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Marktberichte |
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In seiner „Großen Sommerauktion“ hält das Wiener Auktionshaus im Kinsky auch Schätze für Liebhaber Alter und Neuerer Meister bereit Hoffnung hinter Gittern
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| | Pieter Breughel d.J., Das Paar mit Spindel und Henne, nach 1616 | |
Das sitzen eine Frau und ein Mann wenig traulich neben einem Baum zusammen. Sie hält einen Spinnrocken fast drohend in die Höhe, er eine Henne in seinen Händen. Auf den ersten Blick ist diese Szene, die Pieter Breughel d.J. auf einen Tondo gemalt hat, etwas unverständlich. Sie gehört zu den Paardarstellungen des flämischen Meisters mit erotisch-moralischem Hintersinn; erzählt sie doch die Geschichte eines ertappten Schürzenjägers. Denn der „Hennentaster“ oder „Hennengreifer“ war in Flandern im Volksmund ein Frauenheld, der Spinnrocken ein Sinnbild für die häusliche Arbeit als tugendsame Beschäftigung. Die spitze Spindel, die die Frau in auffälliger Nähe zum deutlich betonten Geschlecht ihres Gatten in der linken Hand hält, kann als eindringlicher Appell an dessen Treue verstanden werden. Damit interpretiert Breughel erneut eine damals gängige Redensart bildlich. Im Kinsky ist die nach 1616 entstandene Holztafel nun für 80.000 bis 150.000 Euro zu haben.
Die Alten Meister
Rund 1.800 Kunstobjekte von Antiquitäten bis zur Zeitgenössischen Kunst hat das Kinsky für seine „Große Sommerauktion“ zusammengetragen und in sieben Katalogen über eine Woche verteilt. Am 20. Juni stehen in Wien die Werke Alter und Neuerer Meister auf dem Programm. Aus der weit verzweigten Brueghel-Familie macht Jan Breughel d.J., der Neffe Pieters, mit weiteren Highlights auf sich aufmerksam. Mit seiner Anlegestelle am Fluss aus den späten 1620er Jahren folgt Jan kompositorisch und in den Feinheiten seiner Malerei seinem gleichnamigen Vater (Taxe 80.000 bis 150.000 EUR). Für sommerliche Abkühlung sorgt seine dörfliche Winterlandschaft mit Jägern und Hundemeute im Schnee, mit der sich Jan auf seinen Großvater Pieter Bruegel d.Ä. bezieht (Taxe 35.000 bis 70.000 EUR). Mit einer paradiesischen Flusslandschaft, in der sich zahlreiche Tiere versammeln, um in die kleine Arche Noah im Bildhintergrund einzuziehen, greift Jan das aufkeimende Interesse seiner Zeit am Artenreichtum der Natur auf (Taxe 40.000 bis 80.000 EUR). Und schließlich hat Jan Breughel in den 1640er Jahren mit Rosen, Tulpen und anderen Blumen in einem Henkelkorb auf einer kleinen Kupfertafel noch ein charmantes Kabinettstück für 18.000 bis 36.000 Euro geschaffen. Vor dunklem Hintergrund leuchten die Blüten auch bei Justus Junckers „Blumen in einer Glasvase“, in der sich gekonnt das Licht eines Fensters mehrfach bricht, in der Strahlkraft ihrer Farben auf (Taxe 5.000 bis 10.000 EUR).
In die deutsche Renaissance geht es mit einem Marienbild samt Christus- und Johannesknaben in der Armen der zärtlichen Gottesmutter, das ein Maler aus der Werkstatt Lucas Cranachs d.Ä. um 1520/30 nach Vorlagen seines Meister geschaffen hat (Taxe 50.000 bis 100.000 EUR), an den Hof Kaiser Rudolfs II. nach Prag mit einer mythologischen Szene aus Ovids Metamorphosen. Allerdings scheinen die 180.000 bis 360.000 Euro für „Zeus und Kallisto“ eines nicht greifbaren Manieristen, der sich um 1600 auf eine Komposition von Joseph Heintz d.Ä. berief, doch etwas zu hoch angesetzt. Gleiches gilt für eine geschmackvolle Venedig-Vedute mit einem Blick über den Canal Grande samt San Geremia, Palazzo Labia und der Einfahrt zum Sestiere Cannaregio, die Francesco Guardi aber nur zugeschrieben wird (Taxe 100.000 bis 200.000 EUR). Für seinen venezianischen Vorgänger Giulio Carpioni kann ein ausgelassenes erotisches Bacchanal mit leicht bekleideten Satyrn, Faunen, Mänaden und Nymphen als gesichert gelten (Taxe 50.000 bis 100.000 EUR).
