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Marktberichte |
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Druckgrafik bei Bassenge: Die Kundschaft nahm viel mit, hielt sich aber bei teuren Blättern etwas bedeckt  Betrügerische Versuchung

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 |  | Albrecht Dürer, Die Melancholie (Melencolia I), 1514 | |
Sie gehört zu den rätselhaften Druckgrafiken der Kunst – die „Melencolia“ von Albrecht Dürer. Der Nürnberger Meister legte die nachdenklich auf einer Steinbank sitzende und geflügelte Dame, die ihren Kopf aufgestützt hält und schwermütig vor sich hinbrütet, in einem Kupferstich des Jahres 1514 vor. Seither müht sich die kunsthistorische Forschung um ihre Deutung, stochert aber angesichts der Fülle der Symbole immer nur im Vorläufigen. Manche Experten entdecken darin ein verklausuliertes Selbstbildnis; wurde doch die Melancholie in der Renaissance mit intellektueller Kreativität und Genialität verknüpft, beide als sich gegenseitig bedingende Charakterzüge verstanden. Undurchschaubar war auch die Preisfestsetzung für Dürers „Melencolia“ bei der letzten Auktion von Bassenge. Der Berliner Versteigerer forderte 120.000 Euro und lag angesichts von Werten aus den letzten Jahren bis zu 160.000 Euro im eigenen Haus, gar bis 255.000 Euro bei Grisebach für diese Druckqualität nicht zu hoch. Doch daraus wurde nichts. Ein Sammler konnte ohne Gegenwehr den „Meisterstich“ schon bei 80.000 Euro mitnehmen.
Das war am 9. Juni kein Einzelfall. Vor allem bei den höher taxierten Grafiken hielt sich die Kundschaft doch auffällig zurück und spendierte etwa für Albrecht Dürers „Meerwunder“ mit einer der geraubten Aktfigur nach antiker Mythologie nur 46.000 Euro (Taxe 60.000 EUR) oder für den detailreichen Kupferstich des heiligen Hubertus von etwa 1501 nur 20.000 Euro (Taxe 24.000 EUR). Für den „Gewalttätigen“, mit dem Dürer um 1495 das Thema des Liebespaares im Garten auf drastische Weise als junge verheiratete Frau und personifizierten Tod paraphrasiert, fand sich bei 25.000 Euro überhaupt kein Käufer. Auf der Habenseite standen dafür die 30.000 Euro, die die ebenfalls symbolschwangere Eisenradierung „Der sogenannte Verzweifelnde“ um 1515 einspielte (Taxe 12.000 EUR). Insgesamt konnte Bassenge schlussendlich auf eine hohe losbezogene Zuschlagsquote von knapp 75 Prozent, einen Nettoumsatz von fast 1 Million Euro und einzelne Wertsteigerungen vor allem im kleineren Bereich frohgemut zurückblicken.
Zu Beginn der Auktion setzte Heinrich Aldegrever einige Glanzpunkte, etwa mit seinem Kupferstich „Madonna mit dem Kind auf der Mondsichel“ von 1553, der dem Vorbild Dürers folgt, bei 3.600 Euro (Taxe 2.400 EUR) oder der seltenen vollständigen Folge „Die sieben Laster“ von 1552 bei 3.000 Euro (Taxe 1.200 EUR). Auch wenn Aldegrevers „Selbstbildnis im Alter von 35 Jahren“ bei 3.000 Euro auf kein Interesse stieß, war es doch vor allem die Portraitgrafik, die über die Jahrhunderte hinweg bei den Sammlern reüssierte. Bei den Alten Meistern gelang dies vor allem Lucas Kilian, der sich bei seinem Bildnis von Albrecht Dürer mit langer Lockenmähne, Bart und pelzverbrämtem Mantel um 1608 an eine Vorlage Hans Rottenhammers hielt und damit nun 5.500 Euro generierte (Taxe 3.500 EUR). Dazu trat dann etwa noch Rembrandt, der um 1631 seine alte verhärmte Mutter mit schwarzem Schleier abkonterfeite und die Schätzung auf 9.000 Euro verdoppelte. Weitere Höhepunkte in der gut bestückten Rembrandt-Suite waren das intime Interieur „Die Heilige Familie mit der Katze“ von 1654 bei 6.500 Euro (Taxe 6.000 EUR) oder die weite flache Landschaft „Ansicht von Amsterdam“ um 1640 bei 16.500 Euro (Taxe 12.000 EUR).
