Medienkunst-Stipendien in Oldenburg vergeben | | Das Edith-Ruß-Haus in Oldenburg hat drei junge Künstler*innen mit Medienkunst-Stipendien ausgezeichnet | |
Die neuen Stipendiat*innen am Edith-Ruß-Haus für Medienkunst in Oldenburg stehen fest. Die Jury wählte in diesem Jahr Karolina Bregula für ihre Arbeit „Flood“, Eoghan Ryan für sein Projekt „Circle A“ und Tenzin Phuntsog für sein Werk „Oceans in the Sky“ aus und musste dafür Bewerbungen von 378 Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt sichten. Die eingereichten Vorhaben beschäftigen sich oft mit drängenden Fragen, etwa mit transgenerationalen Traumata, der Klimakrise, der Aufarbeitung vernachlässigter Geschichten oder Femiziden. Laut Jury waren Anklänge an Verluste und Vertreibung, aber auch Gefühle mangelnder Zugehörigkeit, ein Interesse an neuen urbanen Lebensweisen und verschiedene Herangehensweisen an artenübergreifenden Beziehungen vorherrschend.
Der Vorschlag der 1979 in Katowice geborenen Polin Karolina Bregula, die erst im April einen der Preise beim European Media Art Festival in Osnabrück erhielt, umfasst einen Film sowie ein Buch, die sich mit der Klimakrise und insbesondere dem steigenden Meeresspiegel auseinandersetzen, der weltweit zum Verlust von Wohnraum und Arbeitsplätzen führen wird. Ihre Auseinandersetzung mit diesem Thema sei spannend und vielversprechend, so die Jury. Denn Bregula untersuche die Erfahrungen verschiedener Communities und die Forschungsarbeiten mehrerer wissenschaftlicher Disziplinen. Zugleich binde sie die gelebten Erfahrungen und persönlichen Ängste von Menschen in unterschiedlichen Weltregionen ein. Dafür plant Bregula, mit Forschern und Bewohnern von Küstenregionen in Skandinavien, den Niederlanden, Deutschland, Irland und Taiwan zusammenzuarbeiten.
Aus Dublin stammt der 1987 geborene Eoghan Ryan. Sein Konzept für die Video- und Diaprojektorinstallation „Circle A“ sieht vor, verschiedene Aspekte von Anarchie auf der persönlichen und gesellschaftlichen Ebene zu untersuchen. Das Preisgremium war vor allem von Ryans künstlerischer Sprache beeindruckt, die aktuell wichtige, grundlegende politische und gesellschaftliche Debatten anspricht und dabei in Kauf nimmt, als verstörend wahrgenommen zu werden. „Circle A“ zielt darauf ab, durch organisiertes Chaos und eine radikale visuelle Poesie destabilisierend zu wirken, und wird sich damit beschäftigen, wie Kunst, Theorie und ihre institutionellen Strukturen mit Momenten des Aufruhrs, des Widerstands oder der Revolte koexistieren können.
Der tibetisch-amerikanische Künstler Tenzin Phuntsog will sich in seiner Installation „Oceans in the Sky“ mit den visuellen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten auseinandersetzen, denen Menschen aus Tibet gegenüberstehen, wenn sie mit den Weltmeeren in Berührung kommen. Denn den Ozean und die Begegnung mit ihm konnten sie sich früher in ihrem von Erde umschlossenen Land oft nur vorstellen. Die zentrale Idee seiner Arbeit sei „das Imaginieren von großer Weite und Tiefe“, so Phuntsog. Das befand auch die Jury: Phuntsogs Bildsprache biete besondere Einblicke in die Zeiterfahrung, raffiniert und stimmig. Bei dem Versuch, darzustellen, wie seine Charaktere die Gegenwart verkörpern, würden seine Arbeiten eine ausgedehnte Zeitlichkeit einfangen.
Ermöglicht durch die Stiftung Niedersachsen, konnte das Edith-Ruß-Haus für Medienkunst auch heuer wieder drei sechsmonatige und mit jeweils 12.500 Euro dotierte Arbeitsstipendien vergeben. Mit ihrer Förderung will die Stiftung Niedersachsen eines der führenden Häuser für Medienkunst in Deutschland nachhaltig stärken, seine an Qualität orientierte Profilierung unterstützen, um so die Neuproduktion von Kunst zu ermöglichen und internationale Vernetzungen und lokale Anknüpfungspunkte zu etablieren. |