Die Kunst, online zu lesen.

Home


Magazin

News


Marktberichte


Ausstellungen


Journal


Portraits


Top Event


Netzkunst





Kunst kaufen
Werben

Translation EnglishFrench

Anzeige

Ländlicher Garten (mit Bauernhaus) / Arnold Balwé

Ländlicher Garten (mit Bauernhaus) / Arnold Balwé
© Kunsthandel Ron & Nora Krausz


Anzeige

Interieur – Asia Porcelain – Asiatisches Porzellan, um 1911/12 / Joseph Oppenheimer

Interieur – Asia Porcelain – Asiatisches Porzellan, um 1911/12 / Joseph Oppenheimer
© Kunsthandel Ron & Nora Krausz


Newsmailer Eintrag

Bestellen Sie bitte hier:


Suchen mit Google

Google
WWW
kunstmarkt.com

Marktberichte

Aktuellzum Archiv:Auktions-Nachbericht

Bei Lempertz in Köln sollte ein Meisterwerk von Pechstein versteigert werden. Doch wegen „irritierender Presseartikel“ und damit verbundenen Unsicherheiten wurde es zurückgezogen. Dafür setzte ein Maler der „Verschollenen Generation“ zum Höhenflug an

Irrsinn



Es ist schon bitter, wenn das Juwel einer Auktion kurzfristig verloren geht. Eigentlich wollte Lempertz in seinem „Evening Sale“ mit Hermann Max Pechsteins exzeptionellem „Selbstbildnis, liegend“ aus dem Jahr 1909 auftrumpfen. Doch dazu kam es nicht. Denn ein Nachfahre des ehemals jüdischen Vorbesitzers ließ das Schlüsselwerk des Expressionismus noch am Auktionstag in der Lost Art-Datenbank registrieren und verunsicherte damit die potentiellen Käufer, darunter ein Museum. Konkretere Angaben zur Provenienzgeschichte hatte das Kölner Auktionshaus nicht in den Katalog aufgenommen. Bis 1936 gehörte es dem Kölner Arzt Walter Blank, der als Jude vom NS-Regime verfolgt wurde und das Gemälde damals an einen anderen Sammler der rheinischen Metropole verkaufte. Wie Lempertz dann im Nachgang der Versteigerung mitteilte, wurde Pechsteins Selbstbildnis 1956 explizit, nicht pauschal, wie zunächst kolportiert, vom Bund zum Höchstsatz entschädigt und war über Jahrzehnte mehrfach Teil von Ausstellungen. Nach den gründlichen Recherchen habe ein Verdacht auf Raubkunst daher ausgeschlossen werden können, zumal ein Anwalt der Erben Blanks 2016 diese Angelegenheit bereits für erledigt erklärt hatte und eine einvernehmliche Lösung mit ihnen bestand. Lempertz zog das Gemälde dennoch zurück und will es nun in der Herbstsaison erneut auf den Markt bringen.


So fehlen zum Gesamtergebnis der Versteigerung in Höhe von knapp 8 Millionen Euro die 1,5 bis 2 Millionen Euro, mit denen Pechsteins selbstbewusstes Zeugnis bemessen war. Die Fehlsumme konnte ein zweiter Spitzenreiter nicht ausgleichen, obwohl er sich am 6. Juni in Köln enorm anstrengte. Mit günstigen 40.000 bis 60.000 Euro war Albert Birkles makabres Gemälde „Irrsinn“ von 1925 veranschlagt. Doch um das grünlich schimmernde Skelett, das einen Mann mit erschreckten Augen und weit geöffnetem Mund von hinten anfällt und ihn erwürgt, stritten sich fünf Bieter. Bei letztendlich 720.000 Euro war ein rheinischer Sammler siegreich und blätterte mit Aufgeld 900.000 Euro hin. Die Summe war nicht nur der Tageshöchstpreis, sondern auch der neue Birkle-Rekord. Dass hier vor allem das drastische Motiv mit den Abgründen der menschlichen Psyche gefragt war, legt ein zweites Birkle-Werk nahe. Denn eine unspektakuläre, fast kitschige Waldlandschaft mit dem nackten Zauberer Merlin, an den sich gerade ein Hirsch schmiegt, platzierte sich taxgerecht bei 33.000 Euro.

