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Marktberichte |
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Vor allem mit zwei Privatsammlungen konnte Koller bei seiner Versteigerung von Möbeln und Antiquitäten die Kauflaune des Publikums anstacheln Porzellan kann teuer werden
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| | Elefantenleuchter, Meißen, um 1733 | |
Siegfried Ducret war ein ausgewiesener Porzellanspezialist. Der 1972 verstorbene Züricher Arzt hatte sich als passionierter Sammler und kundiger Autor den europäischen Manufakturen verschrieben und Standardwerke über die Porzellanfabriken in Zürich, Fürstenberg, Kassel und Würzburg sowie über die Augsburger Hausmaler vorgelegt. Es war daher kein Wunder, dass der Teil seines Nachlasses, der nun über seine im März verschiedene Tochter Rosmarie Schmidt-Ducret im Züricher Auktionshaus Koller wieder auf dem Kunstmarkt auftraft, die Sammlerherzen höher schlagen ließ. Über Dreiviertel der 174 Positionen gingen in neue Hände; bei den oft günstigen Schätzungen waren Preissteigerungen impliziert, darunter besonders bei dem schlicht anmutenden Böttgersteinzeug aus der Frühphase der Meißner Manufaktur. So verbesserte sich eine einfache, beinahe grob wirkende, kaum acht Zentimeter hohe, viereckige Teekanne um 1710/15 nach einem Modell Johann Jakob Irmingers von 4.000 Franken auf 17.500 Franken. Eine kleine, auf 7.000 Franken geschätzte Chinesin aus demselben Material, rund fünf Jahre später bereits weiß glasiert und golden staffiert, erklomm 29.000 Franken. Königlichen Rang – auch beim Zuschlag – bewahrte ein glatter Böttgerteller aus dem persönlichen Service Augusts des Starken mit 39.000 Franken. Für den mit Krone und AR-Monogramm verzierten Teller waren 10.000 bis 15.000 Franken angedacht.
Diese Preise konnten nur zwei Meißner Kerzenleuchter aus den frühen 1730er Jahren übertreffen. Die auf drei Elefantenköpfen stehenden Stücke, deren bunte und ungewöhnliche Drachenmotive vermutlich besonders reizten, rief Koller einzeln auf. So verneunfachte der erste seinen Wert auf 44.000 Franken; sein Pendant musste sich bei 42.000 Franken mit dem zweiten Platz begnügen. Gleichfalls begehrt waren die pittoresken Modelle von Bauernhäuschen, die Johann Gottlieb Ehder um 1743 ebenfalls für die Meißner Manufaktur entwarf. Alle drei, auf jeweils 4.000 bis 5.000 Franken angesetzt, wurden bis zum Sechsfachen veräußert. Meißen beteiligte sich zudem mit einem Schälchen, das der Hausmaler Franz Ferdinand Mayer aus dem böhmischen Preßnitz mit der Kaskade im Park von Versailles geschmückt hatte, bei 6.500 Franken (Taxe 3.000 bis 4.000 SFR), mit einem Teller aus dem Service für Gerlach Adolph von Münchhausen um 1740 samt purpurnem Fabelwesen über einem Felsstreifen bei 4.500 Franken (Taxe 1.000 bis 1.500 SFR) oder einem Exemplar aus dem Krönungsservice für August III. als König von Polen um 1733 bei 15.500 Franken (Taxe 10.000 bis 15.000 SFR).
Ansonsten entsprachen Produkte anderer namhafter Manufakturen, wie Nymphenburg und Sèvres, ihrem Renommee und verdoppelten zumeist ihren Schätzpreis; so brachte beispielsweise ein früher kecker Putto, von Franz Anton Bustelli für die Münchner Manufaktur mit dreiköpfigem, aber putzigem Zerberus modelliert, 3.000 Franken (Taxe 1.500 bis 2.500 SFR). Zum Teil entwickelten sich die Schöpfungen kleinerer Häuser recht ergiebig, darunter ein ungemarkter weißer Keiler, vermutlich aus der Würzburger Manufaktur, der von 800 Franken auf 4.800 Franken zulegte. Ähnlich verhielt es sich bei einer mit Schwarzlot und allegorischen Szenen bemalten Tasse mit passender Untertasse aus Ansbach, die mit 2.000 Franken fast das Dreifache der Erwartung einfuhr. Auch die Objekte der Züricher Porzellanmanufaktur hielten, vielleicht auch aufgrund des Heimvorteils, leicht die Fühlung zu den anderen. Den größten Zuwachs verzeichnete dabei die kleine Figur eines heiteren Fischhändlers, die ihren Einsatz von 700 bis 900 Franken versechsfachte. Freudigen Charakter verbreitete zudem das bunt und golden staffierte Paar Harlekin und Columbine von Geminiano Cozzi aus Venedig um 1770 mit 10.500 Franken (Taxe 2.500 bis 3.000 SFR).
