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Marktberichte

Aktuellzum Archiv:Auktions-Nachbericht

Rückblick: Die Auktion mit Kunst seit 1945 lief für das Dorotheum in Wien ertragreich und brachte ein weiteres Mal ein Rekordhoch für eine Italienerin

Wie man mit Löchern Geld verdient



Lucio Fontana hatte eine Vorliebe für Spalten und Löcher, die er in seine monochromen Leinwände schlitzte und stieß. Schon Ende der 1940er Jahre organisierte er die Künstlergruppe „Movimento spaziale“, propagierte das Ende aller statischen Kunstgattungen und perforierte dafür seine Bilder, um dem zweidimensionalen Werk eine neue Plastizität abzuringen. Das „Concetto spaziale“ war geboren. Mit seinen „buchi“ und „tagli“, den Löchern und Schnitten, realisierte Fontana in den folgenden Jahrzehnten fast unendliche Abwandlungen seines „Raumkonzepts“ und holte somit Räumlichkeit und Tiefe als dritte Dimension in seine Kunstwerke. Dazu gehört auch ein rosafarbenes „Concetto spaziale“ aus dem Jahr 1965. Fontana hat die Leinwand mit einem großen Durchbruch geöffnet, an dessen Rändern sich die Farbe dick aufwirft. Zudem konzentrierte er das Loch durch fein in die Farbe geritzte Linien, das dadurch noch mehr als Vulva erscheint. Fontanas fleischfarbener, erotischer Höhepunkt ging nun als Favorit in die Auktion „Zeitgenössische Kunst“ des Wiener Dorotheums und behauptete seine Stellung mit taxkonformen 600.000 Euro.


Mit Löchern experimentierten nach dem Zweiten Weltkrieg noch weitere Italiener und folgten damit Fontanas Konzept des „Spazialismo“, etwa Paolo Scheggi, der meist mehrere monochrome Leinwände übereinanderlegte und durch gerundete Öffnungen ein Spiel von Licht und Schatten und eine neue Plastizität erreichte. Sein Querformat „Intersuperficie curva dal giallo + rosso“ von 1967 fand bei 250.000 Euro seine Anhänger (Taxe 180.000 bis 260.000 EUR). Lucio Fontana steuerte zur Versteigerung noch eine Papierarbeit mit einem orangefarbenen Rechteck und mehreren diagonalen Reihen unterschiedlicher Durchstoßungen von 1962 für 120.000 Euro (Taxe 70.000 bis 90.000 EUR) und sein „Concetto spaziale, Natura“ von 1967 bei. Die zwei glänzend polierten Messingarbeiten in Eiform mit zwei dunklen Löchern respektive einem langen Schnitt durften sich über 135.000 Euro freuen (Taxe 90.000 bis 120.000 EUR).

Eine Affäre mit dem Raum gingen auch Agostino Bonalumi und Enrico Castellani ein. Bei der Erweiterung in die dritte Dimension für sein „Bianco“ griff Bonalumi 1965 auf eine kreisrunde Erhebung und vier Grate zurück, die sogar das Geviert der weißen Leinwand durchstoßen, und nahm damit nun 80.000 Euro ein (Taxe 65.000 bis 85.000 EUR). Die Reliefstrukturen in seinen Arbeiten erzeugte Castellani meist durch Nägel, über die er seine einfarbigen Leinwände spannte, so auch bei der großen, nun 260.000 Euro teuren Dreiecksform „Superficie bianca“ von 1986 (Taxe 250.000 bis 350.000 EUR). Mit seiner Auktion vom 30. November fuhr das Dorotheum ein respektables Ergebnis ein: Die losbezogene Zuschlagsquote lag bei hohen 85 Prozent, bei den Highlights gab es kaum Ausfälle, und nicht selten schossen die Preise in die Höhe, so gleich zu Beginn bei Alighiero Boettis buntem Stickbild „Perché la testa è amica del piede ed entrambe di lune e maree“ aus dem Jahr 1988 von 45.000 Euro auf 135.000 Euro. Kurz darauf schnitt auch sein kleineres quadratisches Buchstabenbild mit der Rechenaufgabe „Cinque per cinque venticinque“ von 1983 mit 55.000 Euro gut ab (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR). Wertmäßiger Höhepunkt bei Boetti waren die 180.000 Euro für seine partizipativ mit Student*innen erstellte orangerote Kugelschreiberzeichnung „Naturale Artificiale“ von 1982 (Taxe 160.000 bis 280.000 EUR).