Samt Nachverkauf konnte Lempertz eine gute losbezogene Verkaufsrate von 70,5 Prozent auf die Beine stellen, musste aber auf einige Highlights verzichten, darunter Norbert Krickes Edelstahlstabschichtung „Große Flächenbahn“ von 1964 mit Documenta-Weihen und Rekordansage von 400.000 bis 500.000 Euro oder Niki de Saint Phalles bunte Brunnenplastik mit vier fröhlich plantschenden Nanas von 1974/91 für 350.000 bis 400.000 Euro. Gelungen war der Auftakt der Versteigerung mit acht aquarellierten Zeichnungen Lyonel Feiningers aus der Sammlung des 2021 verstorbenen Düsseldorfer Architekten Walter Brune, die alle den Schätzrahmen erreichten oder ihn bravourös übertrafen, so gleich zu Beginn seine kantigen Figuren und „Boote am Strande I“ von 1923 mit 70.000 Euro (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR). In seiner nun 54.000 Euro teuren „Gelben Strasse“ von seinem Paris-Aufenthalt des Jahres 1908 fing der spätere Bauhaus-Künstler karikierte menschliche Gestalten auf einem kleinen gepflasterten Platz ein (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR). Höhepunkt der Feininger-Suite war einer der beiden dynamischen Entwürfe für ein Wandbild an der Fassade des New Yorker „Marine Transportation Building“ von 1938 für 83.000 Euro (Taxe 40.000 bis 50.000 EUR).

Bei den sieben Positionen Emil Noldes war das Kaufverhalten sehr selektiv. Während in der Auktion vor allem die beiden Aquarelle mit farbfrisch leuchtendem „Rotem Mohn“ um 1935/40 bei 160.000 Euro (Taxe 80.000 bis 120.000 EUR) und das Portrait einer jungen südländischen Frau mit Ohrringen von 1921 bei 120.000 Euro überzeugten (Taxe 80.000 bis 100.000 EUR), musste der beinahe abstrakt aquarellierte Farbenrausch „Segler auf stürmischer See“ von 1946 bis zum Nachverkauf warten, um bei 105.000 Euro noch einen Käufer zu finden (Taxe 120.000 bis 150.000 EUR). Für zwei farblich schwache Blumenaquarelle konnte sich niemand begeistern. August Macke steuerte wiederum eine Arbeit auf Papier bei, seinen drallen rosafarbenen „Sitzenden Akt II“ in einer nicht näher bestimmten Farblandschaft. Die Gouache von 1912 erzielte im November 2015 bei Lempertz schon einmal 60.000 Euro und kam nun für taxkonforme 75.000 Euro unter den Hammer. Ernst Ludwig Kirchners gleichaltriges, flott skizziertes Pastell „Zwei Frauen“, eine Studie von Gerda und Erna Schilling für das Gemälde „Zwei Frauen mit Waschbecken“ in der Sammlung des Frankfurter Städels, wechselte für gute 400.000 Euro in eine Berliner Privatsammlung (Taxe 300.000 bis 350.000 EUR). Heinrich Hoerles bunte Wachskreidezeichnung „Bäume“, in der er 1931 konstruktivistische und realistische Elemente miteinander verband, übersprang mit 42.000 Euro gleichfalls seine Schätzungen.

