Henrike Naumanns „Einstürzende Reichsbauten“ in BerlinWie tief eine Ideologie in private Räume eindringt, veranschaulicht die aktuelle Installation von Henrike Naumann im ehemaligen Berliner Atelier Arno Brekers. Allerdings dreht sie bei ihrer Arbeit im Kunsthaus Dahlem den Spieß um: Naumann wandelt den kühlen Arbeitsraum des nationalsozialistischen Bildhauers mit Nippes, Spielzeug und Möbeln scheinbar in ein gemütliches Wohnzimmer mit teils überproportionierten Dimensionen um. So steht in dem nüchternen, weiß gestrichenen Raum ein bäuerlicher Jogltisch mit Stühlen, die man aus älteren bayerischen Gaststuben mit bürgerlicher Küche kennt. Dahinter kombiniert Naumann eine Sitzgruppe, die wegen ihrer Mischung aus Massigkeit und Altbackenheit aus Hitlers Reichskanzlei stammen könnte, mit einem modernen, gebogenen Bücherregal, das vielleicht einmal in einem Ikea- oder Designer-Katalog zu finden war.
In der Mitte steht eine männliche, einer Schaufensterpuppe nicht unähnliche Plastik, die mit Lampenschirmen bewehrt ist und sowohl an die Futuristen, als auch an den ehemaligen Hausherren erinnert. Insgesamt findet sich im Kulturhaus Dahlem ein erschreckendes Vexierspiel, das diese Hinterlassenschaft des Dritten Reiches ungewöhnlich anregend macht. Schon länger erschafft die 1985 in Zwickau geborene Henrike Naumann derartige Arrangements aus Möbeln, Designobjekten und Gebrauchskunst, mit denen sie Ideologien, politische Realitäten und historische Ereignisse vor allem mit rechtem Gedankengut kritisch beleuchtet. So beschäftigt sich ihre Arbeit „Ruinenwert“ von 2019 mit Hitlers Empfangssaal am Berghof auf dem Obersalzberg, wo sich der Diktator gerne als besonders volksnah in Szene setzte.
Die Ausstellung „Henrike Naumann: Einstürzende Reichsbauten“ ist bis zum 28. November zu sehen. Das Kunsthaus Dahlem hat täglich außer dienstags täglich zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 6 Euro, ermäßigt 4 Euro. Ein gut 100seitiges Buch bündelt die letzten Arbeiten Naumanns zu diesem Thema und ist für 16 Euro im Distanz Verlag erschienen.
Kunsthaus Dahlem
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