Hamburger Phoxxi geht mit drei Positionen an den Start  |  | Neu in Hamburg: Das Phoxxi. Haus der Photographie temporär | |
Morgen eröffnet bei den Hamburger Deichtorhallen das „Phoxxi“. Es ist der temporäre Ersatz für das Haus der Photographie, das etwa drei Jahre lang saniert werden muss. Die Ausstellungshalle, deren bunte Streifenfassade der Künstler Anselm Reyle gestaltet hat, präsentiert auf 820 Quadratmetern zeitgenössische Positionen der Fotografie. Den Anfang bildet nun die Trilogie mit Werken von Jack Davison, Omer Fast und Frida Orupabo. Das Ziel der Schau ist ein Brückenschlag zwischen historischer Fotografie und der digitalen Gegenwart des 21. Jahrhunderts. Der 1990 in Essex geborene Jack Davison arbeitet mit ikonischen Bildern als Ausgangspunkt. Der in London lebende Fotograf und Anglist vereint mehrere Genres, Stile und Techniken miteinander, die vom Experiment bis zum objektiven Dokumentarfilm, vom Porträt aus der Mitte des 20. Jahrhunderts hin zur konzeptionellen Studie reichen. Seine verzerrten Gesichtsbilder erinnern an Arbeiten von Max Ernst oder Man Ray, seine Bildsprache ist von Salvador Dalí inspiriert, die er mit Lichtreflexen und Requisiten ergänzt und ihr einen surrealen traumwandlerischen Ausdruck mitgibt. Dabei nutzt Jack Davison, dessen Fotos in der British Vogue, dem New York Times Magazine oder Rolling Stone veröffentlicht wurden, die Präsentationsästhetik von Internetseiten wie Flickr.
Der Videokunst hat sich der in Berlin lebende Omer Fast verschrieben. Der gebürtige Israeli, der 1972 in Jerusalem zur Welt kam, untersucht in seiner 3D-Mehrkanal-Video-Installation „August“ das Werk von August Sander. Sander gehört zu den wichtigsten Fotografen des frühen 20. Jahrhunderts. Omer Fast stellt die historische Persönlichkeit als einen fiktiven Charakter am Ende seines Lebens dar: Sander ist fast blind und wird vom Tod seines Sohnes und den Geistern der von ihm fotografierten Figuren heimgesucht. Ein weiteres Thema bildet Sanders Portraitreihe „Menschen des 20. Jahrhunderts“, die zwischen 1900 und der Mitte der 1930er Jahre entstand. Omer Fast, der auf der Documenta und der Biennale in Venedig wie auch im MUMOK in Wien oder dem Whitney Museum of American Art in New York ausstellte, interessiert die Frage, ob die Fotografie als Medium die Wahrheit über Menschen und die Gesellschaft abbilden kann. Fasts Ansatz, der zwischen einer erzählerischen Dokumentation und Fiktion changiert, gehört zum Genre der „Parafiction“.
Die norwegisch-nigerianische Künstlerin Frida Orupabo, Jahrgang 1986, benutzt im Internet gefundene historische Bilder und Abbildungen aus der Kolonialgeschichte, aus Musikvideos, afroamerikanischen Medien oder privaten Aufnahmen zur eigenen Herkunfts- und Identitätsfindung. Ihr Archiv, das sie über ihren Instagram-Account @nemiepeba öffentlich macht, bildet für sie eine Grundlage, um das koloniale Erbe zu verstehen und zu verarbeiten. Dabei erweitert Orupabo ihre digitale Collage in den Raum: Körperabbildungen sind zerstückelt, sie setzt die Gestalten zu verzerrten Gliederpuppen mit Reißzwecken zusammen oder konfrontiert sie mit Genrebildern. Rassismus und Sexismus sind die Themen ihrer Arbeiten, die sie vom Internet über Wände, Tische und Böden in den Raum erweitert.
Die Schau „Jack Davison, Omer Fast und Frida Orupabo“ läuft vom 30. September bis zum 23. Januar 2022. Das Phoxxi hat täglich außer montags von 11 Uhr bis 18 Uhr geöffnet und bleibt zu Heiligabend und Silvester geschlossen. Der Eintritt kostet regulär 8 Euro, ermäßigt 5 Euro, für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist frei.
Deichtorhallen Hamburg – Phoxxi. Haus der Photographie temporär
Deichtorstraße 1-2
D-20095 Hamburg
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