Systemrelevant? Kunsthalle Karlsruhe reagiert auf Corona-Krise | | Francisco de Goya, Ein Mann trägt einen Toten, 1815/20 | |
Die Kunsthalle Karlsruhe widmet sich in einer kurzfristig realisierten Schau dem in jüngster Zeit geflügelten Wort „Systemrelevant“. Die Kuratorinnen Leonie Beiersdorf und Dorit Schäfer haben eine Auswahl von Gemälden, Plastiken und Grafiken arrangiert, die sich auf unterschiedliche Weise dem Thema Krise widmen. Dabei sind etwa 30 Arbeiten unter anderem von Albrecht Dürer, Peter Paul Rubens, Rembrandt, Pablo Picasso, Otto Dix und Erich Heckel zusammengekommen, denen wiederrum 30 zeitgenössische Positionen gegenüber gestellt sind. Zentraler Ausgangspunkt der Ausstellung ist das soziale Spaltungspotenzial des Wortes „Systemrelevant“, das gerade in Krisenzeiten verdeutlicht, wer in unserer Gesellschaft als „System-ir-relevant“ betrachtet wird.
Die rund fünf Jahrhunderte europäischer Kunstgeschichte umspannenden Werke öffnen Assoziationsräume zu Themen wie Leid, Schmerz, Vereinzelung, Fürsorge und Hoffnung. Die Schau folgt dabei keinem Narrativ, sondern möchte verschiedene Berührungspunkte aufzeigen. Auch die Hängung nimmt Bezug auf die Corona-Krise. So folgt die Präsentation den sozialen Abstandsregeln, wodurch auf Abstand gehängte Werke auf vereinzelte und maskierte Besucher stoßen. Karl Hofers farbintensives „Selbstbildnis mit Dämonen“ von 1922/23 dürfte auf diese Weise noch beklemmender wirken als sonst. Der verängstigte Künstler, umringt von übergroßen, schaurig regungslosen Masken, könnte beinahe ein Bruder von Leiko Ikemuras wässrigem Aquarell „Fuku“ von 2012 sein, das eine schmerzverzerrte Fratze zeigt, deren Augen hilfesuchend gen Himmel gerichtet sind. Gegenüberstellungen wie diese zeigen nicht zuletzt, dass das, was in der Finanz- und Wirtschaftspolitik nicht als „Systemrelevant“ gilt, für das menschliche Leben umso wichtiger ist.
Die Ausstellung „Systemrelevant? Dass und wie wir leben“ läuft bis zum 27. September. Die Kunsthalle Karlsruhe hat dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
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