Berlin gedenkt der Sammlung Solly | | Hans Holbein d.J., Der Kaufmann Georg Gisze, 1532 | |
Als der preußische Staat im Sommer 1821 die Kunstsammlung des englischen Holz- und Getreidehändlers Edward Solly erwarb, katapultierte dies die Berliner Museumslandschaft mit einem Schlag an die Weltspitze. Die bald darauf gegründeten Königlichen Museen zu Berlin, die heutigen Staatlichen Museen, können sich dank dieses Coups Gemälde von Jan van Eyck, Giotto di Bondone, Sandro Botticelli, Raffael, Paul Bril, Girolamo Romanino, Hans Holbein d.J., Davide Ghirlandaio und Rembrandt rühmen. Jetzt gedenkt die Berliner Gemäldegalerie dieser Erwerbung mit einer Jubiläumsschau. In der Dauerausstellung sind zudem Hinweise zu den zahlreichen Gemälden angebracht, die aus der Sammlung dieses frühen Förderers der Berliner Museen stammten – in fast jedem Saal der Galerie sind sie zu finden. Leihgaben des Kupferstichkabinetts, der Staatsbibliothek und des Geheimen Staatsarchivs sowie der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten runden die Präsentation ab.
Unter dem Titel „Die Sammlung Solly 1821-2021. Vom Bilder-‚Chaos‘ zur Gemäldegalerie“ thematisiert das sechsköpfige Kuratorenteam die Vita und die Sammelleidenschaft von Edward Solly. Zudem erinnert es an weitere Persönlichkeiten, die die Errichtung eines öffentlichen Museums in Berlin zu Beginn des 19. Jahrhunderts vorangetrieben haben, darunter allen voran Karl Friedrich Schinkel, aber auch weniger bekannte Protagonisten wie den Archäologen Aloys Hirt und den damaligen Kultusminister Karl von Stein zum Altenstein. Mit 35 ausgewählten Werken präsentiert die Ausstellung die Vielschichtigkeit und Breite der Sammlung Solly und beleuchtet unter verschiedenen Aspekten den Wandel in der Wertschätzung einzelner Stücke. Gezeigt werden Meisterwerke, Wiederentdeckungen und – wie es 1830 hieß – „historische Merkwürdigkeiten“.
Zu sehen sind etwa Jan Gossaerts „Neptun und Amphitrite“ von 1516, eine Ikone der europäischen Kunstgeschichte, die aufzeigt, wie die Grundpfeiler der italienischen Renaissance – Zentralperspektive sowie Antiken- und Naturstudium – von einem niederländischen Maler weiterentwickelt wurden. Dieses und 3011 weitere Gemälde gelangten 1821 aus Sollys Wohnhaus in der Berliner Wilhelmstraße in den Besitz Preußens. Sollys Haus muss vor Bildern schier übergequollen sein, so schrieb August von Goethe an seinen berühmten Vater, die Gemälde seien „an und über einander gehäuft in 30–40 Zimmern“ gehangen. Fast habe man Angst, dass „die Decken brechen möchten“. Der Ankauf ist für Berlin bis heute ein Glücksfall und dürfte nur aufgrund der chaotischen weltpolitischen Lage nach den Napoleonischen Kriegen möglich gewesen sein. Unternehmergeist und Kunstbegeisterung, politischer Reformwillen und staatliche Finanzierung, verbunden mit persönlichem Engagement, führten zwischen 1815 und 1821 dazu, dass Solly einen Gemäldeschatz ungekannter Qualität zusammentragen konnte, aus dem eine international bedeutende und impulsgebende öffentliche Gemäldesammlung hervorging.
Die Ausstellung „Die Sammlung Solly 1821-2021. Vom Bilder-‚Chaos‘ zur Gemäldegalerie“ läuft bis zum 16. Januar 2022. Die Gemäldegalerie am Kulturforum hat dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, am Wochenende erst ab 11 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 10 Euro, ermäßigt 5 Euro. Begleitend erscheint im Deutschen Kunstverlag ein Katalog, der im Handel 36 Euro und im Museum für 25 Euro erhältlich ist.
Gemäldegalerie – Staatliche Museen zu Berlin
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