Österreich ehrt Martha Jungwirth | | Martha Jungwirth erhält den Großen Österreichischen Staatspreis 2021 | |
Der Große Österreichische Staatspreis geht in diesem Jahr an Martha Jungwirth. Das gab Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer heute in Wien bekannt. Damit erhält die 81jährige Malerin, die gerne als bekannteste unbekannte Künstlerin des Landes bezeichnet wird, die höchste Auszeichnung der Republik für ihr „künstlerisch herausragendes Lebenswerk“. Mit berühmten Kolleginnen wie Louise Bourgeois, Joan Mitchell oder Maria Lassnig teilt die 1940 in Wien geborene Jungwirth das Schicksal der späten Wiederentdeckung. Erst 2014 widmete ihr die Kunsthalle Krems eine umfangreiche Retrospektive, der 2018 zur Verleihung des Oskar Kokoschka-Preises in der Wiener Albertina eine weitere ansehnliche Präsentation folgte. Prominent war zudem in der Saison 2019/20 Jungwirths Gestaltung des Eisernen Vorhangs in der Wiener Staatsoper mit dem „Trojanischen Pferd“ auf 176 Quadratmetern.
Dabei wurde Martha Jungwirth bereits Ende der 1960er Jahre durch die Ausstellung „Wirklichkeiten“ in der Wiener Secession einer breiten Öffentlichkeit bekannt, in der ihre Arbeiten gemeinsam mit denen von Franz Ringel, Peter Pongratz, Wolfgang Herzig, Robert Zeppel-Sperl und Kurt Kocherscheidt gezeigt wurden. Gegen das damals international dominierende Informel setzte die lose Gruppe eine gesellschaftsrelevante realistische Malerei. Da ihr Werk – anders als das ihrer männlichen Kollegen – aber zwischen Abstraktion und Figuration changiert, blieb Jungwirth aber immer eine Außenseiterin. 1967 wurde sie in Barcelona mit dem Joan Miró Preis ausgezeichnet, 1977 folgte eine Einladung zur Documenta 6 nach Kassel. Danach wurde es für viele Jahre still um sie.
In ihrem Schaffen griff Martha Jungwirth zunächst soziokulturelle Themen auf, die teils feministische Züge erkennen lassen. Dann interessierte sie sich zunehmend auch für das Innenleben von Alltagsgeräten, die sie röntgenbildartig zeichnete. Nicht nur Gegenstände, auch Stadt- oder Landschaftsdarstellungen finden sich als Inspirationsquelle in ihrem Werk. Ergebnis ist eine subjektive, zunehmend in die gestische Abstraktion mündende Auseinandersetzung mit ihrer Umgebung, die sie in zahlreichen Bleistiftzeichnungen, mit Vorliebe in Aquarellen sowie Arbeiten in Öl und Tusche umsetzt und dafür die Farbe schichtet, überlagert, verwischt oder verlaufen lässt.
Der Große Österreichische Staatspreis ist die höchste Ehrung, die die Republik Österreich einer Künstlerin oder einem Künstler für besonders hervorragende Leistungen verleiht. Der aus 21 Mitgliedern bestehende Österreichische Kunstsenat nominiert jährlich eine Persönlichkeit ohne festgelegtes Rotationsprinzip aus den Bereichen Architektur, Bildende Kunst, Literatur oder Musik für den Staatspreis, der mit 30.000 Euro dotiert ist. Preisträger waren bei der Bildenden Kunst und Architektur unter anderem Renate Bertlmann, Elke Delugan-Meissl und Roman Delugan, Josef Frank, Bruno Gironcoli, Clemens Holzmeister, Friedensreich Hundertwasser, Maria Lassnig, Walter Pichler, Heinz Tesar, Alfred Wickenburg und im vergangenen Jahr Laurids und Manfred Ortner. Die Verleihung an Martha Jungwirth findet am kommenden Montag im Leopold
Museum statt. |