Noch besser als das Porzellan Siegfried Ducrets lief die Sammlung Marolf Sigrists: Ausverkauf für die 41 Blankwaffen und Rüstungen des Luzerner Zahnarztes. Höhepunkt war hier eine sogenannte „Sempacherhalbarte“ von Lamprecht Koller, der auch das Züricher Zeughaus mit seinen Waffen belieferte. Die Hellebarde aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts schnellte von 2.200 Franken auf 18.000 Franken. Das mit 15.000 Franken am höchsten bewertete Objekt des Waffenkapitels, ein Schweizersäbel mit Löwenkopfknauf des Münchners Christoph Stantler I., konnte seinen Preis halten. Auch zwei Feuerwaffen, die nicht aus der Sammlung Sigrist stammten, schossen weit über die Schätzung hinaus: Das Paar deutsche Steinschlosspistolen um 1750 kletterte von 2.500 Franken auf 20.000 Franken, der um 1865 von Valentin Sauerbrey aus Basel gefertigte Perkussionsrevolver von 2.000 Franken auf 16.000 Franken.
Die knapp 65 Prozent verkaufter Möbel, Uhren, Tapisserien und weiterer kunsthandwerklicher Antiquitäten sind heutzutage kein schlechter Schnitt, doch blieben etliche der höher taxierten Positionen liegen, und Ausreißer nach oben gab es nur wenige, obwohl die Schätzungen für gängiges Koller-Niveau diesmal nicht zu ambitioniert waren. So kam Jacques Dubois’ klassischer Bureau plat aus Rosenholz mit vergoldeten Bronzeapplikationen nicht über die untere Taxgrenze von 40.000 Franken hinaus. Überhaupt keinen Abnehmer fand ein Table d’accouchée aus Paris aus der Sammlung Rothschild, das Paar halbrunder Eckschränkchen wohl von Charles Cressent (Taxe je 35.000 bis 55.000 SFR) oder eine schwarze Ebenholz-Kommode mit glänzender Bronze- und Messingzier um 1710/20 aus dem Umkreis François Lieutauds (Taxe 25.000 bis 35.000 SFR).
Auf der Habenseite standen dann eine gelb-grün gefasste und mit reichen Blumenfestons geschmückte klassizistische Kommode aus Italien bei 17.000 Franken (Taxe 2.000 bis 3.000 SFR) und eine kleine, schön geschwungene Rokokoschreibkommode aus der Berner Werkstatt von Matthäus Funk mit 25.000 Franken (Taxe 12.000 bis 22.000 SFR). Seine ebenfalls in den 1750er Jahren produzierte Nussbaumkommode mit den auffallend gleichen Bronzebeschlägen blieb indes stehen (Taxe 38.000 bis 48.000 SFR). Eine reich und fantasievoll mit Rocaillen, Blattvoluten, Muscheln, Affen, Satyrn und Drachen über einem Gitterwerk geschnitzte zweischübige Kommode aus Nussbaum, für die der in Toulon tätige Jean Bernard Honoré Turreau um 1720/30 verantwortlich gemacht wird, orientierte sich exakt an der unteren Zielvorgabe von 12.000 Franken. Ein venezianisches Renaissance-Kabinett mit architektonisch gegliederter Front und Besatz von Halbedelsteinen freute sich über 19.000 Franken (Taxe 10.000 bis 15.000 SFR).
