Deutsche und andere Kunst bei Christie’s in LondonMit Werken vom Impressionismus bis zu Kunst der Gegenwart bestreitet Christie’s ab dem 28. Februar seine großen Frühjahrsauktionen in London. Für die Marktfrische spricht, dass rund Zweidrittel der Werke zum ersten Mal in einer Versteigerung aufgerufen werden. Unter den Highlights befinden sich mehrere Arbeiten deutscher Künstler, etwa von Georg Baselitz aus unterschiedlichen Schaffensperioden. Bei dem Frühwerk „Drei Streifen – Die Kuh“ von 1968 zergliedert Baselitz die Kuh mit kräftigen Pinselstrichen und kontrastierenden Farben in drei Ansichten und will 700.000 bis 1.000.000 Pfund sehen. Im Lauf seiner Kariere fertigte der deutsche Malerstar mehrere Porträts seiner Ehefrau an, von denen nun „Elke I“ aus dem Jahr 1975 für 2,5 bis 3,5 Millionen Pfund den Besitzer wechseln soll. Wie bei vielen anderen Gemälden ab den 1970er Jahren präsentiert Baselitz das Motiv kopfüber, um den Fokus der Betrachter*innen mehr auf die mutig kombinierten Farben und Formen als auf den eigentlichen Inhalt zu lenken. Mit Kettensäge und Axt arbeitete er 1994 aus einem Holzblock den weiblichen Torso „Frau Paganismus“ mit einer Höhe von über zwei Metern heraus. Die grob behauene Oberfläche, die im Gesicht und an den Brüsten mit roter Farbe markiert ist, erinnert an afrikanische Kultfiguren (Taxe 4 bis 6 Millionen GBP).
Auch Brücke-Künstler tun sich in der Auktion prominent hervor, unter anderem Ernst Ludwig Kirchner mit seinem gelängten Akt „Rothaarige“ von 1914. Mit dessen Rückseite eines „Rosa Stilllebens“ erwirbt der Käufer für 2,4 bis 4 Millionen Pfund gleich zwei Gemälde. Dem unverfälschten nackten Menschen in der Natur haben Erich Heckel mit seinen „Zwei Menschen im Freien“ von 1909 (Taxe 600.000 bis 800.000 GBP) und Otto Mueller mit seiner „Sitzenden im Grünen“ um 1927 ein Denkmal gesetzt (Taxe 650.000 bis 1.000.000 GBP). Mit Otto Dix und seinem Aquarell zweier Prostituierter unter dem eindeutigen Titel „Sadisten gewidmet“ von 1922 (Taxe 500.000 bis 700.000 GBP) sowie George Grosz und seinem nicht minder drastischen Gemälde „Paar im Zimmer“ von 1915 melden sich zwei Veristen zu Wort, die die gesellschaftlichen Probleme der Zeit thematisieren (Taxe 700.000 bis 1.000.000 GBP). Dagegen nehmen sich Gustav Klimts in Untersicht gemalte „Dame en face mit plissiertem Kleid“ um 1898 und Chaïm Soutines expressive „Femme assise dans un fauteuil“ um 1919 geradezu brav aus (Taxe je 2 bis 3 Millionen GBP). Zu den weiteren Spitzenstücken der Auktion „20th/21st Century: London Evening Sale“ gehören Werke von Pierre-Auguste Renoir, Paul Cézanne, Paul Gauguin, Gerhard Richter, David Hockney, Alberto Giacometti, Lucian Freud, Cecily Brown oder Pablo Picasso, dessen Portrait „Femme dans un rocking-chair (Jacqueline)“ von 1956 mit 15 bis 20 Millionen Pfund am höchsten bewertet ist.
Ebenfalls am 28. Februar stehen 32 Gemälde des Surrealismus auf dem Programm, 15 davon stammen aus einer kalifornischen Privatsammlung mit Arbeiten von Künstler*innen aus Europa, den USA und Südamerika. Darunter sollen Remedios Varos „Retrato del Doctor Ignacio Chávez“ von 1957 und René Magrittes ein Jahr jüngeres „Souvenir de voyage“ mit jeweils 2,5 bis 3,5 Millionen Pfund die höchsten Preise erzielen. Bei ersterem Gemälde gehen drei langhaarige Personen durch eine Schlucht und werden von dem Arzt eingeladen, in seine höhlenartige Behausung einzutreten, während bei Magrittes Arbeit der Schiefe Turm von Pisa durch eine Feder gestützt wird. Zwei weitere Werke von Magritte sind noch höher bewertet. Zu ihnen gehört „Le retour“ von 1950 mit 4 bis 6 Millionen Pfund, bei der die Silhouette eines Vogels mit einem hellblauen Himmel samt weißen Wolken gefüllt ist und über einem nächtlichen Meer fliegt. Bei Magrittes „Le masque de la foudre“ von 1965/66 steht eine nackte langhaarige und rot gefärbte Frau statuarisch vor einem Meer und wird von einer Pfeife überdeckt, die häufig in Magrittes Arbeiten auftaucht (Taxe 3 bis 5 Millionen GBP). Weitere surrealistische Leckerbissen steuern Leonora Carrington, Yves Tanguy, Óscar Domínguez, Joan Miró, Dorothea Tanning, Wolfgang Paalen oder Salvador Dalí bei. |