Frühe Blätter
Noch in der Spätgotik ist Martin Schongauers Schaffen anzusiedeln, der als erster „Weltstar“ der Grafik gelten kann. Aus seinem zwölfteiligen Passionszyklus legte er unter anderem die Kupferstiche „Christus am Kreuz“ für 4.200 Euro (Taxe 4.000 EUR) und „Christus in der Vorhölle“ für 6.500 Euro vor (Taxe 4.500 EUR). Schongauers „Fünfte der Klugen Jungfrauen“ trat ebenfalls gewinnbringend bei 4.600 Euro hinzu (Taxe 1.500 EUR). Der anonyme frühe niederländische Monogrammist FVB wiederholte im Gegensinn Schongauers Darstellung des schwebenden heiligen Antonius, der von grausigen Dämonen arg gepeinigt wird. Diese Platte eignete sich wiederum Israhel van Meckenem an, überarbeitete sie und ersetzte dessen Monogramm wohl in betrügerischer Absicht durch sein eigenes. Dennoch schnellte dieses durch drei Hände geschaffene Blatt von 750 Euro auf 7.000 Euro. Jacques Callots gut hundert Jahre jüngere, genauso furchterregende, aber viel theatralischer angelegte „Versuchung des heiligen Antonius“ ließ sich ebenfalls nicht lumpen und forderte 11.000 Euro (Taxe 3.000 EUR).
Einträglich liefen bei den religiösen Themen zudem einige der figuren- und symbolreichen Deutungen christlicher Tugenden und Todsünden von Pieter Bruegel d.Ä., die Philips Galle oder Pieter van der Heyden stachen: die „Fortitudo“ bei 4.400 Euro und die „Invidia“ bei 5.000 Euro (Taxe je 1.800 EUR). In letzter Kombination gab es auch den Kupferstich „Christus in der Vorhölle“ um 1561 für 4.400 Euro (Taxe 1.500 EUR). Der liebevolle Clair-obscur-Holzschnitt „Die Madonna mit dem Kind“ von Francesco Mazzolas, genannt Parmigianino, verließ erst bei 6.500 Euro den Auktionsaal (Taxe 4.500 EUR), Bartolomeo Passarottis manieristische Radierung des kraftvollen Apostels Petrus nach Taddeo Zuccaro erst bei 7.500 Euro (Taxe 1.500 EUR). Die barocke Jenseitssehnsucht spricht aus Georg Deglers braun-schwarzer Radierung „Memento mori“ mit einem Totenkopf, aus dem eine Schlange kriecht, und einem verglimmenden Wachsdocht. Für das kleine seltene Blatt von 1660 gab es 2.600 Euro (Taxe 2.400 EUR).
Beim Manierismus hatte die kolorierte Radierung „Frauen im Bade“, in der sich Jean Mignon, ein Künstler aus der Schule von Fontainebleau, auf eine Vorlage von Luca Penni berief und eine elegante Schau der Entblößung inszenierte, bei 15.000 Euro das Nachsehen. Das bügelte Hendrick Goltzius’ von drei Platten gedruckter Kupferstich „Hochzeit von Amor und Psyche“ wieder aus. Die 85 Zentimeter breite Grafik von 1587 mit einem gut gefüllten Götterhimmel, für die Bartholomäus Spranger die kreative Vorarbeit leistete, kletterte von gleicher Basis auf 32.000 Euro. Hofiert wurden Albrecht Altdorfers Holzschnitt „Der Fahnenträger in der Landschaft“ bei 1.700 Euro, Hans Sebald Behams Beschäftigung mit diesem Thema in Form der Eisenradierung „Ein Landsknecht, neben einem Baum stehend“ von 1520 bei 2.500 Euro (Taxe je 600 EUR) oder seine allegorischen Kupferstiche auf „Die sieben Freien Künste“ bei 3.600 Euro (Taxe 1.800 EUR). Gleichfalls als weibliche Personifikationen schuf wohl der in Haarlem tätige Gillis van Breen um 1600 seine Sinnbilder auf die Wahrheit, Gerechtigkeit und Nächstenliebe, die das Publikum bei 12.000 Euro begeistert aufnahm (Taxe 3.500 EUR).
