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Marktberichte

Aktuellzum Archiv:Auktions-Vorbericht

Mit Spitzenwerken hat die Berliner Auktionatorin Irene Lehr ihre Auswahl an Kunst des 20. Jahrhunderts bestückt. Die Preise sind dabei oft moderat veranschlagt

Schwule Gemengelage



Georg Scholz,  Die Schwestern, 1928

Georg Scholz, Die Schwestern, 1928

Blättert man den Katalog zur kommenden Auktion von Irene Lehr durch, meint man, ein Déjà-vu zu haben. War nicht schon in der letzten Versteigerung vom Oktober 2022 ein Gemälde Georg Scholz’ an prominenter Stelle platziert? Tatsächlich! Die hintergründig drapierten „Toten Hühner“ des großen Gesellschaftskritikers fuhren bei einer Schätzung von 100.000 Euro immerhin 400.000 Euro ein. Diesmal wird es etwas lebendiger, aber genauso skandalös, wenn Scholz seine „Schwestern“ vorstellt. Dazu schrieb er im Entstehungsjahr 1928 an seinen Freund Carl Haußer: „Heute war Würtenberger bei mir, um mein neuestes Werk ‚Schlafende Mädchen‘ zu betrachten. Nun sieht das Bild wegen der beiden Mädchen in tiefem Négligée aneinandergeschmiegt tatsächlich ein wenig schwul aus. Die beiden Dargestellten sind meine Frau und meine Schwägerin.“ Mit den zwei innig verbundenen Frauen samt Bubikopf auf einem orientalisch anmutenden Diwan hat Scholz dem Typus der frei gesinnten Neuen Frau der „Goldenen Zwanziger Jahre“ ein so bezeichnendes wie auch privates Denkmal gesetzt und die Körperlichkeit der Dinge betont, die in der Stofflichkeit des Überwurfes und der Kissen, im seidenen Unterkleid, im Glanz der perlmuttfarbenen Strümpfe sowie in der nackten weichen Haut der jungen Frauen allgegenwärtig ist. Für diese intime vieldeutige Schilderung aus seinem Leben will Irene Lehr nun schon 200.000 Euro sehen.


Weitere Werke aus dem Nachlass des Karlsruher Veristen bereichern die Versteigerung vom 29. April, darunter auch eine vorbereitende Bleistiftzeichnung zu den „Schwestern“ für 1.500 Euro. Georg Scholz selbst tritt als Brustfigur mit Malerkittel an und scheint 1929 sein Wirken als Künstler mit skeptischem Blick zu hinterfragen (Taxe 10.000 EUR). Aus seiner frühen futuristischen Phase stammt noch die bewegte und in einzelne Kreissegmente aufgespaltete Tuschezeichnung „Der Glockenturm“ von 1919, der mit 15.000 Euro ebenfalls nicht zu hoch angesetzt ist. Ein weiteres Werk erinnert an die Auktion vom vergangenen Oktober. Damals behauptete sich das magisch-realistische Hafenbild „Die Mole“ mit der Einfahrt des Ozeandampfers „Bremen“ bei 320.000 Euro an der Spitze des Auktionsrankings für Franz Radziwill. Auf so viel wird es sein bizarres Naturschauspiel „Blick von den Dünen von Schoorl“ aus dem Jahr 1926 nicht bringen. Die schroffen Felsen unter dem stürmischen Himmel mit magischem Auge aus dem Küstenort in der Provinz Nordholland sollen 50.000 Euro erwirtschaften.

Wie immer ist die Zwischenkriegszeit bei Irene Lehr gut ausgebaut. Für die drastische Sicht auf den Menschen stehen Kurt Günthers kolorierte Zeichnung der nur durchsichtig bekleideten „Bruni“, erwartungsvoll hingestreckt 1921 auf einer Liege (Taxe 3.500 EUR), oder das sich eben schick zurechtmachende „Fräulein Kunstmalerin“ im Dessous samt schwarzer Katze auf einem Aquarell von Jeanne Mammen aus dem Jahr 1925 (Taxe 35.000 EUR), die auf ihrem Tuscheblatt „Die dicke Sängerin I“ um 1932 ebenfalls eine frivole Abendunterhaltung thematisiert (Taxe 3.000 EUR). Wohl kaum eine andere Künstlerin hat die Blasiertheit des vergnügungssüchtigen Berliner Nachtlebens so bissig eingefangen, wie Dörte Clara Wolff, alias Dodo. Auf ihrem Aquarell „Keine Chance“, mit dem Dodo das alte Motiv des ungleichen Paares aufgreift, macht sich ein asiatischer Herr falsche Hoffnungen bei einer europäischen unnahbaren Dame von Welt (Taxe 8.000 EUR).

