Die US-amerikanische Fernsehserie „Sex and the City“ widmete sich den Irrungen und Wirrungen des Liebeslebens dreier Frauen in New York. Die Kombination aus Erotik, sexuellen Vorlieben und Frauen findet als Thema schon lange in der Kunst Beachtung, etwa in der kühlen Nacktheit der Modelle in Fotos von Helmut Newton oder bei den expliziteren Darstellungen von Nobuyoshi Araki. Bilder beider Fotografen sind nun in der kommenden Auktion im Dorotheum zu haben. Den nackten Körper der Frau setzte Newton direkt, beinahe schonungslos in Szene. So umschwebt seine „Two Playmates, Hollywood“ keine schwüle Erotik: Die barbusige Blondine blickt aufmerksam in die Kamera, während ihre kopflose Kollegin sie frisiert. Mit einer Schätzung von 18.000 bis 25.000 Euro liegt die Aufnahme von 1986 an der Spitze der Offerte. Etwas darunter rangiert mit 12.000 bis 18.000 Euro das zweite, etwas raffiniertere Foto Newtons. Hier setzte er ebenfalls 1986 das Spiel vom „Bild im Bild“ mit Hilfe eines Spiegels um, der ihn hinter seiner Kamera bei der Aufnahme, sein nacktes Modell in frontaler Ansicht und nur die Beine einer weiteren Frau in High Heels einfängt. Neben dem Spiegel sitzt Newtons Ehefrau June, schaut auf das Tun ihres Mannes und nimmt damit zugleich den Betrachter in den Blick.
Preislich zwischen diesen beiden Positionen rangiert Nobuyoshi Arakis suggestives Farbbild einer übertrieben geschminkten Japanerin im Kimono, die kniend genüsslich ein Stück Wassermelone isst. Das Werk des Jahres 1991 aus der Serie „Colourscapes“ soll 15.000 bis 20.000 Euro einbringen. Für das schlankere Portemonnaie gibt es von Araki für 4.500 bis 5.500 Euro zehn Polaroids aus der Zeit um 2000. In ihnen mischt der Japaner Fotos einer Katze, eines Blumenbouquets oder einer abstrakten Farbwelt mit eindeutig sexuellen Bildern, wie fragmentierten Ansichten auf die Scham einer Frau, ihren nackten Oberkörper und einen männlichen Dildo, wodurch auch die scheinbar harmlosen Stillleben eine andere Konnotation erhalten. Für die Ermächtigung des eigenen weiblichen Körpers setzte sich stets Valie Export ein und machte sich 1976 gleich noch den Stadtraum untertan. In ihrer „Einkreisung“ schmiegt sie sich mit ihrem Leib um eine Fußgängerinsel in einer Straße, deren Bordstein orangefarben aufleuchtet, und scheint ein Teil davon zu werden (Taxe 12.000 bis 18.000 EUR). Humorvoll gibt sich die heute 80jährige Jubilarin in der Serie „Photo/Literatur“. Auf einen Zug nach Venedig schrieb Export 1973 das Wort „Schriftzug“, stieg ein und fuhr prompt in den Süden (Taxe 5.000 bis 6.000 EUR).
