Die „Gute Form“ in Leipzig  |  | Mikaela Dörfel, Teekanne „Central Park“, 2003 | |
Das Grassi Museum für Angewandte Kunst in Leipzig präsentiert aktuell die Schau „Die Gute Moderne – Von der Passion, Design zu sammeln“. Die von Walter Lokau kuratierte Ausstellung mit Porzellanwaren, Vasen, Bestecken, Möbeln, Lampen und Geräten umfasst etwa 600 Exponate aus der Sammlung des Ehepaares Inge und Wilfried Funke. Dieser kleine Ausschnitt der eigentlich mehr als 10.000 Einzelobjekte umfassenden Privatkollektion blickt auf das industrielle Gebrauchsdesign des 20. Jahrhunderts, darunter auf Arbeiten von Wolfgang von Wersin, Marguerite Friedlaender-Wildenhain oder Trude Petri, Walter Dexel, Ladislav Sutnar, Robert Welch sowie Gerald David Gulotta. So sind in der Pfeilerhalle des Museums Entwürfe von mehr als 60 Designer*innen zu sehen. Das Ehepaar schenkte dem Grassi Museum immer wieder kleinere Konvolute und vermachte schließlich seine gesamte Sammlung dem Haus.
Inge und Wilfried Funke besuchten 1980 eine Ausstellung zum Designer Heinrich Löffelhardt im Badischen Landesmuseum Karlsruhe. Davon inspiriert, begannen sie ihre Sammlung nach Kriterien des Rats für Formgebung aufzubauen, der vor allem seit dem Zweiten Weltkrieg die „Gute Form“ propagierte. Darunter verstand sich ein „moralischer Anspruch an Konsumgüter und geschmackserzieherisches Programm für die Käuferschaft“, erklärt Lokau. In 40 Jahre trug das Paar unter diesen Prämissen eine der größten Sammlungen zum industriellen Gebrauchsdesign zusammen. Neben Modellen Löffelhardts und Wilhelm Wagenfelds interessierten sich die Funkes noch für die von Bauhaus und Werkbund herrührenden Entwürfe historischer Vorläufer wie Hermann Gretsch, die organische Nachkriegs-Nierentisch-Ästhetik der Rosenthal-Gestaltungen von Beate Kuhn oder Hanns Hoffmann-Lederer, begeisterten sich für Arbeiten von Wilhelm Braun-Feldweg oder Günter Kupetz oder schweiften mit Tapio Wirkkala, Stig Lindberg oder Jens Harald Quistgaard in die skandinavische Design-Moderne ab.
So besticht Mikaela Dörfels schlichte weiße Teekanne „Central Park“ aus der Porzellanmanufaktur Fürstenberg von 2003 mit ihren fließenden Formen. Auf Farbe setzte dagegen Enzo Mari bei seinem Dekorentwurf für das Kaffeeservice „Urbino“ der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Berlin und brachte dazu seit 1995 bunte Schwammtupfen in Blau, Orange, Grün, Violett und Gelb auf die schon 1947 von Trude Petri entwickelte ovale Form auf. Figurativ wird es mit Hans Theo Baumanns Kinderkanne aus dem Porzellanservice „Form 200 ABC“, die auf der Wandung in Umdruckdekor freundlich lächelnde Jungen und Mädchen zeigt. Die Porzellanfabrik Thomas führte Baumanns Idee zwischen 1959 und 1964 aus. Das bei Skandinaviern gern genutzte Holz fand 1960 in Richard Nissens Eiskübel eine schlichte zeitlose Form.
Die Ausstellung „Die Gute Moderne – Von der Passion, Design zu sammeln“ läuft bis zum 8. Oktober 2023. Das Grassi Museum hat täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr geöffnet und bleibt an Heiligabend und Silvester geschlossen. Der Eintritt beträgt 8 Euro, ermäßigt 5,50 Euro oder 4 Euro. Bis zum 18. Lebensjahr ist er frei.
Grassi Museum für Angewandte Kunst
Johannisplatz 5-11
D-04103 Leipzig
Telefon: +49 (0)341 – 22 29 100 |