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Ländlicher Garten (mit Bauernhaus) / Arnold Balwé

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Aktuellzum Archiv:Auktions-Vorbericht

Die Auswahl an Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts bei Irene Lehr in Berlin bietet seinen stilistischen Streifzug durch die Epochen und lässt wieder manche Entdeckung zu. Die Bewertungen liegen dabei nicht allzu hoch

Wer Kunst kauft, kommt ins Paradies!



Georg Scholz,  Tote Hühner, 1926

Georg Scholz, Tote Hühner, 1926

„Sodann habe ich versprochen, ein ‚Hauptwerk meiner Hand‘ an die Dresdener Gemäldegalerie zur Internationalen (Termin 15. April) zu senden. Das ist das Hühnerstilleben, an dem ich mit Hochdruck arbeite. Dieses wird so in 8 Tagen fertig. Ich muß aber diese 8 Tage wie ein Wilder arbeiten“. Dies schrieb Georg Scholz am 31. Januar 1926 an seinen Freund und Mäzen Theodor Kiefer. Schon 1923 hatte der Maler ins seinem heute verschollenen Werk „Fleisch und Eisen“ zwei Frauenakte und eine hochtechnisierte, dampfgetriebene, glatte Maschine gegenübergestellt und damit ein provokantes Werk geschaffen, das fünf Jahre später in einer Ausstellung des Essener Museums Folkwang aus Gründen der Sittlichkeit entfernt werden musste. Nicht weniger herausfordernd sind seine „Toten Hühner“. Die beiden ausgenommenen und gerupften Tiere liegen im Bildvordergrund groß auf einem blutverschmierten Holztisch. Scholz konfrontiert das Federvieh mit seinen eigenen Gedärmen, einer angeschnittenen Maggi-Flasche am rechten Bildrand und mit mehreren glänzenden gusseisernen Teilen eines Fleischwolfs. Dies alles schildert er in einer sachlich-nüchternen Art. Und dennoch schwingt hinter dieser objektiven Fassade der Neuen Sachlichkeit ein Unbehagen mit, das den Betrachter auf einer existenziellen Ebene packt.


Mit den „Toten Hühner“, die direkt aus dem Atelier des Künstlers angekauft wurden und seither in Familienbesitz hingen, hat Irene Lehr ein marktfrisches kapitales Gemälde aufgetan und es zurecht mit 100.000 Euro bewertet. Wieder einmal ist es der Berliner Auktionatorin und ihrem Team gelungen, die kommende Versteigerung zu einem bemerkenswert breiten Querschnitt durch die Kunst des 20. Jahrhunderts überwiegend aus dem deutschsprachigen Raum werden zu lassen. Bekannte Namen finden sich neben längst vergessenen und machen die Auswahl ein weiteres Mal zu einer Fundgrube für Entdeckungen. Denn wer kennt heute etwa noch den rheinischen Maler und Corinth-Schüler Ludwig ten Hompel, der 1923 seinem Stillleben mit Buch und Krug die für die Moderne so wichtige afrikanische Skulptur hinzugeführt hat (Taxe 600 EUR), oder den 1944 gefallenen Gunter Katzke, der in seinem Aquarell „Ferien auf Rügen“ in gewagter Aufsicht eine miniaturhafte Küstenlandschaft mit Segelboot und rauchender Dampflok geschildert hat (Taxe 1.200 EUR)? Auch mit der 1942 im KZ Theresienstadt verstorbenen Jüdin Clara Arnheim und ihrem stillen „Mädchen am Strand von Hiddensee“ ist eine Malerin der Moderne vertreten, der nicht zuletzt die Nazis den künstlerischen Garaus gemacht haben (Taxe 3.500 EUR).