Bei den Uhren war der Zuspruch ebenfalls geteilt. Während die klassizistische Pendule mit halbrund geschlossenem Marmorgehäuse auf lagernden Löwen und mit bekrönendem Adler, dem römischen Goldschmiedemeister Luigi Valadier oder seinem Sohn Giuseppe Valadier zugeschrieben, bei 40.000 bis 60.000 Franken an seinen Einlieferer zurückwanderte, konnte ihr Pariser Pendant mit bekrönendem Putto samt Barometer und Orgelwerk immerhin 27.000 Franken auf sich vereinen (Taxe 25.000 bis 35.000 SFR). Auch eine weitere Pendule aus Paris in fernöstlicher Pagodenform blieb bei 18.000 Franken nicht unentdeckt (Taxe 18.000 bis 28.000 SFR). Eine für die Zeit um 1800 etwas antiquiert wirkende Reiseuhr mit Datum und Wecker des Leipziger Meisters Carl Friedrich Steyer schloss taxkonform bei 6.000 Franken ab. Eine späte Rokoko-Pendule mit Carillon in der Art des Neuenburger Uhrmachers Pierre Jaquet-Droz aus Veilchenholz und vergoldeten Bronzebeschlägen verharrte mit 13.000 Franken unterhalb des Schätzwerts.
Drei der fünf Tapisserien ließen die Käufer unbeachtet, bei den anderen beiden trieben sie Preise aber in die Höhe. Der Antwerpener Wirker Michel Wauters griff bei seiner achtteiligen Folge über die Vita des römischen Kaisers Mark Aurel auf Vorlagen Abraham van Diepenbeecks und Peter Paul Rubens’ zurück. Dieser Prominentenstatus zog nun bei einer Schlachtenszene mit Mark Aurel als siegreichem Feldherrn von etwa 1655/70 mit einem Zuschlag bei 22.000 Franken (Taxe 16.000 bis 20.000 SFR). Noch deutlicher von ihren Vorgaben setzte sich eine Tapisserie mit Sonnenmotiv aus der Zeit Ludwigs XVI. ab. Das beinahe ulkige Sonnengesicht mit vier Engelsköpfen in dichter Wolkendecke stammt wohl aus Aubusson und konnte 19.000 Franken auf sich vereinen (Taxe 1.500 bis 2.000 SFR).
Nach dem Motto „Willst du was gelten, so mache dich selten“ waren die kuriosen oder ungewöhnlichen Stücke gefragt. Kauflaune generierten etwa ein Deckenleuchter des Empire, besetzt wohl in Paris mit antikisierenden Frauenköpfen, Greifen, Palmetten, Lorbeergirlanden und kleinen Öllämpchen, bei 16.000 Franken (Taxe 2.800 bis 3.800 SFR) oder ein etwa gleichaltriger, ebenfalls bronzener Beistelltisch aus dem ehemaligen Besitz der niederländischen Königin Juliana mit 18.000 Franken (Taxe 12.000 bis 18.000 SFR). Ein mit 1.200 bis 1.800 Franken bezifferter klassizistischer Cachepot aus rotem Marmor und vergoldeten Bronzebeschlägen mit Puttenköpfen kostete ebenso wie ein Lüsterweibchen des Historismus aus Basel 4.500 Franken (Taxe 2.000 bis 3.000 SFR). Zwei nach einem Modell von Jean Dulac um 1775/80 gestaltete Pariser Prunkdeckelvasen aus tiefblauem Sèvres-Porzellan, die von einer vergoldeten Bronzemontierung mit Löwenfelldraperie, Löwenköpfen, Lorbeerstab und Mäanderbänder zusammengehalten werden, konnten erst im Nachverkauf für rund 45.500 Franken weitervermittelt werden (Taxe 60.000 bis 90.000 SFR).
Von den 67 Teppichen gehen nur 31 Prozent in den Nachverkauf. Zumeist orientierten sich die Käufer an Kollers Einschätzung; doch auch hier gab es Ausreißer. Für die größte Überraschung sorgte ein antiker Turkmene mit auberginefarbenem Innenfeld und drei Gölreihen, der nicht einmal im gedruckten Katalog abgebildet war. Er brillierte mit 14.000 Franken (Taxe 500 bis 800 SFR). Ein geschmackvoller Heriz mit hellblauem Innenfeld, großem Zentralmedaillon, roten Ecklösungen und dunkelblauer Bordüre verdreifachte seinen Preis auf 12.000 Franken. Teuerstes Objekt war ein antiker chinesischer Teppich mit blauem Drachenmotiv auf beigefarbenem Fond bei guten 20.000 Franken (Taxe 1.200 bis 1.600 SFR).