Das Portraitfach ist in Wien gut aufgestellt. Zunächst gibt es ein seltenes frühes, erst jüngst wiederentdecktes Kinderbildnis des dreijährigen Federico II. Gonzaga in edlem Gewand und Barett vor grünem Grund, das gemäß vorhandener Dokumente seine Mutter Isabella d’Este beim mantuanischen Hofmaler Francesco Bonsignori 1503 in Auftrag gegeben hat (Taxe 150.000 bis 300.000 EUR). Einer der gefragten Portraitmaler Amsterdams ab den 1670er Jahren war Nicolaes Maes, der ein junges Mädchen in eleganter Kleidung und Perlenkette fast damenhaft aufmacht, mit dem Lamm aber auf die kindliche Unschuld verweist. Barock herzhaft ist das repräsentative Bildnis des Grafen Johann Adam von Questenberg, den Martin van Meytens d.J. in den 1730er Jahren mit einem Grundriss als Bauherrn des Palais Questenberg-Kaunitz in Wien ausweist, während Joseph Hickel 1769 Peter Leopold Großherzog von Toskana, den späteren, nur zwei Jahre regierenden Kaiser Leopold II., als aufgeklärten, pflichtbewussten Herrscher kennzeichnet (Taxe je 15.000 bis 30.000 EUR). Schon eine romantische Stimmung evoziert der Engländer Sebastian Pether mit seiner nächtlichen dunklen Grisaille einer ruinösen gotischen Kirchenfassade in einem weiten Flusstal bei Mondschein, die dennoch von Hirten mit Kühen bevölkert wird (Taxe 3.000 bis 6.000 EUR).
Das 19. Jahrhundert
Mit einer Schätzung von 150.000 bis 300.000 Euro für Ferdinand Georg Waldmüllers feines Portrait der Schwestern „Polixena, Hedwig und Zdenka, Prinzessinnen von Lobkowicz“ zwischen Sträuchern und Blumen im Garten des elterlichen Schlosses in Lemberg aus dem Jahr 1832 reicht das Angebot der Neuern Meister an das ihrer Vorläufer heran. Deutlich günstiger ist 12.000 bis 24.000 Euro Waldmüllers „Porträt des Franz Salzmann Edler von Bienenfeld, Generalsekretär der K.u.K. Nationalbank“, den er um 1829 würdevoll und mit leichtem Lächeln vor einer Alpenkulisse positioniert hat. Für das österreichische Biedermeier stehen zudem noch Franz Xaver Petters voluminöses und detailgenaues Blumenstillleben mit Weintrauben und Vogelnest in einer Nische aus dem Jahr 1820 (Taxe 40.000 bis 80.000 EUR) und zwei fünf Jahre jüngere Tusche- und Bleistiftstudien der ungewöhnlichen Brasilkiefer von Johann Moritz Rugendas (Taxe 18.000 bis 36.000 EUR).
Als Volksmaler des Wiener Biedermeier gilt Johann Michael Neder, der in seinen Porträts, Interieurs und Genreszenen das Leben der kleinen Leute realistisch und mit hoher Authentizität schilderte. Das Kinsky kann sechs kleinformatige Gemälde anbieten, darunter eine verhärmte strickende Frau mit braunem Kopftuch (Taxe 2.500 bis 5.000 EUR). Ungewöhnlich ist das Sujet, das Carl Gustav Carus 1823 wählte: Ausschnitthaft zeigt er ein vergittertes Gefängnisfenster mit einigen Spinnweben und den blauen, leicht bewölkten Himmel dahinter und gibt der Hoffnung der Insassen auf ein anderes Leben Ausdruck (Taxe 10.000 bis 20.000 EUR). Die um 1858 entstandene Ölskizze „Kleiner Kornwagen mit einem Schimmel und Fohlen bei nahendem Gewitter“ lebt von der Spontaneität, mit der Friedrich Gauermann die Wetterstimmung und die daraus resultierenden unerwarteten Aktivitäten der Bauern aufs Papier geworfen hat (Taxe 25.000 bis 50.000 EUR). Deutlich überlegter und exakter ging Rudolf von Alt 1868 bei seinem minutiösen Aquarell mit dem hochgotischen Portal des Regensburger Doms ans Werk (Taxe 20.000 bis 40.000 EUR).
Nach Italien geht es mit Anton Romako, der sich Ende der 1850er Jahre dem oft beschwerlichen Alltagsleben der Landbevölkerung widmete und einen großen, von vier schwarzen Ochsen gezogenen Karren mit einer Marmorfuhre zur Abendzeit vor antiken Ruinen in der Campagna sah (Taxe 35.000 bis 70.000 EUR). Bei Giovanni Battista Torriglia und seiner Drei-Generationen-Familie in der bäuerlichen Küche beim Füttern des Jüngsten geht es freudiger zu (Taxe 30.000 bis 60.000 EUR). Robert Russ nahm um 1899 das monumentale Stadttor von Orvieto auf und gab den Blick auf die den Hügel hinabführende Straße im hellen Licht der Sonne frei (Taxe 35.000 bis 70.000 EUR). Leopold Carl Müller gehört zu den führenden österreichischen Orientmalern, der mehrmals in Ägypten weilte und Land und Leute jenseits verklärender Orientalismen authentisch wiedergab, so auch 1889 das Portrait der würdevollen schönen „Hamida“, das nach bald siebzig Jahren erstmals wieder auf dem Auktionsmarkt auftaucht (Taxe 50.000 bis 100.000 EUR).