Die Italiener hatten die Versteigerung über weite Strecken fest in ihrem Griff. Die an Buchstaben erinnernden Schriftzeichen, mit denen Giuseppe Capogrossi seine in Weiß, Rot und Schwarz unterteilte Leinwand „Superficie n. 149“ von 1956 überzogen hatte, reüssierten bei 230.000 Euro (Taxe 75.000 bis 110.000 EUR), ebenso Tancredis blütenartige Farbüberlagerungen von 1953 bei 135.000 Euro (Taxe 90.000 bis 120.000 EUR). Emilio Vedovas kleine gestische Farbschlacht in Schwarz und Weiß mit einigen spärlichen anderen Tönen von 1959 erreichte 40.000 Euro (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR), und Afro Basaldellas kraftvoller Entwurf für sein berühmtes Werk „Il Grande Rosso“ aus dem Jahr 1963 trumpfte bei 115.000 Euro auf (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR). Ein weiterer Star der Abendauktion war Carla Accardi. Ihr abstraktes Phantasietier „Animale immaginario“, 1988 zusammengesetzt aus archaischen knochenartigen Formen in Schwarz und Blau auf ungrundierter Leinwand, stellte bei 240.000 Euro den ebenfalls im Dorotheum erzielten Auktionsrekord für Accardi aus dem Jahr 2019 ein. Als Bildhauer traten Pietro Consagra mit seiner scheibenartig geschichteten, aufgerissenen Bronze „Riflessa n.3 Obosocolomoalio“ von 1966 für 32.000 Euro (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR) und Jannis Kounellis mit seiner Arte Povera-Arbeit eines dunkelgrauen Mantels, den er 2009 zwischen zwei Metallplatten gepresst hat, für 65.000 Euro erfolgreich an (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR).

Der Übermacht der abstrakten Kunst setzte Valerio Adami seine figurative, der Pop Art nahestehende Malerei entgegen und verdoppelte den Wert seiner flächigen, durch kräftige schwarze Konturlinien bestimmten Ansicht des New Yorker Guggenheim Museums von 1968 auf 70.000 Euro. Daran schlossen sich George Condo mit seinem unförmig übertrieben Kopf „Cap d’Antibes“ von 1990 bei 105.000 Euro (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR), Donald Baechler mit seiner Collagemalerei „For export only“, in deren Mittelpunkt seit 1998 ein Krug steht, bei 50.000 Euro (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR) und Alex Katz mit seinem recht malerisch ausformulierten Portrait der jungen „Maria“ auf viel weißem Grund von 1990 bei 100.000 Euro gewinnbringend an (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Strahlend blickt seit 1985 Queen Elizabeth II. auf einem Farbsiebdruck Andy Warhols dem Betrachter entgegen. Sein Bildnis aus der Serie „Reigning Queens“ ließen sich ein Sammler bei 215.000 Euro nicht entgehen (Taxe 150.000 bis 200.000 EUR). Auch ein kleinformatiges, typisches Kürbisbild von Yayoi Kusama in Rot und Schwarz stand auf der Wunschliste mehrerer Käufer, bis der Hammer letztendlich bei 380.000 Euro fiel (Taxe 250.000 bis 350.000 EUR).

Nachfrage löste ebenfalls eine kleine Gouache aus, die Maria Lassnig als Farbanleitung für die Druckfassung ihres 1973 entstandenen Gemäldes „Die Last des Fleisches“ abgefasst hatte. Das auf einem Kuvert der Galerie Peithner-Lichtenfels schnell hingemalte Motiv zweier Aktgestalten für den Katalog ihres Biennale-Beitrag von 1980 verbesserte sich von 12.000 Euro auf 40.000 Euro. Seit seinem Tod im vergangenen Jahr ziehen die Preise für Hermann Nitsch an. Das bekam nun sein drei Meter breites, rot-pastoses Schüttbild von 1995 mit Malhemd bei 180.000 Euro zu spüren (Taxe 80.000 bis 140.000 EUR). Bei Franz West liegt das Preisniveau schon seit längerem etwas höher. Für seine zweiteilige Installation aus einem rechteckigen schrundigen Bild in Grün und dem weißen Passstück „Maulschelle“ von 1989 musste ein Interessent 200.000 Euro berappen (Taxe 180.000 bis 260.000 EUR).

Bei den Österreichern traten zudem Arnulf Rainers Übermalung eines eigenen Fotoportraits aus der Serie „Face Farces“ um 1970 bei 44.000 Euro (Taxe 22.000 bis 36.000 EUR), Franz Grabmayrs ungestüme pastose Pinselschwünge einer „Waldviertler Landschaft“ von 1973 bei 40.000 Euro (Taxe 20.000 bis 35.000 EUR) und Martha Jungwirths lichter rotvioletter Aquarellsee unter dem Titel „Griechenland“ von 2007 bei 45.000 Euro zielstrebig auf (Taxe 20.000 bis 35.000 EUR). Über mangelnden Zuspruch konnte sich auch Gunter Damisch nicht beklagen, der seine „Gelbfeldweltversammlung“ aus den 1990er Jahren, auf der sich zahlreiche Amöbentierchen tummeln, bei 29.000 Euro und seine etwa gleichaltrige „Doppelkopfschlinge“ auf rotem Grund bei 36.000 Euro über den jeweiligen Schätzungen abgab.

