| | Antonio Palma, Veturia hält Coriolanus vor den Toren der Stadt davon ab, Rom zu zerstören | |
Über Antonio Palma ist nicht allzu viel bekannt. Um 1515 in Serina nördlich von Bergamo geboren, zog er nach dem frühen Tod seines Vaters mit seinem Onkel Jacopo Negretti, genannt Palma il Vecchio, nach Venedig und arbeitete in dessen Werkstatt. Auch sein Onkel starb bereits 1528. Die Werkstatt übernahm Bonifazio Veronese, der begabteste Mitarbeiter Negrettis. Hier wuchs der junge Antonio wohl künstlerisch heran und eignete sich die Traditionen seines Onkels und Veroneses an. Die Scheidung der Hände ist daher oft schwierig. Als eigenständige Arbeiten Antonio Palmas erachtet die jüngere Forschung Gemälde mit Episoden aus der römischen Geschichte oder der Bibel, so wie jetzt ein Exemplar bei Van Ham vorliegt. Dort behandelt Palma eine von verschiedenen römischen Historikern überlieferte Begebenheit zwischen den Volskern und den Römern, die seit dem sechsten Jahrhundert vor Christus immer wieder Krieg führten, ehe es den Römern um 330 gelang, die Volsker zu unterwerfen und in ihr Bundesgenossensystem einzugliedern: Veturia bittet ihren aus Rom verbannten und zu den Volskern übergelaufenen Sohn, den Feldherrn Gnaeus Marcius Coriolanus, im Lager vor der Stadt, Rom zu verschonen. Die fast drei Meter breite Leinwand lässt sich mit dem venezianischen Palazzo Morosini Sagredo in Verbindung bringen und schmückte wahrscheinlich den Portego, den repräsentativsten Raum des Palazzo. Zuletzt bei Lempertz im Dezember 1999 für 150.000 bis 170.000 Mark angeboten, orientiert sich die aktuelle Schätzung mit 78.000 bis 90.000 Euro daran.
Die Alte Kunst ist bei Van Ham mit rund 130 Positionen gut besetzt, allerdings ragen nur wenige Stücke aufgrund ihrer Qualität heraus. In den italienischen Manierismus geht es mit einem heiligen Papst mit Märtyrerpalme, den einige Engel ganz schön necken. So lässt Giovanni Battista Tinti einen geflügelten Boten eben die Tiara lupfen (Taxe 37.000 bis 50.000 EUR). Francesco Gessi, einer der wichtigsten Schüler Guido Renis, ist für einen lebensgroßen, segnenden Christus mit einem Knaben zuständig, der wohl zur Ausstattung einer Kirche gehörte (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR). Ebenfalls Lehrling von Reni war Giovanni Andrea Sirani. Sein heiliger Paulus, der den Märtyrertod erwartet und Ananias getröstet wird, greift aber auch stilistische Merkmale von Giovanni Francesco Barbieri auf (Taxe 45.000 bis 65.000 EUR).
Alte Meister
Gut vertreten ist bei der alten Kunst zudem die flämische und holländische Malerei, zunächst mit der „Madonna der Kirschen“ aus der Werkstatt oder dem Umkreis Joos van Cleves, deren Symbolik die zeitgenössischen Betrachter mühelos entschlüsseln konnten, etwa die Kirschen, die durch ihre Herzform und Farbe Sinnbilder für die Liebe Christi und für das am Kreuz vergossene Blut sind (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR). Einen statuarischen Bühnenaufbau nutzte Otto van Veen für sein farbintensives Querformat „Kaiser Konstantin und Bischof Miltiades leiten das Konzil gegen die donatistische Häresie“ (Taxe 11.000 bis 15.000 EUR). Gysbrecht Leytens nimmt uns jetzt schon wieder in den Winter mit und zeigt uns eine verschneite Flusslandschaft mit bizarren Bäumen in feiner Verästelung, einem Holzfäller und Reisigsammlern (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR).
