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Marktberichte |
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Seltenes gesucht: Bei der Druckgrafik-Auktion von Bassenge in Berlin kämpften die Bieter um besondere Blätter  Zarte Damenhände zupfen Skelettleier

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 |  | Arent van Bolten, nach Ornamentblatt mit zwei auf Monstern reitenden Affen – Ornamentblatt mit grotesken Gestalten | |
Der niederländische Silberschmied und Modelleur Arent van Bolten muss ein origineller Mann gewesen sein; das legen jedenfalls seine Entwürfe nahe, nach denen der Pariser Verleger Pierre Firens zwischen 1604 und 1616 eine Folge von Kupferstichen herausgegeben hat. Auf einem der Blätter schreiten zwei straußenartige Wesen mit prallen Eutern und seltsamer Kopftracht über die Prärie. Sie werden von Affen beritten, deren vorderer just im Moment der Aufnahme ungeniert seine Winde verbreitet. Auf einem weiteren Stich steht ein Menschenpaar mit eselsartigen Ohren zwischen zwei grotesken Masken, auf denen koboltartige Mischwesen ihrer musikalischen oder auch obszönen Beschäftigung nachgehen. Die beiden Drucke regen heute noch zum Schmunzeln an, und auf der vergangenen Versteigerung von Druckgrafik bei Bassenge in Berlin animierten sie auch zu eifrigem Mitbieten. Auf 1.200 Euro angesetzt, verbesserten sie ihre Schätzung im Zuschlag auf 4.000 Euro.
Insgesamt erlebte Bassenge am 3. Juni eine sehr gute Versteigerung von Druckgrafik des 15. bis frühen 20. Jahrhundert. Die Corona-Krise konnte die Kauflaune nicht dämpfen. Nicht nur lag die Zuschlagsquote nach Anzahl der Lose bei über 72,5 Prozent, auch hohe Einzelpreise – vor allem für seltene Werke – sorgten für eine gute Bilanz. So erzielte der satirische Kupferstich „Der Esel in der Schule“ von Pieter van der Heyden nach einer Zeichnung Pieter Bruegels d.Ä. von 1557 stolze 22.000 Euro (Taxe 6.000 EUR). „Der Belgische Wagen“, eine weitere Reproduktion desselben Künstlers, diesmal von Joannes und Lucas van Doetecum aus der Serie „Die großen Landschaften“ von circa 1555/56, brachte 7.500 Euro ein (Taxe 3.000 EUR). 10.000 Euro erreichte Jan Harmensz Mullers Wiedergabe des berühmten Herkules-Hydra-Brunnens in Augsburg von Adriaen de Vries aus dem beginnenden 17. Jahrhundert (Taxe 2.400 EUR).
Fast unmittelbar nacheinander setzten zwei Italiener die lautesten Paukenschläge der Auktion. Zunächst ging es um einen manieristischen Kupferstich des 1574 in Bologna gestorbenen Girolamo Fagiuolis auf Basis einer Zeichnung Francesco Salviatis. Die Darstellung Adam und Evas mit dem Knaben Abel in einer wilden Landschaft wurde ob ihrer ausgezeichneten Qualität und Seltenheit von 2.800 auf 75.000 Euro gesteigert. Zwei Losnummern später zog der etwa zeitgleich mit Fagiuoli in Verona tätige Giulio Fontana mit seiner Radierung „Die Schlacht bei Cadore“ nach einem heute verlorenen Fresko Tizians im Palazzo Ducale in Venedig bei 85.000 Euro sogar noch vorbei (Taxe 7.500 EUR). Auf 19.000 Euro konnte sich wiederum drei Lose danach Giorgio Ghisis skurril-gruselige „Vision des Ezechiel“ nach einer Vorlage Giovanni Battista Bertanis mehr als verdreifachen (Taxe 6.000 EUR).
Zu den ältesten Offerten der Auktion gehörte eine brutale „Schlacht der Seegötter“ von dem Kupferstich-Pionier Andrea Mantegna um 1493 für 17.000 Euro (Taxe 18.000 EUR). Israhel van Meckenems etwa gleichzeitiger, aber noch spätgotisch ausgeformter „Tod Mariens“ nach Martin Schongauer kostete 10.000 Euro, während von Schongauer selbst das „Wappenschild mit einem Schwan, von einer sitzenden Dame gehalten“ ebenfalls auf 10.000 Euro kam (Taxe je 6.000 EUR). Bei 9.500 Euro landete das symbolreiche Blatt „Gift und Gegengift“ mit kämpfenden Tieren, Ungeheuern und einem Mann mit Schild aus der Hand eines unbekannten Künstlers, der als Meister der Enthauptung des Johannes bezeichnet wird und wohl im Ulm um 1500 tätig war (Taxe 3.000 EUR).
Zur teuersten Grafik Albrecht Dürers avancierte der 1514 datierte Kupferstich „Hieronymus im Gehäuse“ für ebenfalls unerwartete 40.000 Euro (Taxe 15.000 EUR). Bei 6.000 Euro reüssierte der Holzschnitt „Adam und Eva im Garten Eden“ noch einträchtig in der Natur mit einer Darstellung Gottvaters im Wolkenhintergrund, geschaffen um 1540 von Erhard Altdorfer, dem jüngeren Bruder Albrecht Altdorfers (Taxe 3.000 EUR). Nicht veräußert werden konnte das Hauptlos der Auktion, Rembrandts berühmtes „Hundertguldenblatt“ von circa 1648 mit Christi Heilung der Kranken für 60.000 Euro. Dafür verbesserten sich sein 1642 datierter „Flötenspieler“ von 4.000 Euro auf 9.500 Euro und der sogenannte Vierte Orientalenkopf frei nach Jan Lievens von 6.000 Euro auf 9.000 Euro.