In die Sechsstelligkeit ging es nochmals bei den Franzosen, an erster Stelle bei Georges Mathieus gestischer Explosion „Aglia Tan“ von 1987 zur unteren Schätzung von 220.000 Euro. Knapp dahinter platzierte sich bei 190.000 Euro Hans Hartungs charakteristische blaugrüne Strichfolgen „T 1964 – E 40“ auf Farbzonen in Schwarz und Orange bei 190.000 Euro (Taxe 180.000 bis 220.000 EUR). Der Informel-Maler konnte alle fünf Werke in der Auktion loswerden und mit dem späten, schwarz gespritzten Liniengeflecht „T 1989 – L 31“ aus seinem Todesjahr 1989 bei 130.000 Euro nochmals reüssieren (Taxe 90.000 bis 120.000 EUR). Aber auch die augentäuschenden Gemälde des Op-Art-Künstlers Victor Vasarely stießen auf Gegenliebe. Das Publikum belohnte seine beiden Werke „Octo-bis“ von 1972 und „Positron“ von 1982/89, aus denen sich Kugelformen hervorzuschieben scheinen, mit 95.000 Euro und 110.000 Euro am oberen Taxrand und darüber. Der Belgier Jean-Michel Folon warb mit seiner grün-goldenen Bronze „La pêche miraculeuse (Buste aux poissons)“, einem austauschbaren Jedermann mit Hut, der in seinen Händen einen großen Fang Fische hält, 100.000 Euro ein (Taxe 80.000 bis 120.000 EUR).

Bei den deutschen Künstlern hatte Daniel Richter das Sagen. Sein hypnotisches Bild „Sprung von den Türmen“ aus dem Jahr 2009 mit drei von innen heraus brennenden Figuren legte von 40.000 Euro auf 75.000 Euro zu. Noch besser schnitt Richters kosmisch abstrakte Landschaft „Moorenglück“ aus dem Jahr 2000 mit 110.000 Euro ab (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR). Während Sigmar Polkes Leinwand mit unspezifischen verwischten Farbseen bei 80.000 bis 90.000 Euro verschmäht wurde, ließ sich Georg Baselitz nicht lumpen und verhalf seiner aquarellierten Zeichnung eines auf den Kopf gestellten „Ritters“ zu 70.000 Euro (Taxe 35.000 bis 50.000 EUR). Die Käufer von Max Bills konkret-konstruktiver Raute „Zerstrahlung von rot“ aus den frühen 1970er Jahren orientierten sich an der oberen Bewertung von 55.000 Euro. Vergleichbar intensiv griff Peter Halley 2006 bei seinem geometrisch-abstrakten Werk „Six Prisons“ in den Farbeimer und schuf damit das nun 105.000 Euro teure Modell eines Gefängnisses (Taxe 80.000 bis 120.000 EUR). Verspielter ging Cy Twombly 1963/64 bei einer titellosen Zeichnung ans Werk. Das Blatt mit Linien, Wirbeln, Knäueln und figürlichen Wesen samt Comic-Sprechblasen verließ das Parkett zu den anvisierten 140.000 Euro.

In der Tagesauktion mit gut 250 günstiger bewerteten Objekten, von denen Dreiviertel übernommen wurden, setzte sich unerwartet Julio Le Parc an die Spitze. Seine „Modulation 1024“ aus einer rot-weiß gestreiften Röhrenformation auf dunklem Grund schnellte von 18.000 Euro auf 80.000 Euro. Dahinter folgten sechs der kitschig bunt glänzenden „Balloon Animals“ von Jeff Koons in einem 999 Mal aufgelegten „Collector’s Set“ aus dem Jahr 2017 für 70.000 Euro (Taxe 70.000 bis 80.000 EUR). Dass Tscheche Ladislav Sutnar vorwiegend als Designer tätig war, sieht man seinem auf wenige Merkmale reduzierten, flächigen Akt „Venus“ an, der mit 50.000 Euro umworben wurde (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR). Tony Cragg treibt bei seiner grauen Glasskulptur „Stacks“ von 2020 hingegen ein Verwirrspiel und lässt den Betrachter nur erahnen, ob hinter den mit 45.000 Euro bezahlten Schichtüberlagerungen ein menschlicher Kopf stecken soll (Taxe 34.000 bis 38.000 EUR). Diesen Preis gab es zudem für Anselm Reyles zerknautschte glänzende Silberfolie auf schwarzem Fond von 2007 (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR) und auch für Helmut Middendorfs neoexpressives „Afrikanisches Stillleben“ von 1981 mit drei schwarzen tanzenden Figuren (Taxe 18.000 bis 24.000 EUR).

Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld.

Kontakt:

Dorotheum

Dorotheergasse 17

AT-1010 Wien

Telefon:+43 (01) 515 60 0

Telefax:+43 (01) 515 60 443

E-Mail: client.services@dorotheum.at

Startseite: www.dorotheum.com



16.02.2023

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching

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