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. | | Kontakt: Koller Auktionen Hardturmstrasse 102 CH-8031 Zürich |
| Telefon:+41 (044) 445 63 63 | Telefax:+41 (044) 273 19 66 | | | E-Mail: office@kollerauktionen.ch | | Startseite: www.kollerauktionen.com |
13.10.2020 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Hans-Jörg Berghammer | |
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| | Weitere Inhalte: Gesamt Treffer 19 | Seiten: 1 • 2 • 3
Events (1)•Adressen (1)•Berichte (1)•Kunstwerke (16) | | • | Veranstaltung vom: 24.09.2020, Möbel, Porzellan & Dekoration -
Porzellan aus dem Nachlass Rosmarie Schmidt-Ducret - Waffen & Rüstungen Slg. Sigrist - Teppiche | | • | Bei: Koller Auktionen
AG | | • | Bericht: Die Faszination des Weißen Golds
| | | • | Kunstwerk: Jean Bernard Honoré Turreau zugeschrieben, Kommode, um
1720/30 | | • | Kunstwerk: Paar Deckelvasen, Paris, um 1775/80 | | • | Kunstwerk: Figur einer Chinesin, Meißen, um 1715/20 | | | • | Kunstwerk: Geminiano Cozzi, Harlekin und Columbine, Venedig um
1770 | | • | Kunstwerk: Elefantenleuchter, Meißen, um 1733 | | • | Kunstwerk: Franz Ferdinand Mayer,
Schälchen mit der Ansicht der „Cascades de Versailles“, um 1750 | | |
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Johann Gottlieb
Ehder, Modell eines
Bauernhauses, um
1743 | | Taxe: 4.000 - 5.000 SFR Zuschlag: 24.000,- SFR Losnummer: 1264 | | | | | |
Venedig, Kabinett,
16. oder 17.
Jahrhundert | | Taxe: 10.000 - 15.000 SFR Zuschlag: 19.000,- SFR Losnummer: 1012 | | | | | |
Figur einer
Chinesin, Meißen, um
1715/20 | | Taxe: 7.000 - 9.000 SFR Zuschlag: 29.000,- SFR Losnummer: 1223 | | | | | |
Teller aus dem
Krönungsservice für
August III. König von
Polen, Meißen, um
1733 | | Taxe: 10.000 - 15.000 SFR Zuschlag: 15.500,- SFR Losnummer: 1244 | | | | | |
Elefantenleuchter,
Meißen, um 1733 | | Taxe: 5.000 - 7.500 SFR Zuschlag: 42.000,- SFR Losnummer: 1266 | | | | | |
Augustus
Rex-Teller, Meißen,
um 1711 | | Taxe: 10.000 - 15.000 SFR Zuschlag: 39.000,- SFR Losnummer: 1220 | | | | | |
Geminiano Cozzi,
Harlekin und
Columbine, Venedig
um 1770 | | Taxe: 2.500 - 3.500 SFR Zuschlag: 10.500,- SFR Losnummer: 1276 | | | | | |
Teller aus dem
Service für Gerlach
Adolph von
Münchhausen,
Meißen, um 1740 | | Taxe: 1.000 - 1.500 SFR Zuschlag: 4.500,- SFR Losnummer: 1245 | | | | | |
Johann Jakob
Irminger, Teekanne,
um 1710/15 | | Taxe: 4.000 - 6.000 SFR Zuschlag: 17.500,- SFR Losnummer: 1218 | | | | | |
Paar Deckelvasen,
Paris, um 1775/80 | | Taxe: 60.000 - 90.000 SFR Zuschlag: 45.418,- SFR Losnummer: 1092 | | | | | |
Jacques Dubois,
Bureau plat, um
1745/50 | | Taxe: 40.000 - 70.000 SFR Zuschlag: 40.000,- SFR Losnummer: 1053 | | | | | |
Matthäus Funk,
Matthäus Funk
Werkstatt,
Schreibkommode,
Bern um 1755/60 | | Taxe: 12.000 - 22.000 SFR Zuschlag: 25.000,- SFR Losnummer: 1059 | | | | | |
Franz Ferdinand
Mayer, Schälchen mit
der Ansicht der
„Cascades de
Versailles“, um 1750 | | Taxe: 3.000 - 4.000 SFR Zuschlag: 6.500,- SFR Losnummer: 1259 | | |
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