Druckgraphik des 18. Jahrhunderts
Auch bei der Druckgrafik des 18. Jahrhunderts machte die Portraitkunst auf sich aufmerksam, so Johann Friedrich Bolt mit seinem kleinen persönlichen Selbstbildnis in Schabkunst von 1799 bei 1.800 Euro (Taxe 900 EUR). Noch mehr Engagement rief das delikate Bruststück des Kupferstechers Christian von Mechel hervor; vielleicht eine Selbstbefragung, gesichert ist das nicht. Jedenfalls besticht die klassizistische Radierung mit Weichgrundätzung um 1780 durch ihren verfeinerten und experimentellen Duktus und entlockte den Sammlern 5.500 Euro (Taxe 1.800 EUR). Schon der Romantik neigt Carl Wilhelm Kolbe d.Ä. mit seinen fast surrealen Naturschöpfungen zu. Seine um 1824/35 radierten zwei liegenden Schafe unter dichtem Kräuterwerk verbesserten sich von 900 Euro auf 3.400 Euro. Die bekannten Namen standen in dieser Rubik für die höchsten Preise: Bernardo Bellottos Dresden-Ansicht „Vue de la Grande Place du Vieux Marché“ von 1752 für 6.000 Euro (Taxe 8.000 EUR) – seine zwei Jahre ältere „Vue de la Place de la ville-neuve de Dresden“ hatte bei 7.500 Euro kein Glück – und Giovanni Battista Piranesis Frühdrucke aus der Folge „Carceri d’invenzione“. Am besten schnitt hierbei „Der Treppenaufgang mit den Trophäen“ bei 11.000 Euro ab (Taxe 8.000 EUR).
Druckgraphik des 19. Jahrhunderts
Ein Nachfolger Kolbes im 19. Jahrhundert war Rodolphe Bresdin. Auch er schuf 1861 für sein biblisches Thema „Le bon Samaritain“ ein undurchdringliches Dickicht aus Büschen und Bäumen mit knorrigem Geäst sowie Affen, Eulen, Fledermäusen und anderen Lebewesen. Allerdings musste er für die Ausgabe der Lithografie von 1867 einen Abschlag von 6.000 Euro auf 4.000 Euro hinnehmen, ebenso sein Landsmann Eugène Delacroix mit seiner Wüstenszene der lagernden „Arabes d’Oran“ aus dem Jahr 1833 von 4.000 Euro auf 3.500 Euro. Charles Meryons Veduten von Paris haben immer etwas Unheimliches an sich. Bei seinem Blick auf die Fassade der Kirche Saint-Étienne-du-Mont dominieren die dunklen Ecken und eine gewisse Enge, was die Bieter aber mit einem Zuschlag bei 2.200 Euro honorierten (Taxe 800 EUR). Gefragt war zudem Jean-François Raffaëllis Selbstbildnis beim konzentrierten Malen vor der Staffelei von 1895 mit 1.800 Euro (Taxe 750 EUR), während die sechs charmanten Blätter mit den Töchtern des bayrischen Königs Max I. Joseph, die Ferdinand Piloty d.Ä. um 1813 nach zeichnerischen Vorlagen Josef Karl Stielers lithografierte, samt weiteren über hundert beigebundenen Blättern auf 3.000 Euro nachgaben (Taxe 4.000 EUR).
Mehr Fortune bewies da Johann Wilhelm Schirmer mit seiner Radierung „Der Wald mit dem schleichenden Fuchs“ aus seinem nur knapp 30 Arbeiten umfassenden grafischen Œuvre. Die Sammler konnten sich erst bei 3.400 Euro einigen (Taxe 750 EUR). Otto Greiners unprätentiöses Konterfei seines Künstlerkollegen Max Klinger von 1914 in einem eigenhändigen spiegelbildlichen Umdruck wurde mit 6.000 Euro belohnt, genauso wie Klingers grüblerisches Selbstbildnis vor der Staffelei in der Dachstube (Taxe je 2.400 EUR). Noch mehr nahmen mit jeweils 8.000 Euro Klingers vom Naturalismus inspirierte Radierung „Eine Mutter“, die ihren tot aus dem Wasser geborgenen Sohn eben gewahr werden muss (Taxe 3.500 EUR), und sein erster Radierversuch „Die Sphinx“ in einer kargen Berglandschaft von 1878 ein (Taxe 12.000 EUR).
