Dirck van Baburen ist bei Koller in Zürich kein Unbekannter. Schon 2017 sorgte der Niederländer, der zusammen mit Gerrit van Honthorst und Hendrick ter Brugghen in seiner Heimatstadt Utrecht die Malerei in der Nachfolge Caravaggios hochhielt, mit seinem forschen Geigenspieler samt Weinglas für einigen Wirbel, als der Hammer erst bei 500.000 Franken zum Achtfachen der Erwartung fiel. Und auch jetzt gelang Barburen mit einer raffinierten Komposition in straken Hell-Dunkel-Kontrasten wieder ein Coup. Seine spannungsreiche „Opfergabe an Ceres“, in der fünf Menschen unterschiedlichen Alters einer Statue der Gottheit eben Gaben darbringen, stieß bei dem Schweizer Versteigerer auf internationale Resonanz und verließ den Auktionssaal erst zum Rekordpreis von 1,2 Millionen Franken. Damit zog Koller auch an Sotheby’s in London vorbei, das das fast zwei Meter breite Gemälde zuletzt im Dezember 2013 für 480.000 Pfund verkauft hatte. An diesem Wert orientierte sich Koller jetzt mit seiner Schätzung von 500.000 bis 800.000 Franken.
Wem dies zu teuer war, hatte sich in Zürich noch für Dirck van Baburens freizügige Szene „Die Kupplerin“, die vor einem Soldaten einer jungen Frau eben das Mieder lost, erwärmen können. Die Leinwand mit einem hohen Werkstattanteil, einer schlichteren Bildanlage und einem schlechteren Erhaltungszustand verabschiedete sich taxkonform bei 45.000 Franken. Einen zweiten Auktionsrekord stellte der Florentiner Renaissance-Künstler Giovanni Maria Butteri auf. Seine hochformatige nackte weibliche Allegorie auf die Tugend der Geduld hielt erst bei 140.000 Franken Einzug in eine europäische Privatsammlung (Taxe 20.000 bis 30.000 SFR). Auch wenn die Alten Meister die zugkräftigsten und teuersten Arbeiten stellten, ging doch nicht alles weg, was Koller an Hochpreisigem in die Auktion aufgenommen hatte, darunter mehrere niederländische Landschaften, wie Jan van Goyens auf Ockertöne reduzierter „Strand von Scheveningen“ von 1641 (Taxe 100.000 bis 150.000 SFR), Jan Wildens’ weite Flusslandschaft mit einer Fähre (Taxe 60.000 bis 80.000 SFR) und vor allem eine winterliche Stadt an einem vereisten Fluss, an der Josse de Momper d.J. und Jan Breughel d.J. gemeinsam gearbeitet hatten (Taxe 150.000 bis 200.000 SFR). So lag denn die losbezogene Zuschlagsquote für die Gemälde Alter Meister am 23. September bei guten, aber nicht überragenden 65 Prozent.
Auf der Habenseite stand dann Adriaen Pietersz van de Vennes Winterlandschaft, die er mit eleganten Figuren beim vergnüglichen Eislaufen auf einem zugefrorenen Fluss vor einer Stadt ausgestattet hat. Der Tondo brachte es auf 310.000 Franken (Taxe 300.000 bis 400.000 SFR). Auch nicht viel größer waren die unzähligen Edeldamen und -herren, die sich im Forêt de Soignes bei Brüssel um den Teich Vivier d’Oye versammelt hatten. Anlass ist die Ankunft des Erzherzogenpaars Albrecht VII. und Isabella Clara Eugenia, die Denis van Alsloot und seine Werkstatt beinahe unauffällig in eine Kutsche gesteckt haben. Das Wimmelbild kletterte von 150.000 Franken auf 380.000 Franken. Auf niedrigerem Preisniveau reüssierten dann etwa noch Jacob van Ruisdaels ungewöhnliche skandinavische Landschaft mit einem Wasserfall, einer einfachen Hütte und zwei Nadelbäumen bei 32.000 Franken (Taxe 15.000 bis 25.000 SFR) oder Adriaen van de Veldes ruhige Stimmung einer Viehherde samt jungem Hirten, der sich am Bach die Füße wäscht, bei 15.000 Franken (Taxe 4.000 bis 6.000 SFR). Der Rubens-Schüler Jan Boeckhorst konnte sich mit seiner liebevollen Schilderung einer Maria lactans aus dem Jahr 1646 zur oberen Schätzung von 40.000 Franken dursetzen.
Kaum Zugkraft bei den Stillleben
Die Stilllebenmaler bekamen dann wieder die Zurückhaltung der Käufer zu spüren. So wanderten Jan van Kessels d.Ä. reich gedeckter Tisch mit vier Tellern samt kandierten und frischen Früchten, weiterem Obst und Zuckergebäck, an denen sich zwei knabbernde Meerschweinchen und ein Eichhörnchen delektieren, bei 80.000 bis 120.000 Franken oder Carstian Luyckx’ dekoratives Arrangement aus Schatulle, Spielkarten, einem Korallenbaum und einer Knabenskulptur bei 40.000 bis 60.000 Franken wieder an ihre Einlieferer zurück. Für Gillis de Berghs geschmackvolle Komposition aus Sektflöte, Trauben, Wanli-Schale und Papagei blieben die unteren anvisierten 20.000 Franken übrig. Einzig Cornelis de Bryer platzierte seine dichte Anhäufung saftiger Kirschen, Zwetschgen, Quitten und Haselnüsse bei 17.000 Franken über der Erwartung von 8.000 bis 12.000 Franken.