Aus der Kindheit der Fotografie
Gut 200 Losnummern hat das Wiener Dorotheum für seine Versteigerung „Fotografie“ zusammengetragen und deckt mit ihnen über 150 Jahre Entwicklung des Lichtbilds ab. Zu den ältesten Objekten zählen die farbigen Naturselbstdrucke, die der Grazer Botaniker Constantin von Ettingshausen und sein Kollege Alois Pokorny zwischen 1853 und 1860 erstellten. Ihre 50 naturwissenschaftlichen Tafeln aus der „Physiotypia plantarum austriacarum“ mit fein zeichnenden Blattstudien in originaler Mappe sind mit 3.000 bis 4.000 Euro veranschlagt. Auch Franz Antoine war hauptberuflich kein Fotograf, vielmehr Gärtner, und brachte es 1861 zum Hofgartendirektor in Wien. Als Amateur verewigte er aber die Pflanzenwelt, für die er zuständig war, und legte 1875 die zwanzigteilige Folge „Photographische Blätter aus dem Wintergarten des k.k. Hofburggartens in Wien“ mit allerlei Exoten an (Taxe 8.000 bis 10.000 EUR). Die Architektur von Bäumen hingegen faszinierte Martin Gerlach senior in seinen „Baumstudien“, die er 1894 in 50 Lichtdrucken mit starkem grafischem Einschlag herausbrachte (Taxe 400 bis 500 EUR). Von kunsthistorischem Interesse ist ein Gruppenbild mit jungen Studenten aus der Klasse von Christian Griepenkerl an der Wiener Kunstakademie. Laut Aufschrift unternahmen die jungen Maler 1890 einen Ausflug und präsentierten sich ungezwungen dem Fotografen, darunter Alexander Pock, Maximilian Kurzweil, Gustav Wilhelm Lautenschläger oder Ferdinand Schmutzer.
Ansonsten listet der Katalog viel Reisefotografie, häufig aus exotischen Ländern. Wilhelm Hammerschmidt eröffnete um 1860 ein Atelier in Kairo und bediente mit seinen Bildern aus dem alten Ägypten die zahlreichen Reisenden. Vier Konvolute mit unterschiedlichen Aufnahmen von Tempelanlagen, Pyramiden, Moscheen oder Obelisken verzeichnet die Auktion zwischen 1.200 und 2.500 Euro. Der Mitte der 1840er Jahre in Tiflis geborene Dimitri Ermakov gehört zu den ersten Fotografen, die Land und Leute im Kaukasus dokumentierten. Für jeweils 1.000 bis 1.500 Euro gibt es eine Ansicht aus dem Badebezirk des alten Tiflis’, einen Wein- und Holzverkäufer aus den 1880er Jahren. Japan hatte es dem Österreicher Raimund von Stillfried-Rathenicz angetan. Seine drei handkolorierten Werke aus den 1870er Jahren präsentieren das sanfte Portrait einer jungen Japanerin, einen Kabuki-Spieler und eine weitere Schönheit, die neben ihrer Freundin – für Europäer ungewohnt – auf einer Kopfstütze mit kleinem Kissen, einem Takamakura, schläft (Taxe 800 bis 1.000 EUR). Den Abschluss des 19. Jahrhunderts bilden zwei, diesmal nicht so freizügige Charakterstudien Wilhelm von Gloedens. Um 1900 fing er auf Sizilien einen Jungen mit Pfeife in zärtlicher Umarmung eines Mädchens und zwei blumenbekränzte Jünglinge beim Spiel eines Aulos und einer Panflöte als bukolische Szene ein (Taxe 500 bis 700 EUR und 700 bis 1.000 EUR).
Das Abbild des Menschen
Der von der Malerei inspirierten Kunstfotografie um 1900 stand Friedrich Viktor Spitzer nahe. So nutzte er für sein Bildnis des berühmten österreichischen Dirigenten und Komponisten Gustav Mahler, der 1905 ernst mit leicht zusammengekniffenen Brauen durch seine kleine Brille in die Kamera schaute, die Technik des Gummidrucks mit weichzeichnendem Effekt (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR). In das Reich der Philosophie führen die zwei Konterfeis von Ludwig Wittgenstein, einmal gleich als sieben Automatenfotos mit einer Frontalansicht des Denkers in unterschiedlichen Gesichtsausdrücken um 1922 (Taxe 3.500 bis 4.500 EUR). Als Glasnegativ um 1925 liegt Moritz Nährs Sicht auf Wittgenstein vor (Taxe 800 bis 1.200 EUR). Humorvoll und charmant präsentiert André Kertész um 1928 den Kostümbildner und Presseillustrator Marcel Vertès mit Plüschäffchen. Das Tier hangelt sich gerade an der Schreibtischlampe hoch und fährt seinem Herren durchs Haar, der überrascht zum ihm aufblickt (Taxe 1.500 bis 2.000 EUR).
