Zum frühen Tod von Robert ConradDer Fotograf, Architekt und Bauhistoriker Robert Conrad ist tot. Nach Angaben des Berliner Lukas Verlags starb er vergangene Woche völlig überraschend im Alter von 60 Jahren. Conrad hielt seit Mitte 1980er Jahre den Verfall und Abriss historischer Bausubstanz in Städten der DDR in eindrücklichen Bildern fest. Zudem reiste nach Italien, England, die USA, Marokko, Indien oder Russland und fertigte Architekturporträts verschiedener Städte an, darunter von Tel Aviv, den ehemaligen Hafenanlagen am Hudson River in New York City oder von maroden Bauten der italienischen Moderne aus der Mussolini-Ära. Im Auftrag von Denkmalämtern, Planungsbüros, Fachverlagen und Museen entstanden visuelle Dokumentationen von Gebäudeanlagen und Sanierungsarbeiten. Seine „Kulturlandschaften“ zeichnen sich größtenteils durch die Abwesenheit von Menschen aus, zeigen jedoch deren Spuren in Form von abgestellten Autos, Einrichtungsgegenständen oder Graffitis. Dazu zählen auch bevorzugt aufgegebene und ruinöse Gebäude, durch deren fortschreitenden Verfall sich die Natur ihren Raum wieder zurückerobert, wie es die Serie zum ehemaligen Flugzeugwerk im brandenburgischen Rangsdorf veranschaulicht.
Geboren 1962 in Quedlinburg, verbrachte Robert Conrad seine Kindheit und Jugend in Rostock und Greifswald. Von 1983 bis 1990 arbeitete er als Fotograf und Filmautor, ein paralleles Studium wurde durch Maßnahmen des „Operativen Vorgangs“ der Stasi verhindert, die ihn kriminalisieren wollte. Der junge Mann verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Heizer, Bibliotheksgehilfe und auf dem Bau. Nach der Wende konnte Conrad sein Studium der Kunstgeschichte und Architektur von 1990 bis 2000 in Berlin nachholen. Anschließend war er dort als Architekt in der Baugeschichte und Bauforschung tätig. Seit dem Jahr 2005 arbeitete er hauptsächlich als Fotograf. Einen Fotobestand aus rund 45.000 Bildern der Jahre 1981 bis 2010 hat Conrad an die Robert-Havemann-Gesellschaft, das Berliner Archiv der DDR-Opposition, übergeben.
In Zusammenarbeit mit dem Lukas Verlag erschienen sechs fotografische Publikationen Robert Conrads, darunter mit anderen Autoren „Unerkannt durch Freundesland“, in der er seine illegalen Reisen durch die Sowjetunion dokumentierte. Der deutschen Hauptstadt kurz vor und nach der Wende widmete er sich in der Serie „Berlin Prenzlauer Berg. Ein Gründerzeitbezirk vor seiner Sanierung und dem Beginn der Gentrifikation“: Blicke in Hinterhöfe, auf verrammelte Schaufenster und verlassene Straßenzüge offenbaren den maroden Zustand der Gründerzeit-Architektur. Conrad zeigt hier keine nostalgischen Idyllen, dennoch spricht aus seinen Fotografien eine Empathie mit einer verfallenden Stadt und ihren nicht anwesenden Bewohnern. |