Bei der Druckgrafik des 18. und 19. Jahrhunderts blieben die Preise insgesamt moderater. Einziger fünfstelliger Betrag waren 14.000 Euro für eine romantische, wegen ihrer gemäldehaften Technik bemerkenswerte Ruinenlandschaft aus dem Jahr 1802 von einem in Offenbach am Main tätigen Lithografen namens Matthias Koch. Auch hier war die Seltenheit für den Preisanstieg ausschlaggebend (Taxe 4.000 EUR). Ein Konvolut von mehr als fünfzig Radierungen aus Giovanni Battista Piranesis Abkonterfaktur antiker Kunstobjekte verdreifachte seinen Wert auf 7.500 Euro, eine schöne Radierung des süddeutsch-österreichischen Barockmalers Franz Sigrist mit Lot und seinen Töchtern, die ihn eben trunken machen, vor dem brennenden Sodom erlöste 4.600 Euro (Taxe 750 EUR).
Gut kamen auch zwei Künstlerbildnisse an: der Däne Vilhelm Hammershøi, radiert im Jahr 1900 von Peter Ilsted, ging für 9.000 Euro eine neue Bekanntschaft ein (Taxe 2.200 EUR), und Karl Stauffer-Berns 1885 erstelltes Profil Adolph von Menzels im Alter von siebzig Jahren wurde für 4.800 Euro übernommen (Taxe 1.200 EUR). Auch Georg Jahns selbstbewusstes Selbstbildnis von 1908 konnte sich über 1.800 Euro freuen (Taxe 400 EUR). Etwas makaber wurde es noch einmal mit Erich Fritz Hübners farbiger Radierung „Lebensleier“, bei der die von zarten Damenhänden gezupften Saiten zwischen ein gebogenes Menschengerippe gespannt sind. Das gefiel mehreren Bietern, die dafür immerhin 4.000 Euro spendierten (Taxe 300 EUR). Gute Beträge heimsten schließlich die Einlieferer mehrerer Arbeiten von und nach Max Klinger ein, darunter 8.500 Euro für die hochformatige Aquatintaradierung „Verführung“ von 1883 in einem Frühdruck (Taxe 1.800 EUR).
Alle Preise verstehen sich als Zuschläge ohne das Aufgeld. |  | Kontakt: Galerie Bassenge Erdener Straße 5a DE-14193 Berlin |
 | Telefon:+49 (030) 893 80 290 | Telefax:+49 (030) 891 80 25 |  |  | E-Mail: info@bassenge.com |  | Startseite: www.bassenge.com |
30.06.2020 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Johannes Sander |  |
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 Giulio Fontana, Die
Schlacht bei Cadore,
1569 |  | Taxe: 7.500,- EURO Zuschlag: 85.000,- EURO Losnummer: 5090 |  |  |  |  |  | 
 Pieter van der
Heyden, Der Esel in
der Schule, 1557 |  | Taxe: 6.000,- EURO Zuschlag: 22.000,- EURO Losnummer: 5047 |  |  |  |  |  | 
 Girolamo Fagiuoli,
Adam und Eva mit dem
Knabel Abel |  | Taxe: 2.800,- EURO Zuschlag: 75.000,- EURO Losnummer: 5088 |  |  |  |  |  | 
 Erich Fritz Hübner,
Lebensleier, 1912 |  | Taxe: 300,- EURO Zuschlag: 4.000,- EURO Losnummer: 5400a |  |  |  |  |  | 
 Israhel van
Meckenem, Der Tod
Mariens |  | Taxe: 6.000,- EURO Zuschlag: 10.000,- EURO Losnummer: 5135 |  |  |  |  |  | 
 Giorgio Ghisi, Die
Vision des Ezechiel,
1554 |  | Taxe: 6.000,- EURO Zuschlag: 19.000,- EURO Losnummer: 5093 |  |  |  |  |  | 
 Martin Schongauer,
Wappenschild mit
einem Schwan, von
einer sitzenden Dame
gehalten |  | Taxe: 6.000,- EURO Zuschlag: 10.000,- EURO Losnummer: 5210 |  |  |  |  |  | 
 Rembrandt,
Rembrandt, Vierter
Orientalenkopf
(Bildnis eines
jungen Mannes mit
Barrett nach links
gewandt), 1635 |  | Taxe: 6.000,- EURO Zuschlag: 9.000,- EURO Losnummer: 5188 |  |  |  |  |  | 
 Max Klinger, Das Fest
(Reigen), 1894 |  | Taxe: 1.200,- EURO Zuschlag: 7.000,- EURO Losnummer: 5405 |  |  |  |  |  | 
 Max Klinger,
Verführung, 1883 |  | Taxe: 1.800,- EURO Zuschlag: 8.500,- EURO Losnummer: 5404 |  |  |  |  |  | 
 Albrecht Dürer, Der
heilige Hieronymus
im Gehäuse, 1514 |  | Taxe: 15.000,- EURO Zuschlag: 40.000,- EURO Losnummer: 5079 |  |  |  |  |  | 
 Georg Jahn,
Selbstbildnis des
Künstlers, 1908 |  | Taxe: 400,- EURO Zuschlag: 1.800,- EURO Losnummer: 5401 |  |  |  |  |  | 
 Matthias Koch,
Ruinenlandschaft in
der Art Piranesis
nach eigener
Erfindung, 1802 |  | Taxe: 4.000,- EURO Zuschlag: 14.000,- EURO Losnummer: 5365 |  |  |
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