Pati Hill in Zürich Die Kunsthalle Zürich entdeckt aktuell das Werk der Künstlerin Pati Hill. Kuratoren Daniel Baumann und seine Kollegin Maurin Dietrich vom Münchner Kunstverein präsentieren das 60jährige Schaffen der 2014 verstorbenen Amerikanerin ausgehend von ihren Xerografien, in denen sie banale Alltagsgegenstände mittels eines Kopierers festhielt und damit soziale Verhältnisse und Gesellschaftsnormen hinterfragte. Anhand ihrer Romane, Gedichte, Skizzenbücher, unveröffentlichten Manuskripte und Briefe wirft die Schau zudem einen Blick auf Hills Gegenüberstellung von Bild- und Textproduktion. Ein Großteil der Arbeiten wurde bisher noch nie gezeigt.
Die 1921 geborene Kolumnistin, Antiquitätenhändlerin und Galeristin Pati Hill begann ihre künstlerische Tätigkeit in den 1950er Jahren als Schriftstellerin. Nach der Geburt ihrer Tochter 1962 entdeckte sie Diagramme und Gebrauchsanweisungen für sich, etwa detaillierte Grafiken für Hausfrauen zur Zerlegung von Fleisch oder die Anleitung, eine Puppe zum Tanzen zu bringen. Das Nebeneinander von Text und Bild faszinierte sie und regte sie an, derartige Gebrauchsanweisungen beispielsweise in der Serie „Informational Art“ von 1962 zu verarbeiten.
Hills ab 1974 geschaffenen Xerografien, die durch die Mehrdimensionalität der Motive und die harte Beleuchtung charakterisiert sind, gelten als ihr Hauptwerk. Mit der finanziellen Unterstützung des Dichters James Merill gab sie 1975 das Buch „Slave Days“ heraus, das in 29 Gedichten und 31 Fotokopien den fiktionalen Alltag einer Hausfrau und deren beschränkte Handlungsräume beschreibt. In der Werkserie „Garments“ dokumentierte Hill verschiedene Kleidungsstücke wie Korsette oder Anzughosen und legte damit Zeugnis von der ansonsten unsichtbaren Hausarbeit ab. Indem sie den Fotokopierer nutzte, bildete sie ihre Welt ab und delegierte die Herstellung von Kunst an eine Maschine.
Durch ihre erfolgreiche Arbeit als Couture-Modell in jungen Jahren wurde Pati Hill bereits früh mit der Dominanz einer männlichen Sichtweise konfrontiert, was sie entsprechend in ihrem Werk verhandelte. Sie reflektierte die Stellung der Frau in der Gesellschaft jedoch nicht über das Abbild ihres Körpers, sondern über die Darstellung ihres Alltags. Hill erläuterte: „Ich kopiere mich nicht selbst, aber ich wurde jahrelang selbst abgebildet und bekam dadurch ein Gefühl der Realität. Der Realität eines Objekts vielleicht.“ In den Jahren 1980 bis 1983 setzte sich Hill mit ihrem Projekt „Photocopying Versailles“ das Ziel, das gesamte Schloss von Versailles im Maßstab 1:1 zu fotokopieren, was ihr allerdings nur teilweise gelang.
Die Ausstellung „Pati Hill: Something other than either“ läuft bis zum 2. Mai 2021. Die Kunsthalle Zürich hat dienstags bis samstags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 12 Franken, ermäßigt 8 Franken. Im Rahmen der Ausstellung erscheint die dritte Auflage von „Letters to Jill“ aus dem Jahr 1979, in der Hill ihrer New Yorker Galeristin Jill Kornblee erläuterte, wie ihr Werk gelesen werden kann.
Kunsthalle Zürich
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