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Aktuellzum Archiv:Auktions-Nachbericht

Gute Abnahmequoten prägten die Auktion mit zeitgenössischer Kunst im Wiener Dorotheum

Mit großem Auge auf Platz eins



Maria Lassnig hieß die Überraschungssiegerin auf der jüngsten Versteigerung zeitgenössischer Kunst im Wiener Auktionshaus Dorotheum. Von der 2014 im Alter von 95 Jahren verstorbenen Malerin gelangte ein kleines, vor 2000 entstandenes Ölbild aus ihrer Body Awareness-Reihe zum Aufruf, das trotzdem im Monumentalformat ein weit geöffnetes türkisfarben leuchtendes Auge und die umliegenden Gesichtspartien zeigt. Auf 50.000 bis 60.000 Euro angesetzt, erzielte die mit breitem Pinselstrich modellierte Studie ihres rechten Auges, das ein wenig unsicher und fragend, aber dennoch bestimmt den Betrachter fixiert, mit 185.000 Euro mehr als das Dreifache. Damit setzte sich die Österreicherin um 5.000 Euro vor Andy Warhol und sein 1964 datiertes, schwarzweißes Kleinquadrat „Flowers“, das mit einer Schätzung von 140.000 bis 180.000 Euro unmittelbar zuvor angetreten war.


Bei insgesamt sehr gutem Absatz des 75 Losnummern umfassenden erstens Auktionsteils in Höhe von 84 Prozent konnte das Dorotheum am 24. Juni auch mit abstrakt-informeller Malerei unerwartet hohe Beträge einspielen. Zwei trotz ihres großen Formats zarte Arbeiten aus Hans Hartungs letzten beiden Lebensjahren 1988 und 1989, in denen er aufgrund eines Schlaganfalls und der daraus resultierenden Lähmung nicht mehr zum Pinsel und seinen bekannten Strichbündeln, sondern zur Gartenspritze griff und damit freier und freudiger die Farbe auf die Leinwand bannte, brachten es auf 150.000 Euro und 160.000 Euro (Taxen je 90.000 bis 120.000 EUR). Ein unbetiteltes Hochformat Emilio Vedovas von 1984 mit kraftvollen Farbverschmierungen überwiegend in Blau, Grün und Gelb schaffte 150.000 Euro (Taxe 80.000 bis 120.000 EUR). Der Japaner Shozo Shimamoto „malte“, indem er in einem performativen Akt mit Acrylfarbe gefüllte Flaschen auf Leinwänden zerschlug. Auf seiner grün-violett-gelb-schwarzen Farbspritzerei „Magi 914“, die taxgerecht bei 40.000 Euro abschloss, finden sich daher noch angetrocknete Glassplitter.

Victor Vasarelys 1974 scheinbar aus der Leinwand hervorgewölbte Kugel in Schwarz, Grün und Braun-Orange mit dem Titel „Felteke“ verbesserte sich von 45.000 bis 65.000 Euro auf 80.000 Euro. Im Rahmen der Schätzungen schlossen ein über Eck gestelltes Quadrat Jef Verheyens mit kaum wahrnehmbarem hellblauem Farbspektrum von 1963/64 bei 85.000 Euro und Jesús Rafael Sotos mehrteiliges Op-Art-Verwirrspiel „Tres pequeñas columnas“ von 1992 für 100.000 Euro ab. Als Bildhauer machte Igor Mitoraj mit dem antik inspirierten, aber nur als Fragment ausgebildeten Kopf „Porta Italica“ samt kleinem Männertorso von 1999 auf sich aufmerksam. Die kleine, neun Mal gegossene Bronze einer überdimensionierten Erstausführung verlangte 90.000 Euro (Taxe 70.000 bis 90.000 EUR). Unverrichteter Dinge abziehen mussten dagegen zwei halbnackte, halbskulpturale Frauengestalten von Mel Ramos für jeweils 180.000 bis 220.000 Euro.