Mehrere Seiten der Ikone Marilyn Monroe illustrieren Fotos unterschiedlicher Künstler. Bruce Davidson zeigt sie 1960 mit ihrem Ehemann Arthur Miller in der Maske bei den Dreharbeiten für „Misfits“ (Taxe 1.200 bis 1.800 EUR), Philippe Halsman 1952 bei einem freudigen Sprung (Taxe 600 bis 800 EUR), und Bert Stern wartet mit zwei Aktbildern auf. Für „The Last Sitting“ deckte Marilyn Monroe 1962 ihre Brüste mit blauen Rosen ab oder präsentierte sich stehend vor einem orangefarbenen Kreuz. Nur wenige Tage später beging die Schauspielerin Suizid. Beide Bilder liegen als Abzüge aus den frühen 2000er Jahren für 1.300 bis 1.800 Euro und 1.500 bis 2.000 Euro vor. In Amerika bleibt es mit drei Portraits von Dennis Hopper aus den 1960er Jahren: Den Schauspieler Robert Walker junior sah er als verträumten König über ein Kinderreich, den Musikproduzenten Phil Sepctor bei der Arbeit im Studio und den Schriftsteller Michael McClure als Musiker mit Gitarre in seiner Wohnung (Taxe je 2.200 bis 3.000 EUR).
Als die Beatles am 13. März 1965 in Salzburg landeten, um in den Obertauern die Skiszenen für ihren Film „Help!“ zu drehen, waren rund 5.000 vor allem weibliche kreischende Fans, aber auch der Fotograf Christian Skrein anwesend, der die vier Musiker beim Ausstieg aus einem Flieger ablichtete (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR). Drei Jahre später war er dabei, als die Vereinspolizei das „Pintorarium“ von Friedensreich Hundertwasser, Ernst Fuchs und Arnulf Rainer auflöste und auf letzteren einredete (Taxe 1.200 und 1.800 EUR). Insgesamt ist die österreichische Kunstszene gut vertreten. Der zunächst in Berlin, dann in Wien als Theater- und Modefotograf tätige Wolff von Gudenberg inszenierte den Kopf Oskar Kokoschkas am 7. November 1955 dramatisch mit viel Schlaglicht und Schatten im Profil (Taxe 500 bis 600 EUR). Portraits von Oskar Werner und Helmut Qualtinger gibt es etwa von Barbara Pflaum (Taxen zwischen 500 und 800 EUR). Sepp Dreissinger besuchte Thomas Bernhard 1982 auf dessen Bauernhof in Obernathal und den charmant lächelnden Qualtinger 1985 bei einer Lesung (Taxe je 800 bis 1.200 EUR). Als Dokumentar des Wiener Aktionismus gilt Ludwig Hoffenreich, der die verstörenden und Aufsehen erregenden Aktionen von Hermann Nitsch, Rudolf Schwarzkogler oder Günter Brus für die Nachwelt überlieferte. Mit jeweils 4.000 bis 6.000 Euro sind zwei Fotos von Selbstbemalungen Brus’ aus den Jahren 1964 und 1965 am teuersten.
Beredte Bilder
Zu den Klassikern der Fotografie gehören die Werke von Imogen Cunningham. In zwei Naturstudien der 1920er Jahre erweist sie sich als Vertreterin des Neuen Sehens: In der nah herangezoomten Aufnahme der skulptural ausgebildeten Blüte einer „Glacial Lily“ von 1926 und dem fünf Jahre früher geschossenen „Snake on Stump“ (Taxe je 5.000 bis 7.000 EUR). Betont malerisch gibt sich dagegen Rudolf Koppitz in seiner vor 1923 inszenierten „Andacht“: Mehrere Mädchen in Tracht stehen mit leicht gebeugtem Kopf aufgereiht vor einer lesenden Nonne (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR). Typisch für Koppitz’ Arbeiten der 1920er Jahre sind seine Aktdarstellungen, etwa die kniende und sich dramatisch nach hinten beugende Frau in „Verzweiflung“ von 1928 (Taxe 1.500 bis 2.000 EUR) oder der muskulöse Mann in Fötushaltung „Im Schoß der Natur“ von 1924 (Taxe 2.000 bis 2.500 EUR). Die Natur an sich und ihre Zerstörung thematisiert die 1960 geborene Künstlerin Gabriele Rothemann. In ihren 2020 datierten schwarzweißen Fotos hält sie die stetig schmelzenden Eisflächen fest, die sie als „Miniaturen über das Verschwinden“ betitelt (Taxe je 1.800 bis 2.200 EUR).
