf im Privaten vor allem Landschaftsbilder. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er von der Thüringer Landesregierung zum Professor ernannt. Geplagt von Krankheiten und fernab der großen Kunstzentren gelang ihm der künstlerische Neuanfang jedoch nicht. So litt er bis zu seinem Tod 1955 zunehmend unter Depressionen.
Die Ausstellung „Kurt Günther – Zwischen Dur und Moll“ läuft noch bis zum 8. März. Die Kunstsammlung Gera hat mittwochs bis sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 5 Euro, ermäßig 3 Euro.
Kunstsammlung Gera – Orangerie
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