Den zweiten sechsstelligen Wert ihrer Auktion hat Irene Lehr an Franz Radziwills magisch-realistisches Gemälde „Die Mole“ von 1930 vergeben. Die Faszination für die Seefahrt und die technische Innovation fing der Norddeutsche in dem monumentalen Ozeandampfer „Bremen“ bei der Ankunft im Hafenbecken geschickt ein, indem er diesen durch die Bildränder überschnitt, so zur scheinbaren Endlosigkeit steigerte und damit mystisch verklärte (Taxe 150.000 EUR). Weitere geläufige Künstler der Moderne sind Conrad Felixmüller, der 1922 in seiner Tuschezeichnung „Wintertag auf der Zeche“ das harte Leben eines Arbeiters mit entschlossenem Strich spürbar machte (Taxe 30.000 EUR), oder Rudolf Schlichter, der sich um 1925 als zeichnenden genauen Beobachter seines Gegenübers treffend aquarellierte (Taxe 20.000 EUR). Für die Neue Sachlichkeit stehen zudem Karl Hubbuchs Aquarell eines Schlafzimmers mit Hilde, die sich 1928/29 vor dem Spiegel aufgebaut hat und darin eingehend inspiziert (Taxe 15.000 EUR), oder Bruno Breils fast renaissancehaftes Mädchen im Profil mit weißem Kopftuch vor nachtschwarzem Hintergrund (Taxe 2.000 EUR).

Mit Letzterem beschreitet Irene Lehr dann schon wieder die Seitenwege der Zwischenkriegszeit und macht etwa noch auf Otto Nückels heitere „Stadtlandschaft mit Kiosk“, in der sich um 1930 seine Tätigkeit als Karikaturist spiegelt (Taxe 3.000 EUR), oder auf den Schlesier Bruno Schmialek aufmerksam, der 1927 einen ruhigen Tag im Hafen von Elbing mit den hoch aufragenden schlanken Häusern der alten Hansestadt für bildwürdig befand (Taxe 900 EUR). In einem ätherischen Aquarell hielt Otto Schön zwei Boote auf einem Kanal in einem gemäßigt expressionistischen Stil fest (Taxe 1.500 EUR). Ihm folgen Walter Schulz-Matan mit seinen menschenleeren „Häusern im Schnee“ von 1932 (Taxe 3.000 EUR) und Martel Schwichtenberg mit zwei Stillleben, für die die gebürtige Hannoveranerin einmal einen Weihnachtskaktus neben einer Zitrone und einer Vase arrangierte, das andere Mal auf mehrere Gemüsesorten zurückgriff (Taxe je 8.000 EUR). Nina Tokumbet steuert zum wiederholten Mal ihr neusachliches „Stillleben mit Birnen“ von 1925 zum üblichen Preis von 2.000 Euro bei.

Auch zwei Schweizer Maler der Moderne melden sich in Berlin zu Wort. Aimé Barraud hat ebenfalls in der Distanziertheit der Neuen Sachlichkeit um 1930 „Dahlien im Krug“ und „Les Anémones“ angelegt (Taxe je 4.000 EUR) und zeigt sich selbst rund zehn Jahr später Pfeife rauchend vor leuchtend rotem Vorhang im Halbprofil (Taxe 5.000 EUR). Etwas mehr Tiefgang legte der Züricher Werner Carl Schmidt 1923 bei seiner Spielzeugwelt aus den Schweizer Alpen an den Tag. Denn seine „Hommage à Tartarin“ bezieht sich auf den Roman „Tartarin in den Alpen“, in dem Alphonse Daudet 1885 satirisch die Abenteuer des Südfranzosen in der Bergwelt beschrieb und den gerade populären Hochgebirgstourismus aufs Korn nahm (Taxe 5.000 EUR). Die gesellschaftliche Realität der 1920er Jahre thematisierte dagegen Ernst Thoms in seiner sozialkritischen Gouache „Verzweiflung“, ebenso Margarete Kubicka in ihrem Aquarell „Tod des Karl Liebknecht“ von 1927/28 (Taxe je 4.000 EUR), während ihr ebenfalls kubistisch angehauchtes farbenfrohes Blatt „Kinderlust“ von 1955 einem kosmologischen Ansatz folgt (Taxe 8.000 EUR). Träumerisch poetische Welten gelangen Ernst Fritsch 1921 mit seinem kubo-expressiven Ölgemälde „Schreberlaube I“ (Taxe 10.000 EUR) und József Klein 1927 mit seiner welligen, zart kolorierten Hügellandschaft im 1867 eröffneten Parc des Buttes-Chaumont in Paris (Taxe 5.000 EUR).