Klare Linien charakterisieren Julius Shulmans Sicht auf das Haus Harris in Los Angeles von 1942. Der Bau des Architekten Rudolph Michael Schindler sitzt partiell auf einem Felsen und weist nur im oberen Bereich schmale Fenster auf. Neben der menschenleeren Außenansicht gewährt Shulman auch einen Blick ins Innere mit zurückhaltendem Mobiliar (Taxe je 600 bis 900 EUR). Eine Mischung aus Architekturfragmenten, Bildern von Menschen, Naturstimmungen und ungewöhnlichen Perspektiven bieten die zwölf Aufnahmen „Das Wiental“ von Peter Dressler aus dem Jahr 1983 (Taxe 5.000 bis 7.000 EUR). Einen erotischen Akt in freier Natur mit explosivem Charakter verewigte Mario Giacomelli 1960/61 ins seinem Schwarzweißbild „Un uomo, una donna, un amore“ (Taxe 2.400 bis 3.000 EUR). Neben einem klassischen Akt (Taxe 2.000 bis 3.000 EUR) oder dem unaufdringlichen Interieur „Vestibulo en Villa Devoto“ von 1961 (Taxe 1.500 bis 2.000 EUR) ließ sich Grete Stern auch zu surrealistischen Collagen hinreißen und schuf 1949 für „Sueño No 25: Barquito de Papel“ eine in einem gefalteten Papierboot stehende Frau auf einem Bergsee (Taxe 700 bis 1.000 EUR).
Das Einführen der jungen wohlhabenden Damen in die höhere Gesellschaft übernahm früher der Debütantenball. Ein Paar beim Tanzen auf einer solchen Veranstaltung lichtete Henri Cartier-Bresson 1959 im New Yorker Hotel Waldorf Astoria ab (Taxe 800 bis 1.000 EUR). Um 1930 fing Germaine Krull mit ihrer Kamera drei schicke „Midinettes“ beim Plausch auf der Straße in Paris ein (Taxe 1.200 bis 1.800 EUR). Nicht anders als exaltiert kann man die Frisur bezeichnen, die Alexandre de Paris 1965 dem Supermodel Jean Shrimpton verpasste: Ihre langen Haare stehen als rechteckiger Kubus nach hinten und oben von ihrem Kopf ab. Richard Avedons Abzug für das Metropolitan Museum soll 900 bis 1.200 Euro kosten.
Nicht gerade auf den Sonnenseiten des Lebens befinden sich die Kriegsfotografen. Vom Spanischen Bürgerkrieg brachte Robert Capa 1936 zwei Fotos mit, unter anderem einen verletzten Soldaten, der von seinem Kollegen in Sicherheit geführt wird (Taxe 1.300 bis 1.600 EUR). Der sowjetische Kriegsberichterstatter Jewgeni Chaldej entdeckte noch 1945 in den zerstörten Straßen Budapests ein Paar, das auf seinen Mänteln den Judenstern trägt (Taxe 600 bis 800 EUR). Ihre eigenen persönlichen Lebenswirklichkeiten verarbeitet Nan Goldin in ihrer Kunst. Das leere blaue Badezimmer in London dominiert ihr Selbstportrait von 1980, das die Künstlerin nur klein im Wandspiegel zeigt. Intim ist auch das in warmes Gelb getauchte Foto ihres New Yorker Schlafzimmers von 1983: Sie liegt niedergeschlagen im Bett, und der halbnackte Brian raucht eine Zigarette (Taxe je 6.000 bis 8.000 EUR).
Die Versteigerung findet als reine Online-Auktion statt und endet am 28. Oktober um 15 Uhr. Der Katalog steht im Internet unter www.dorotheum.com zur Verfügung. |