Ein guter Teil des Angebots entfällt auf den sogenannten „Stimmungsimpressionismus“, die österreichische Freilichtmalerei zwischen 1870 und 1900, die die atmosphärischen Reize und Lichtverhältnisse der Natur betont und sich zugleich an älteren Traditionen der Landschaftsmalerei orientiert. Einer ihrer Protagonisten war Emil Jakob Schindler, der 1879/80 einen wolkenverhangenen Tag an der „Donau in der Wachau“ mit einem Sonnenfenster auf dem Kirchturm von Weißenkirchen festhielt (Taxe 25.000 bis 50.000 EUR), 1884/86 eine Mühle bei Friesach in heiterer vorfrühlingshafter Atmosphäre anlegte (Taxe 15.000 bis 30.000 EUR) und in diesem Jahrzehnt eine grau verhangene Regenlandschaft mit einer Frau samt rotem Regenschirm auf einem matschigen Weg am Fluss subtil ergründete (Taxe 35.000 bis 70.000 EUR). Marie Egner machte sich um 1894 ebenfalls in die Wachau auf und erschloss ihre Ernteszene durch einen direkt ins Kornfeld führenden Weg (Taxe 8.000 bis 16.000 EUR). Eine flüchtige sommerliche Impression ist Tina Blaus um 1900/10 gemalter Ausschnitt aus dem Park von Schloss Schönbrunn mit einigen Spaziergängern (Taxe 15.000 bis 30.000 EUR). In ihrem flott komponierten Blumenstillleben lässt Olga Wisinger-Florian zahlreiche bunte Schmetterlinge eine Henkelschale mit blauen Blüten umschwirren (Taxe 25.000 bis 50.000 EUR). Lea von Littrow entführt den Betrachter wieder einmal an die Adria und zeigt ihm die sonnenbeschienene Pergola vor einem einfachen Haus über dem Meer (Taxe 15.000 bis 30.000 EUR).
Die Auktion beginnt am 20. Juni um 14 Uhr mit den Alten Meistern, gegen 16 Uhr folgen die Gemälde des 19. Jahrhunderts. Die Besichtigung ist bis zum Auktionsbeginn möglich. | | Kontakt: im Kinsky - Kunst Auktionen GmbH Freyung 4 AT-1010 Wien |
| Telefax:+43 (01) 532 42 00-9 | Telefon:+43 (01) 532 42 00 | | | E-Mail: office@imkinsky.com | | Startseite: www.imkinsky.com |
19.06.2023 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching | |
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Ferdinand Georg
Waldmüller,
Polixena, Hedwig und
Zdenka,
Prinzessinnen von
Lobkowicz, 1832 | | Taxe: 150.000 - 300.000 EURO Losnummer: 2582 | | | | | |
Leopold Carl Müller,
Hamida, 1889 | | Taxe: 50.000 - 100.000 EURO Losnummer: 2671 | | | | | |
Franz Xaver Petter,
Blumenstillleben
mit Früchten und
Vogelnest, 1820 | | Taxe: 40.000 - 80.000 EURO Losnummer: 2581 | | | | | |
Joseph Hickel, Peter
Leopold Großherzog
von Toskana, 1769 | | Taxe: 15.000 - 30.000 EURO Losnummer: 2124 | | | | | |
Olga
Wisinger-Florian,
Blumenstillleben
mit
Schmetterlingen, um
1885 | | Taxe: 25.000 - 50.000 EURO Losnummer: 2699 | | | | | |
Giulio Carpioni,
Bacchanal | | Taxe: 50.000 - 100.000 EURO Losnummer: 2053 | | | | | |
Martin van Meytens
d.J., Johann Adam
Graf von
Questenberg, 1730er
Jahre | | Taxe: 15.000 - 30.000 EURO Losnummer: 2044 | | | | | |
Joseph Heintz d.Ä.,
Joseph Heintz d.Ä.
Nachfolge, Zeus und
Kallisto, um 1600 | | Taxe: 180.000 - 360.000 EURO Losnummer: 2084 | | | | | |
Francesco
Bonsignori,
Portrait Federico
II. Gonzaga, 1503 | | Taxe: 150.000 - 300.000 EURO Losnummer: 2036 | | | | | |
Carl Gustav Carus,
Blick aus einem
Gefängnisfenster in
den Himmel, 1823 | | Taxe: 10.000 - 20.000 EURO Losnummer: 2585 | | | | | |
Marie Egner,
Erntezeit in der
Wachau, um 1894 | | Taxe: 8.000 - 16.000 EURO Losnummer: 2704 | | | | | |
Sebastian Pether,
Ruinen einer
gotischen
Kirchenfassade in
weitem Tal bei
Mondschein | | Taxe: 3.000 - 6.000 EURO Losnummer: 2140 | | | | | |
Friedrich
Gauermann, Kleiner
Kornwagen mit einem
Schimmel und Fohlen
bei nahendem
Gewitter, um 1858 | | Taxe: 25.000 - 50.000 EURO Losnummer: 2597 | | |
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