Otto Muehls „Kniender Akt“ in dominierendem Gelb verabschiedete sich bei 26.000 Euro (Taxe 15.000 bis 25.000 EUR), Hermann Nitschs blutrotes Schüttbild von 1990 bei 30.000 Euro (Taxe 12.000 bis 18.000 EUR) und Herbert Brandls titelloses Hochformat, das an verschneite Berggipfel erinnert, bei 36.000 Euro (Taxe 16.000 bis 28.000 EUR). Diesen Wert gab es zudem für Kurt Kocherscheidts unbetitelte Kopfform von 1990 in dunklem Violett (Taxe 13.000 bis 18.000 EUR), für Heimo Zobernigs buntes Schriftbild „Real“ im Quadrat (Taxe 30.000 bis 50.000 EUR) oder Markus Prachenskys rotes X-Balken-Bild „Senatus Consultum“ auf schwarzem Grund von 2005 (Taxe 35.000 bis 50.000 EUR). Als Nicht-Österreicher nahm der Schweizer Konkrete Max Bill mit seinem auf Eck gestellten Quadrat „Strahlung aus blau“ von 1959/67 an genau dieser Wertschöpfung teil. In diese Preisliga reihten sich noch der Italiener Ennio Morlotti mit seinem 1957 herbstlich bunt gespachtelten „Paessagio“ bei 34.000 Euro (Taxe je 20.000 bis 30.000 EUR) oder der CoBrA-Künstler Corneille mit seiner gesteinsartigen farbenfrohen Abstraktion „Ivresse de la mer“ aus dem Jahr 1958 bei 38.000 Euro ein (Taxe 32.000 bis 44.000 EUR).

Teuerster deutscher Künstler wurde bei 140.000 Euro A.R. Penck mit dem 2005 entstandenen Spätwerk „Kreislauf der Spiele“, das auf grauem Grund eine Fülle verschiedener Motive wie Häuser, Fische, Menschen und Kreuze in Schwarz zeigt (Taxe 100.000 bis 150.000 EUR). Sein suggestiv-violettes Strichmännchenbild „Where I Come From“ aus dem Jahr 1999 verdoppelte seinen Wert auf 80.000 Euro. Ein bisschen erinnern diese zeichenhaften Bilder an Carla Accardi, von der im Dorotheum die beiden schönen Arbeiten „Bianconero“ von 1992 für 50.000 Euro (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR) und „Integrazione n. 2“ aus dem Jahr 1957 für 85.000 Euro weitervermittelt werden konnten (Taxe 75.000 und 100.000 EUR). An dieser „Poesie der Zeichen“ orientierte sich auch ihr Ehemann Antonio Sanfilippo und überzeugte die Kundschaft daher mit seinem titellosen Hochformat von 1960 bei 34.000 Euro, in das er zusätzlich noch die Farbe Rot integriert hatte (Taxe 24.000 bis 32.000 EUR). Unter den jüngsten Künstlern reüssierte Shepard Faireys Pop Art-artige Collage „St. Margherita Square“ von 2009 auf dreieinhalb Metern Breite bei 130.000 Euro (Taxe 80.000 bis 120.000 EUR).

Roy Lichtensteins farblithografiertes „Shipboard Girl“ von 1965 ging im zweiten Auktionsteil für 105.000 Euro eine neue Bekanntschaft ein (Taxe 50.000 bis 60.000 EUR). Zwar lag am 25. Juni die losbezogene Verkaufsrate mit knapp 70 Prozent nicht mehr so hoch, wie tags zuvor, doch gab es auch hier einige einträgliche Wertsteigerungen, etwa für Keith Harings Terrakottaschale mit schwarzen Strichwesen beim Krabbeln und der Leibesertüchtigung von 1989 von 15.000 Euro auf 36.000 Euro. Auch die 22.000 Euro für Günter Fruhtrunks verrücktes Streifenbild „Komposition mit trennender Kurve“ von 1964/66 können sich sehen lassen (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR), ebenso die 24.000 Euro für Jean Gorins strenge konstruktivistische „Composition N. 120“ von 1973/74 (Taxe 13.000 bis 18.000 EUR). Bei den günstigeren Preisen kam Maria Lassnig noch einmal mit ihrer bunten Zeichnung „Torso im Baum“ um 1978 bei 30.000 Euro (Taxe 10.000 bis 16.000 EUR) oder mit ihren beiden farbfreudigen Aquarellen „Die Rosenburg“ von 1970 bei 28.000 Euro und „Süditalien“ von 1986 bei 32.000 Euro zum Zug (Taxe je 15.000 bis 22.000 EUR).

Alle Preise verstehen sich als Zuschläge ohne das Aufgeld.

Kontakt:

Dorotheum

Dorotheergasse 17

AT-1010 Wien

Telefon:+43 (01) 515 60 0

Telefax:+43 (01) 515 60 443

E-Mail: client.services@dorotheum.at

Startseite: www.dorotheum.com



04.08.2020

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Johannes Sander

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