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Jürgen Wesseler gestorben

Jürgen Wesseler vor dem Kabinett für aktuelle Kunst in Bremerhaven

Der Ausstellungsmacher Jürgen Wesseler ist tot. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist er bereits am 28. Februar in Köln mit 84 Jahren gestorben. Wie kaum ein anderer hat Wesseler mit seinem inzwischen legendären Kabinett für aktuelle Kunst die Kunstszene in Bremerhaven und der Region geprägt. 1967 rief er den nur 33 Quadratmeter großen Raum ins Leben, wollte damit dem recht konservativ geprägten Ausstellungsprogramm seiner Heimatstadt einen dezidiert zeitgenössischen Kontrapunkt entgegensetzen und präsentierte dort junge Künstlerinnen und Künstler, die oft erst später zu etablierten Größen der Gegenwartskunst wurden. Dabei hatte Wesseler das richtige Gespür für die Qualität ihres Schaffens: In das ehemalige Ladenlokal im Erdgeschoss der Kunsthalle Bremerhaven holte er unter anderem Bas Jan Ader, Carl Andre, Silvia Bächli, Hanne Darboven, Isa Genzken, Imi Knoebel, Joseph Kosuth, Wolfgang Laib, Sol LeWitt, Blinky Palermo, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Thomas Schütte, Henk Visch, Lawrence Weiner oder Paloma Varga Weisz.

Die Reaktionen der Künstlerschaft auf Wesselers Tod sind daher auch von Dankbarkeit und Trauer geprägt. „Jürgen ist leidenschaftlich für die Kunst eingetreten, er hat eng mit den Künstlern zusammengearbeitet und uns die besten Möglichkeiten geboten, eine spannende Ausstellung zu machen. Ich bin dankbar, dass ich ihn kennenlernen durfte“, ließ etwa die schwedische Malerin Cecilia Edefalk verlauten. Bei seiner Auswahl ging Wesseler nicht auf den Publikumsgeschmack ein, sondern profilierte sich bei den Kunstschaffenden, stellte ihnen den Raum zum Experimentieren zur Verfügung, den sie meist mit neuen, eigens für den Ort geschaffenen Produktionen bespielten. Kompromisse gefielen ihm nicht.

Dabei war Jürgen Wesseler, der am 1. März 1938 in Bremerhaven zur Welt kam, von Beruf aus Vermessungsingenieur und beim Bremerhavener Stadtplanungsamt angestellt; das Kabinett für aktuelle Kunst betrieb er ehrenamtlich. Andere Tätigkeiten in der Kunstwelt der Hafenstadt an der Weser ließen nicht lange auf sich warten. Seit 1969 gehörte Wesseler zunächst dem Beirat des Kunstvereins an, von 1971 bis 2015 dem Vorstand, dessen Vorsitz er zwischen 1987 und 2012 innehatte. Höhepunkt seiner Aktivitäten war der Bau des 2007 eröffneten Kunstmuseums für die Sammlung des Kunstvereins, die er durch zielgerichtete Ankäufe und eine exzellente Auswahl erweitern konnte.

Für sein jahrzehntelanges Engagement um die aktuelle Kunst und als „unermüdlicher Motor und Förderer der modernen Kunst in seiner Heimatstadt“ erhielt 2008 das Bundesverdienstkreuz. Gefreut haben dürften Wesseler auch die Ausstellungen, die etablierte Institutionen seinem Kabinett für aktuelle Kunst gewidmet haben, darunter die Kunsthalle Bremen 2018 zum 50. Geburtstag. Für die Ausstellungsreihe „Double“ baute Gregor Schneider 2009/10 das Kabinett im Frankfurter Museum für moderne Kunst in den Originalabmessungen nach und ließ so mehrere frühere Präsentationen aus Bremerhaven, etwa von Reiner Ruthenbeck, Anri Sala oder Andreas Slominski, wieder aufleben. Aus gesundheitlichen Gründen zog sich Jürgen Wesseler seit 2016 mehr und mehr aus dem aktiven Geschehen zurück. Die Freude an und mit der Kunst hat er an seinen Sohn vererbt: Nach Stationen in Düsseldorf, Köln und Donaueschingen ist Moritz Wesseler seit 2018 Direktor des Museums Fridericianum in Kassel.


06.03.2023

Quelle: Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching

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