Aus der Neuen Sachlichkeit treten in der Auktion zudem Werner Carl Schmidts kühl-erotisch aufgeladenes „Selbstporträt mit Akt“ von 1930 (Taxe 6.000 EUR) und Georg Schrimpfs stilles Frauenbildnis „Ausschauende“ aus einem Dachfenster mit introvertiertem Blick von 1923 an (Taxe 50.000 EUR). Karl Hubbuch hat sich um 1926/27 zeichnerisch für zwei Klöppelkissen interessiert und sie dinghaft auf das Papier gebannt (Taxe 3.000 EUR). Sascha Wiederhold zerlegte auf drei Blättern Tänzerinnen teils in geometrische Muster und Formen und setzte sie zu einem um eine Mittelasche drehenden Ganzen wieder zusammen (Taxe je 2.500 EUR). Demgegenüber gestaltete Heinrich Zille 1904 sein gutbürgerliches „Flanierendes Paar“ aus der Berliner Gesellschaft noch mit einem recht realistischen, aber durchaus launigen Zugriff (Taxe 9.000 EUR).

Martha Bernstein ist heute nur den wenigsten ein Begriff. Die 1874 in Halle an der Saale geborene Jüdin ging wie viele andere „Malweiber“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Paris, besuchte dort eine der welt- und frauenoffenen Akademien und nahm Unterricht bei Henri Matisse. Von dessen Vorliebe für die Farbe zeugt Bernsteins gemäßigt expressive Szene eines alten Paars im Vorgarten zwischen Rosenkugeln zur Vorfrühlingszeit von 1921 (Taxe 500 EUR). Ihre vier Jahre jüngere Kollegin Maria Caspar-Filser ist schon deutlich bekannter und ihr furios angestimmtes Blumenstillleben mit Rosen, Lilien und Rittersporn in einer weißen Vase von 1915 mit 12.000 Euro deswegen auch teurer. Gabriele Münter hat ihr Stillleben „Blumen und Schatten“ 1935 mit starken Konturlinien und weniger Binnenzeichnung kompakter und fester aufgebaut (Taxe 60.000 EUR). Bei Theodor Rosenhauer zieht sich das Sujet der Blumen durch sein Werk. In seiner pastos gespachtelten Malweise arrangierte er Zinnien, Malven, Nelken und Rittersporn in einer zylindrischen grauen Tonvase vor neutralem Hintergrund (Taxe 20.000 EUR). Diesen Wert sollen auch drei sonnengelben Quitten in einer Schale von Christian Rohlfs aus dem Jahr 1921 erwirtschaften.

Zu dieser Zeit hatte sich Erich Buchholz schon in die Ungegenständlichkeit verabschiedet und setzte geometrische Formen auf einer Sperrholzplatte in „Dunkel gegen Hell I“ (Taxe 8.000 EUR). Sein ein Jahr älteres buntes Aquarell von 1920 lässt zu, ob man darin „Vier oder sieben Senkrechte“ entdecken will (Taxe 3.000 EUR). Geheimnisvolle fremde Gestalten, die an etwas Organisches und die Werkreihe „Triebkräfte der Erde“ erinnern, tauchen in Fritz Winters früher Komposition von 1931 auf schwarzem Grund auf (Taxe 9.000 EUR). Vergleichbare amorphe Formen hat Alfred Winter-Rust 1954 als „Strandgut“ betitelt und sie auf einem dreigeteilten Hintergrund mit Wasser- und Horizontlinie flach angeordnet (Taxe 1.000 EUR). Die Abstraktion führt nach dem Zweiten Weltkrieg ebenfalls Max Ackermann mit seiner orphisch kosmischen „Hymne II“ von 1959 in einem grünblauen Kolorit fort (Taxe 10.000 EUR). Dagegen verlegte sich der polnisch-amerikanische Maler Julian Stanczak auf die strenge Geometrie und die Farbe und gehörte zu den ersten Vertretern der Op-Art. Dafür steht seine hochformatige Leinwand „Modular“ von 1981 mit einem scheinbar sich hervorwölbenden Rechteck (Taxe 25.000 EUR). Anton Stankowski ergänzt mit seinen beiden Quadraten „Schrägelement vielfarbig“ von 1972 (Taxe 2.000 EUR) und „Schrägelement in ganzer Farbskala“ von 1976 (Taxe 3.000 EUR).