Landsachftlich bleibt das Angebot mit Roelof van Vries’ alter Wassermühle unter Eichenbäumen (Taxe 3.000 bis 4.000 EUR) und seinem eine Generation jüngeren Haarlemer Kollegen Salomon Rombouts, der einen jungen Jäger am Waldrand mit Dorf im Hintergrund beisteuert (Taxe 8.000 bis 10.000 EUR). Ins Innere eines Hauses dringt Jan Adriaensz van Staveren vor und beobachtet eine Magd bei der Zubereitung des Essens (Taxe 13.000 bis 18.000 EUR), während Hendrik Martensz Sorgh in einem Stall einen Bauern beim Füttern der Schweine in den verschatteten Hintergrund rückt und im Vordergrund wie Staveren Stillleben ausbreitet. Diese Gattung bedient auch Anthony Claesz mit seinem Blumenstrauß aus Tulpen, Nelken, Rosen, Schachbrettblume und Narzissen in einer Glasvase und Insekten auf einem Tisch von 1643 (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR).
Schon im Klassizismus sind zwei feine Portraits angesiedelt. Aus großen, klugen Augen sieht Agathe Dorothea Elisabeth „Lisette“ von Rutenberg den Betrachter auf einem ovalen Bildnis Anton Graffs um 1790 sanft an (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR). Barbara Rosina Lisiewskas Bildnis des Erbprinzen Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, den sie mit offenem Blick als aufgeklärten Herrscher verewigte, war schon vor einem Jahr bei Van Ham für 12.000 bis 16.000 Euro zu haben, nun ist die Schätzung auf 8.000 bis 12.000 Euro gesunken. Als qualitätvoller Zeichner tritt Adrian Zingg an und stellt zwei weite Flusslandschaften an der Elbe von 1790, unter anderem mit dem Blick auf Prießnitz, für nicht allzu teure 2.000 bis 2.500 Euro zur Verfügung.
Neuere Meister
Diese Idee der Landschaft führte Ferdinand Olivier in der Romantik weiter und schuf mit seinem neunteiligen Grafikzyklus „Sieben Gegenden aus Salzburg und Berchtesgaden. Geordnet nach den sieben Tagen der Woche, verbunden durch zwey allegorische Blätter“ mit den figürlichen Darstellungen zugleich eine subtil anspielende Allegorie auf des christliche Leben (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR). Nicht ganz so überhöht haben Johann Joachim Faber 1838 seine heitere spätsommerliche Sicht auf den Hohen Göll und den Untersberg bei Salzburg (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR) und Barend Cornelis Koekkoek 1849 seine stürmische „Gewitterlandschaft am Rhein“ mit Landleuten auf einem Weg angelegt (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR). Den 1815 in Quedlinburg geborenen Wilhelm Steuerwaldt zog es oft zu den mittelalterlichen Bauwerken seiner Harz-Heimat, so auch 1874, als er im verschneiten Schlosshof in Ilsenburg Jäger beim Aufbruch zur Jagd entdeckte (Taxe 5.000 bis 10.000 EUR).
Zahlreich sind auch wieder die beliebten Deutschrömer anwesend, so Gustav von Haugk mit seiner sonnenbeschienen Terrasse des Kapuzinerklosters in Amalfi (Taxe 5.000 bis 8.000 EUR), Jakob Alts Bucht von Neapel mit dem rauchenden Vesuv im Hintergrund (Taxe 10.000 bis 20.000 EUR), Johann Jakob Freys ähnlich angelegter Blick entlang der Küste bei Nettuno (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR) oder Oswald Achenbachs gekonnt beleuchtetes nächtliches Lagerfeuer am Strand vor Neapel (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR). Eigentlich ist Josef Wopfner kein Symbolist, doch bei seiner „Engelerscheinung bei der Überfahrt nach Frauenchiemsee“ mit drei betenden Nonnen hat er sich in diesem Stil ausprobiert (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR).