Symbolistisch blieb es unter anderem mit James Ensors bekannter Kaltnadelradierung „La Cathedrale“ von 1886, umgeben von einem Menschenmeer, für hohe 8.500 Euro und seiner gleichaltrigen, an Rembrandt erinnernden Figurenszene „Iston, Pouffamatus ... examinant les Selles de Darius“ mit eigenhändiger Widmung an Henry van de Velde für 7.000 Euro (Taxe je 2.400 EUR). Ludwig Heinrich Jungnickels Farbholzschnitt zweier lustiger „Makak Affen“ freute sich über 3.000 Euro, Walther Klemms ebenfalls dem Jugendstil verpflichtetes Blatt „Eislaufplatz“ von 1909 in selber Technik über 1.700 Euro (Taxe 300 EUR). Und auch die beiden aus dem nebulösen dunklen Nichts auftauchenden Selbstbildnissen von Hermann Sandkuhl und Richard Winckel von 1904 unter dem Titel „Prosit“ stießen bei 950 Euro und 2.200 auf einigen Anklang (Taxe 400 und 350 EUR).
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |  | Kontakt: Galerie Bassenge Erdener Straße 5a DE-14193 Berlin |
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08.07.2021 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching |  |
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 Parmigianino,
Francesco Mazzola,
genannt Die Madonna
mit dem Kind |  | Taxe: 4.500,- EURO Zuschlag: 6.500,- EURO Losnummer: 5149 |  |  |  |  |  | 
 James Ensor, La
Cathedrale, 1886 |  | Taxe: 2.400,- EURO Zuschlag: 8.500,- EURO Losnummer: 5390 |  |  |  |  |  | 
 Hendrick Goltzius,
Die Hochzeit von Amor
und Psyche, 1587 |  | Taxe: 15.000,- EURO Zuschlag: 32.000,- EURO Losnummer: 5094 |  |  |  |  |  | 
 Max Klinger, Der
Künstler in der
Dachstube, 1913 |  | Taxe: 2.400,- EURO Zuschlag: 6.000,- EURO Losnummer: 5411 |  |  |  |  |  | 
 Giovanni Battista
Piranesi, Der
Treppenaufgang mit
den Trophäen, um 1749 |  | Taxe: 8.000,- EURO Zuschlag: 11.000,- EURO Losnummer: 5279 |  |  |  |  |  | 
 Bernardo Bellotto,
Vue de la Grande Place
du Vieux Marché, 1752 |  | Taxe: 8.000,- EURO Zuschlag: 6.000,- EURO Losnummer: 5226 |  |  |  |  |  | 
 Hermann Sandkuhl,
Selbstbildnis |  | Taxe: 400,- EURO Zuschlag: 950,- EURO Losnummer: 5422 |  |  |  |  |  | 
 Otto Greiner,
Bildnis von Max
Klinger in Leipzig,
1914 |  | Taxe: 2.400,- EURO Zuschlag: 6.000,- EURO Losnummer: 5402 |  |  |  |  |  | 
 Albrecht Dürer, Das
Meerwunder (Der Raub
der Amymone), vor
1500 |  | Taxe: 60.000,- EURO Zuschlag: 46.000,- EURO Losnummer: 5076 |  |  |  |  |  | 
 Lucas Kilian,
Bildnis Albrecht
Dürer in halber
Figur, 1608 |  | Taxe: 3.500,- EURO Zuschlag: 5.500,- EURO Losnummer: 5111 |  |  |  |  |  | 
 Albrecht Dürer, Der
sogenannte
Verzweifelnde, um
1515 |  | Taxe: 12.000,- EURO Zuschlag: 30.000,- EURO Losnummer: 5082 |  |  |  |  |  | 
 James Ensor, Iston,
Pouffamatus ...
examinant les Selles
de Darius, 1886 |  | Taxe: 2.400,- EURO Zuschlag: 7.000,- EURO Losnummer: 5389 |  |  |  |  |  | 
 Jacques Callot, La
Tentation de St.
Antoine, 1635 |  | Taxe: 3.000,- EURO Zuschlag: 11.000,- EURO Losnummer: 5042 |  |  |
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