In der DDR waren solche „formalen“ Ideen verpönt. Die Kunst sollte zum Aufbau einer neuen Gesellschaftsform dienen und daher immer figurativ sein. Doch manche Künstler hielten sich nicht so sehr an diese Staatsdoktrin, etwa der thüringische Einzelgänger Gerhard Altenbourg mit seiner poetisch verschrobenen Weltsicht, die auch auf seinem Aquarell „Vögel“ von 1951 sichtbar wird (Taxe 10.000 EUR). Genauso feinsinnig ist Albert Eberts ungewöhnlich großes nächtliches, beinahe märchenhaftes „Laternenfest an der Saale“ von 1951/54, das mit 35.000 Euro ein Rekordergebnis für Ebert anstrebt. Auf unscheinbare Gegebenheiten richtete ebenfalls Albert Wigand seinen Blick und hielt 1964 die Stille eines ausschnitthaften Straßenzugs in Sedan mit den beschrifteten Fassaden „Banania Boucherie Chevaline“ fest (Taxe 7.000 EUR).

Auf Tendenzen der Neuen Sachlichkeit und des Verismus griff Clemens Gröszer 1992 zurück, als er seine „Sächsische Venus“ als extravaganten Akt mit roten Handschuhen ausformulierte (Taxe 14.000 EUR). Ihm tat es Volker Stelzmann vier Jahre später mit seinen sich verreckenden Gestalten auf „Schmaler Bühne“ gleich (Taxe 10.000 EUR). Ein seltener Gast auf deutschen Auktionen ist der Vietnamese Mai Trung Thu, der 1937 erstmals nach Frankreich kam, sich dann dort niederließ und westlich und östliche Einflüsse in seinem Schaffen miteinander verband. Damit gehört er zu den bedeutendsten Protagonisten der modernen Kunst in Vietnam, dessen zarte Frauenbildnisse schon einmal Millionenwerte bringen. Daher sind für seine charakteristische auf Seide gemalte „Maquillage (Jeune femme au miroir)“ von 1967 mit einer sich schminkenden Asiatin 50.000 Euro nicht zu hoch gegriffen.

Mit Wilhelm Lehmbrucks elegischem Steinguss „Mädchenkopf auf schlankem Hals“, ein Extrakt seiner „Großen Sinnenden“ von 1913/14, kommt bei der Skulptur eines der ältesten Werke der Auktion zum Aufruf (Taxe 50.000 EUR). Der Mensch bliebt in dieser Gattung bestimmend, sei es William Wauers dynamisch-kantiger „Steinstoßer“ von 1920 (Taxe 5.000 EUR), Werner Stötzers Bronze „Sitzende mit aufgestütztem Arm“ und angezogenem Bein von 1970/74, Lothar Fischers „Kniender weiblicher Torso“ von 1985 (Taxe je 4.000 EUR) oder Michael Croissants Abstraktion „Kleiner, nach links geneigter Kopf“ von 1997 (Taxe 2.400 EUR). Ob man den Holz-Rollschrank mit 14 Schubladen und Objekten der Edition Block von 1969/72 auch zum Skulpturalen rechnet, ist nicht ganz eindeutig. Jedenfalls hat René Block für seine 20. Edition 19 Künstler seiner Galerie eingeladen, sich humorvoll und hintersinnig mit Fragen der Zeit auseinanderzusetzen. An dem „Miniaturmuseum“ westdeutscher Nachkriegskunst haben sich etwa Joseph Beuys, KP Brehmer, Bazon Brock, Karl Horst Hödicke, Bernd Lohaus, Blinky Palermo, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Reiner Ruthenbeck oder Lambert Maria Wintersberger beteiligt (Taxe 60.000 EUR).

Die Auktion beginnt am 29. April um 12 Uhr. Die Besichtigung ist bis zum 27. April täglich von 11 bis 19 Uhr möglich.

Kontakt:

Dr. Irene Lehr Kunstauktionen

Sybelstraße 68

DE-10629 Berlin

Telefon:+49 (030) 881 89 79

Telefax:+49 (030) 881 89 95

Startseite: www.lehr-kunstauktionen.de



26.04.2023

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching

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Nachkriegskunst

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Moderne Kunst







Georg Schrimpf,  o.T. (Ausschauende), 1923

Georg Schrimpf, o.T. (Ausschauende), 1923

Taxe: 50.000,- EURO

Zuschlag: 46.000,- EURO

Losnummer: 299

Wilhelm Lehmbruck,  Mädchenkopf auf schlankem Hals (Kopf der Großen Sinnenden), 1913/14

Wilhelm Lehmbruck, Mädchenkopf auf schlankem Hals (Kopf der Großen Sinnenden), 1913/14

Taxe: 50.000,- EURO

Zuschlag: 36.000,- EURO

Losnummer: 189

Georg Scholz,  Selbstbildnis mit Malerkittel, 1929

Georg Scholz, Selbstbildnis mit Malerkittel, 1929

Taxe: 10.000,- EURO

Zuschlag: 20.000,- EURO

Losnummer: 296




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