Ein impressionistischer Zugriff auf den Hafen von Rouen gelingt Stanislas Lépine an einem bewölkten Tag (Taxe 12.000 bis 15.000 EUR), ebenso Louis Douzette mit seiner monochrom graubraunen Mondnacht über Venedig (Taxe 3.000 bis 6.000 EUR). Etwas mehr Farbe kommt dann wieder bei dem Tschechen Václav Radimsky und seiner Sommerlandschaft mit Obstbäumen an einem Bachlauf ins Spiel (Taxe 25.000 bis 30.000 EUR). Nach Frankreich geht es dann mit Jean-Baptiste Armand Guillaumins unspektakulärer, aber koloristisch reizvoll gemalter kleiner Felseninsel bei „Le Brusc“ an der Côte d’Azur (Taxe 12.000 bis 18.000 EUR) und mit dem exotischen Südsee-Paradies „Parau hanohano“, das Paul Gauguin als Monotypie um 1894 fertigte. Da nur noch wenige Monotypien Gauguins erhalten sind und das Blatt marktfrisch zur Auktion gelangt, hofft Van Ham auf 50.000 bis 70.000 Euro. Mit Julie Wolfthorns lebensvollem Portrait einer Dame von 1938 (Taxe 4.000 bis 6.000 EUR), Herbert Böttgers neusachlicher niederrheinischen Winterlandschaft „Goebels Hof“ von 1948 (Taxe 5.000 bis 8.000 EUR) und Gerhard Marcks’ zartem Pastell mit Kornblumen von 1976 greift die Offerte überraschend weit ins 20. Jahrhundert aus (Taxe 300 bis 600 EUR).
Kunsthandwerk
In der Auktion „Decorative Art“ vom 17. Mai stellt das Silber einige Höhepunkte, darunter den vergoldeten Deckelhumpen mit Buckeln des Nürnberger Meisters Andreas Berckmann, der zur Mitte des 17. Jahrhunderts für seine feinen Blütengravuren, hier unter anderem mit Tulpe, Rose oder Schachbrettblume, berühmt war (Taxe 17.000 bis 20.000 EUR). Aus Hamburg steht ihm Harmen Lüders mit einer seltenen Branntweinschale zur Seite, die er ausschweifend mit Knorpelwerkblättern und Barockblumen überzogen Hat (Taxe 9.000 bis 12.000 EUR). Eine rokokohaft bewegte, mainfränkische Aufsatzschreibkommode um 1760 lässt sich aufgrund des Ligaturmonogramms auf der Tabernakeltüre dem Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim zuordnen (Taxe 10.000 bis 12.000 EUR).
Aus deutschem Adelsbesitz stammt zudem eine Folge von vier Tapisserien mit Chinoiserien, die die Faszination europäischer Fürstenhöfe für fernöstliche exotische Welten in dieser Zeit widerspiegelt. Sie soll um 1730 in den Berliner Tapisseriemanufakturen von Jean Barraband II und Charles Vigne gewebt worden sein (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR). Beim Porzellan meldet sich die Meißner Manufaktur mit Johann Joachim Kändlers Schale aus dem berühmten „Schwanenservice“ für den Grafen Brühl in einer frühen Ausformung um 1738/39 bei 9.000 bis 11.000 Euro zu Wort. Über mehrere Empire-Bronzen, darunter einer vergoldeten Prunkpendule von Louis Lagrange mit der Büste Heinrich IV. und einer schwarz patinierten Siegesgöttin (Taxe 12.000 bis 14.000 EUR) oder einen Pariser Kandelaberpaar mit zwei geflügelten Psychen (Taxe 14.000 bis 16.000 EUR), geht es zur gut ausgebauten Sektion mit Jugendstil, Art Déco und Design. Hier überzeugt vor allem Joseph Maria Olbrich mit acht Möbeln für ein Musikzimmer. Die Ausstattung mit einem großen Notenschrank, einem Tisch, vier Stühlen, einem Schreibtisch und einem Armlehnstuhl, die aus einer Rheinischen Privatsammlung eingeliefert wurde, ist auf drei Losnummern aufgeteilt und soll mindestens 13.000 Euro einspielen.
Die Auktion „Fine Art“ mit den Alten und Neueren Meistern beginnt am 15. Mai um 14 Uhr, am 17. Mai „Decorative Art“ ab 11 Uhr. Die Besichtigung ist bis zum 14. Mai möglich. |