So richtig ungegenständlich wird es erst mit informellen Positionen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Heinz Trökes lässt in seiner Strandszene „Spiel der Sandmänner“ von 1946 noch Surreales aus seinem Frühwerk des „poetisierenden Halbsurrealismus“ anklingen (Taxe 30.000 EUR). Diesen Stil kann man bei Fritz Winters drei Jahre jüngerer Komposition mit amorphen schwebenden Formen und energisch geritzten Linien nicht mehr ausmachen (Taxe 25.000 EUR). Als Grundlage für seine kraftvolle, erdverbundene Malerei nutzte Emil Schumacher 1961 eine rötliche Keramikplatte (Taxe 15.000 EUR), während Gerhard Hoehme 1957/59 für sein „Kleines Farbgedicht – Infinitum“ aus der Reihe der pastosen „Borkenbilder“ hauptsächlich ein helles Gelb auf weißem Grund aufbrachte (Taxe 35.000 EUR). Karl Otto Götz verwischte 1963 mit Pinsel und Rakel die schwarze Farbe schwungvoll auf einer Gouache (Taxe 8.000 EUR), Gotthard Graubner deckte 1961/62 seine Holztafel lasierend mit Rosa ein (Taxe 9.000 EUR), und Walter Stöhrer übermalte 1969 schnell und expressiv eine Farblithografie mit figürlichen Anklängen und Schriftzitaten (Taxe 6.000 EUR).

Yves Kleins Triptychon „Monochrome und Feuer“ gab das Krefelder Kaiser Wilhelm Museum 1961 anlässlich der gleichnamigen Ausstellung in den für den Franzosen typischen Farben Tiefblau und Rosarot sowie einem mit Blattgold belegten Karton als Multiple heraus (Taxe 12.000 EUR). Ideen des Konstruktivismus und der Konkreten Kunst überführte Wilhelm Müller 1966 in seine „4.Konstruktion“ aus blauen Rechtecken und rot-weiß kombinierten Dreiecken (Taxe 6.000 EUR). Mit einer optischen Täuschung spielt Kerstin Gnauck auf ihrer Leinwand „P-5006“ von 2006 und lässt kleine weiße, streng horizontal ausgerichtete Quadrate auf einer bunten, leicht versetzten Quadratstruktur scheinbar wackeln (Taxe 600 EUR). Carla Accardi verknüpfte 1985 auf ihrer ungrundierten Leinwand „Senza titolo“ schwarze Farbinsel mit roten wackeligen Stegen (Taxe 5.000 EUR), Etel Adnan ließ 2012 auf ihrer Gouache in den welligen Linien ihres Pinsels Naturhaftes aufscheinen (Taxe 4.000 EUR), und Katharina Hinsberg verdichtete 2002 auf ihrem Karton „Diaspern 0“ kleine Grafitstriche und -punkte zu einem unregelmäßigen Schwarm ausgeschnittener Löcher (Taxe 600 EUR).

Die figurative Kunst war trotz der Übermacht der Abstraktion aber niemals tot. Das machen etwa Arik Brauers fantastische Landschaft „Abendgelb“ von 1963 mit zwei Personen und erfundenen Insekten (Taxe 20.000 EUR) und Karl-Heinz Herrfurths fast fotorealistische Leinwand „Ding mit Nägeln“ von 1969 deutlich (Taxe 3.000 EUR). Horst Janssen ließ sich 1962 zu einem verwelkenden Blumenstillleben mit leicht morbiden Charme hinreißen (Taxe 6.000 EUR), Andy Warhol 1979 sein „Fiesta Pig“ auf einem bunten Farbsiebdruck an leeren Tellern und Gläsern schnüffeln (Taxe 15.000 EUR). Die Jungen Wilden bedienten sich dann ungeniert an früheren, meist expressiven Kunstrichtungen, etwa Rainer Fetting 1990 bei dem formatfüllenden Kopfportrait seiner „Selbst“ oder Werner Büttner bei seiner gleichaltrigen, ironischen Historienmalerei „Napoleon reitet in die Schlacht bei Jena“ (Taxe je 12.000 EUR). Im Osten Deutschlands war Willi Sitte einer der Protagonisten der Kunstszene, der 1994 drei voluminöse nackte Frauenkörper in seinem „Urteil des Paris“ eine deformierte männliche Gestalt verwundert betrachten lässt (Taxe 15.000 EUR).