Neben Butteri war Jacopo da Ponte, auch bekannt als Jacopo Bassano, das Zugpferd bei den Italienern. Seine mit Stilllebenelementen angereicherte, detailverliebte Ernteszene erfreute sich als Allegorie des Herbstes bei 200.000 Franken regen Zuspruchs (Taxe 80.0000 bis 100.000 SFR). Sein Sohn Leandro Bassano gab die schon am Übergang zum Barock stehende biblische Erzählung „Moses schlägt Wasser aus dem Stein“ für 26.000 Franken ab (Taxe 20.000 bis 30.000 SFR). Bei der noch mittelalterlichen Malerei aus Italien gingen die drei Tafeln eines mehrflügeligen Altars von Battista di Biagio Sanguigni mit zentraler Madonna sowie den Heiligen Jakobus d.Ä. und Maurus respektive Johannes den Täufer und Antonius Abbas, die diesmal mit halbierter Schätzung angetreten waren, zu den untern anvisierten 80.000 Franken weg. Der Meister von San Miniato, ein in der Toskana im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts tätiger Maler, trat mit seiner Maria samt Kind, den Heiligen Franziskus und Julianus und einem Gnadenstuhl zielstrebig bei 35.000 Franken auf (Taxe 20.000 bis 30.000 SFR).
Den Abschluss in der Sektion Alte Meister machten einige Gemälde des Klassizismus. Hier wurden die Käufer etwa bei dem charmanten Bildnis der kleinen, in ein blaues Seidengewand gekleideten Margaretha Bachofen aus Basel für 13.000 Franken fündig, die der Schweizer Maler Joseph Esperlin im Jahr 1761 beim Stricken festhielt (Taxe 4.000 bis 6.000 SFR). Dass „Sex sells“, wusste schon Jacques-Antoine Vallin und schuf in der Nachfolge Fragonards zahlreiche weibliche Akte, etwa eine junge Frau, die nach dem Lesen eines Briefes auf ihrem Bett eine Ohnmacht nimmt und nun sich für 22.000 Franken in einem neuen Zuhause wieder davon erholen muss (Taxe 8.000 bis 10.000 SFR). So gewagt durfte Angelika Kauffmann als Malerin nicht gestalten und kleidete ihre tragische weibliche Königin Dido, die aus Liebeskummer eben auf den Scheiterhaufen steigt, in ein züchtiges Chiffongewebe, was ihr aber doch 70.000 Franken einbrachte (Taxe 70.000 bis 90.000 SFR). Kauffmanns kleines Selbstporträt im Oval von 1780 ließ sich bei 55.000 Franken erst recht nicht lumpen (Taxe 30.000 bis 50.000 SFR).
Impressionistisches bei den Neueren Meister
An der Spitze der Offerte mit Gemälden des 19. Jahrhunderts standen unangefochten drei impressionistische Werke von Eugène Boudin: Sein 1892 entstandener bewölkter Tag am Hafen von Le Havre mit großen Segelschiffen hielt sich mit 145.000 Franken genauso an die Vorgaben, wie zwei kleinere Hafenansichten von Trouville mit 100.000 Franken und 60.000 Franken. Da Barend Cornelis Koekkoeks weiter Blick über die niederrheinische Ebene mit einem Bauern samt Planwagen bei aufziehendem Sturm von 1847 ausfiel (Taxe 50.000 bis 70.000 SFR), folgte dann Peder Mork Mønsteds beinahe fotorealistischer Landschaftsausschnitt an einem sonnigen Waldbach von 1907 bei 35.000 Franken (Taxe 40.000 bis 60.000 SFR). Alles aus der Schule von Barbizon wurde übernommen, etwa Charles-François Daubignys „Paysan au bord de l’Étang“ für die unteren anvisierten 15.000 Franken oder Léon Germain Pelouses rurale Landschaft mit Windmühle und Segelbooten für 4.000 Franken (Taxe 2.000 bis 3.000 SFR).
Venedig geht fast immer. Das konnte Ludwig Mecklenburg mit seinem günstig auf 6.000 bis 8.000 Franken veranschlagten Blick durch den Canal Grande auf Santa Maria della Salute konstatieren: Die Tafel aus dem Jahr 1856 stieg auf 13.000 Franken. „Das Geheimnis“, das Georgina Booth und ihr jünger Bruder George, die Kinder von Jacques-Laurent Agasses Vermieter in London, eben austauschen, interessierte bei 30.000 bis 40.000 Franken dagegen niemand, ebenso Wolfgang-Adam Töpffers genaue biedermeierliche Landschaft „La halte des paysans“ aus der Mitte der 1830er Jahre (Taxe 12.000 bis 18.000 SFR). Eine Ölstudie des Nerva Forums in Rom, die Arnold Böcklin zugeschrieben wird und in etlichen Ausstellungen zu dem Schweizer Symbolisten zu sehen war, hatte es da besser. Die Architekturvedute, die sich durch summarische, aber auch detailgenaue Partien auszeichnet, forderte 14.000 Franken (Taxe 10.000 bis 15.000 SFR).
Abräumer: Arbeiten auf Papier
Lag die losbezogene Zuschlagsquote bei den Neueren Meistern nur bei 58,5 Prozent, legte sie bei den Zeichnungen auf 71 Prozent zu. Der Höhepunkt war hier aber auch ein malerischer: Der englische Orientalist John Frederick Lewis hatte sein Blatt „A fakeer at the door of a mosque – Constantinople“ 1863 mit leuchtenden Aquarell- und Gouachefarben ausgeführt und spielte dafür nun 90.000 Franken ein (Taxe 40.000 bis 60.000 SFR). Auch der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts tätige Miniaturmaler Cesare Franchi stellte eine Gouache mit einer originellen figurenreichen Sacra Conversazione zur Verfügung, die allerdings etwas untertourig bei 7.600 Franken lief. Den kleinen Verlust machte die exakte italienische Tuschestudie eines stehenden Mönchs mit Wanderstab aus dem 17. Jahrhundert bei 6.500 Franken wieder wett (Taxe 900 bis 1.200 SFR). Giovanni Battista Tiepolos Skizze eines Orientalen mit Schlapphut kostete 13.000 Franken (Taxe 10.000 bis 15.000 SFR), während der Spanier Antonio del Castillo y Saavedra – wie schon häufiger bei Koller – kräftig zulangte. Sein gemütlich an einem Baum lehnender Johannes der Täufer ließ bei 4.500 Franken aufhorchen (Taxe 1.000 bis 1.500 SFR), erst recht seine bewegt dramatische Bekehrung des Apostels Paulus bei 16.500 Franken (Taxe 1.500 bis 2.000 SFR).
Der Klassizist Jakob Philipp Hackert stieß mit seiner exakt angelegten Zeichnung des antiken. Von Pflanzen überwucherten Steinbruchs Latomia dei Cappuccini aus dem Jahr 1790 bei 3.800 Franken auf Gegenleibe (Taxe 2.000 bis 3.000 SFR), sein römischer Kollege Bartolomeo Pinelli mit der gekonnt kolorierten Darstellung einer Brigantenfamilie in den Bergen von 1823 bei 4.000 Franken (Taxe 500 bis 700 SFR). Nach Italien zog es auch den Schweizer Louis-Léopold Robert, der dort eine Italienerin mit markantem Gesicht in dickem schwarzem Kreideauftrag für 2.600 Franken portraitierte (Taxe 300 bis 400 SFR). Eugène Delacroix heimste mit seinem Studienblatt der Maske eines griechischen Philosophen gute 6.500 Franken ein (Taxe 4.000 bis 6.000 SFR), Henryk Siemiradzki mit seinen beiden weiblichen, antikisch gekleideten Gewandfiguren 2.000 Franken (Taxe 700 bis 900 SFR). Ehrgeizig präsentierten sich schließlich zwei Portraits: Bernhard Pankoks effektvoll von unten mit Schlaglicht beleuchteter junger Mann, vielleicht ein Selbstbildnis von 1893, bei 3.800 Franken (Taxe 600 bis 800 SFR) und Jan Toorops klares ausdrucksstarkes Profil der Dora Luthy-Arbenz aus dem Jahr 1909 bei 9.500 Franken (Taxe 2.000 bis 3.000 SFR).
Die Druckgrafiken und Helvetika, mit den der Auktionstag am 23. September begann, räumten richtig ab: von den 39 Positionen blieben nur fünf liegen, was die Verkaufsrate auf 87 Prozent anhob. Zum Spitzenreiter mutierte überraschend Hans Sebald Beham mit einer Bildtapete. Seine beiden spiegelbildlichen großen Holzschnitte mit Satyrn und Nymphen in dichtem Weinrankenwerk samt Vögeln schossen von 2.000 Franken auf 11.000 Franken. Damit stellte er sogar seinen weitaus bekannteren Nürnberger Kollegen Albrecht Dürer mit dessen um 1496 erstmals gedruckten Kupferstich „Die Buße des heiligen Hieronymus“ für taxgerechte 5.000 Franken in den Schatten. Der Manierist Hendrick Goltzius war mit den drei eleganten Halbfiguren Bacchus, Venus und Ceres samt Assistenzgestalten aus seiner Götterfolge von 1596 bei 9.000 Franken erfolgreich (Taxe 1.800 bis 2.500 SFR). Zum Abschluss langte Emil Orlik kräftig zu, etwa mit dem Farbholzschnitt „Der japanische Maler Kano Tomonobu“ von 1901 bei 2.800 Franken (Taxe 1.000 bis 1.500 SFR) und vor allem mit seinem bekannten radierten Portrait des Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler von 1902 bei 8.500 Franken (Taxe 1.200 bis 1.500 SFR).
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne Aufgeld. |