Auch in der Bildhauerei treffen Figuration und Ungegenständlichkeit aufeinander, etwa Kurt Edzards expressionistische Bronze „Sitzender Akt“ für 1.500 Euro oder Fritz Cremers „Klagende Mütter I“ von 1948 für 4.000 Euro auf Louise Stomps’ goldbraune naturabstrakte Güsse „Flamme (beflügelt)“ und „Kleine Figur“ aus den späten 1960er Jahren für 3.000 Euro respektive 3.500 Euro. Dem menschlichen Kopf haben sich viele Künstler*innen verschrieben, darunter Martine Andernach in ihrer auf rechte Winkel und harte Kanten reduzierten dunkelgrauen Steinform von 1995 (Taxe 900 EUR), der Hede Bühls runde weiße geäderte Alabasterausführung von 2001 gegenübersteht (Taxe 3.000 EUR), Horst Antes in dem silbern glänzenden Metallschnitt „Kopfhaus“ von 2001 als Auflage für Unicef (Taxe 3.200 EUR) oder der Klassiker Michael Croissant mit seiner elegant stilisierten Bronzebüste mit schwarzgolden fleckiger Patina von 1993 (Taxe 3.000 EUR). Kinetisch wird es mit Jean Tinguelys Schrottplastik „Für Niels“ von 1980, die mit einem eingebauten Elektromotor poltert und rattert (Taxe 30.000 EUR). Klang und Skulptur brachte Peter Vogel zusammen und schuf 1983 sein filigranes interaktives elektronisches Objekt „Minimal Music. Piece for 6 Players“ (Taxe 9.000 EUR). Und schließlich darf sich noch jeder Sammler über Thomas Baumgärtels Zuspruch „Wer Kunst kauft kommt ins Paradies“ freuen. Der steht samt Baumgärtel-Banane auf dem einer Ortstafel nachempfundenen gelben Metallschild „Der Weg ins Paradies“ von 2016 und soll nur 400 Euro kosten.

Die Auktion beginnt am 29. Oktober um 12 Uhr. Die Objekte können noch bis zum 27. Oktober täglich von 11 bis 19 Uhr in Augenschein genommen werden.

Kontakt:

Dr. Irene Lehr Kunstauktionen

Sybelstraße 68

DE-10629 Berlin

Telefon:+49 (030) 881 89 79

Telefax:+49 (030) 881 89 95

Startseite: www.lehr-kunstauktionen.de



26.10.2022

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching

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Ludwig ten Hompel,  o.T. (Stillleben mit afrikanischer Skulptur), 1923

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Taxe: 600,- EURO

Zuschlag: 1.100,- EURO

Losnummer: 159

Gunter Katzke,  Ferien auf Rügen, 1920er Jahre

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Taxe: 1.200,- EURO

Zuschlag: 1.200,- EURO

Losnummer: 186

Clara Arnheim,  Mädchen am Strand von Hiddensee

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Taxe: 3.500,- EURO

Zuschlag: 5.000,- EURO

Losnummer: 22

Nina Tokumbet,  Stillleben mit Birnen, 1925

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Taxe: 2.000,- EURO

Losnummer: 377

Martel Schwichtenberg,  Stillleben mit Kakteen, 1920

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Taxe: 8.000,- EURO

Zuschlag: 9.000,- EURO

Losnummer: 347

József Klein,  Paris. Parc des Buttes-Chaumont, 1927

József Klein, Paris. Parc des Buttes-Chaumont, 1927

Taxe: 5.000,- EURO

Zuschlag: 4.000,- EURO

Losnummer: 189




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