In der Moderne-Abteilung platzierte sich Lovis Corinth mit seinem üppigen Stillleben „Zinnien“ von 1924 preislich hinter Birkle. Die locker und vital entwickelte Blütenpracht, die zuletzt 2012 bei Nagel in Stuttgart 300.000 Euro erzielte und in der Zwischenzeit bei Grisebach in Berlin und Koller in Zürich zwei erfolglose Auktionsauftritte zu höheren Erwartungen hatte, kam nun bei Lempertz auf die obere Preisvorstellung von 400.000 Euro. Zudem konnte Heinrich Campendonk mit der Hinterglasmalerei einer Eidechse um 1919 punkten. Das wundersame kleine Bild, losgelöst von Perspektive und Proportion, kletterte von 40.000 Euro auf 280.000 Euro. Bildhauerisch wurde es mit Gerhard Marcks’ an klassischen Idealen orientierter Bronzefigur „Alcina II“ von 1934, die sich bei 55.000 Euro behauptete (Taxe 35.000 bis 40.000 EUR), und seiner späten Bronzeversion des großen mittelalterlichen Kirchenlehrers „Albertus Magnus“ von 1955/70, die ihren Schätzpreis auf 130.000 Euro verdoppelte. Fans fand auch Rembrandt Bugattis Petitesse einer drolligen „Französischen Bulldogge“ aus dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts bei 36.000 Euro (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR).

Mit Kunst von Malerinnen der Moderne war die Auktion beachtlich bestückt. Allerdings verabschiedete sich Gabriele Münters „Blick aufs Gebirge mit gelber Wolke“ von 1934 aus der Voralpenlandschaft um Murnau erst im Nachgang bei 240.000 Euro (Taxe 250.000 bis 300.000 EUR). Ein schwaches Ergebnis fuhren auch Natalja Gontscharowa und ihre „Composition rayonniste“ aus dem Jahr 1913 mit 85.000 Euro ein. Die kristalline Formenexplosion, die mit architektonisch wie vegetabil anmutenden Elementen vielfältige Assoziationsräume öffnet, war im Katalog mit 100.000 bis 120.000 Euro verzeichnet. Erfolgreich war hingegen Mela Muter, inzwischen eine Stammkünstlerin bei Lempertz. Die polnisch-französische Malerin erwirtschaftete mit ihrem nachdenklich-anrührenden „Geschwisterpaar“ um 1930 schon gute 80.000 Euro (Taxe 60.000 bis 70.000 EUR), übertroffen noch von den 130.000 Euro für ihre ebenso innige Schilderung einer jungen Mutter mit ihren Kindern beim Essen in einer einfachen Stube (Taxe 100.000 bis 120.000 EUR). Den Vogel schoss aber Séraphine Louis ab. Die Autodidaktin, die ihren Lebensunterhalt als Putzfrau und Schafhirtin verdiente und der „Naiven Kunst“ zugerechnet wird, malte 1931 ihr Blumenstillleben „Marguerites“, bei dem sich ein Pariser Sammler erst mit 150.000 Euro gegen die hartnäckige Konkurrenz von zwölf Mitbewerbern durchsetzen konnte (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR).

In der unmittelbaren Nachkriegszeit dominierte die Abstraktion des Informel. Doch die sonst begehrten Arbeiten von Ernst Wilhelm Nay wollten nicht so recht zünden. Von seinen vier Einlieferungen gingen bei der Versteigerung nur die dynamische „Figurale – Phyllis“ von 1950 und die späten, seltsam statischen „Keime im Sand“ von 1965 jeweils am unteren Taxrand von 200.000 Euro respektive 90.000 Euro weg. Erst der Nachverkauf richtete es bei dem flächig angelegten und strahlenden Bild „Mit weißer Spindel“ von 1967 ebenfalls zu den unteren anvisierten 400.000 Euro. Der Vorbehaltszuschlag in Höhe von 240.000 Euro für Nays Komposition „Licht und Dunkel“ von 1953 mit schwebenden Farbakkorden aus der Werkserie der „Rhythmischen Bilder“ wurde vom Einlieferer nicht akzeptiert (Taxe 250.000 bis 300.000 EUR). Leichter taten sich da Peter Brüning mit einer kleinteiligen gestischen Arbeit in Öl und Kreide auf Leinwand um 1964 bei 55.000 Euro (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR) und Fritz Winter mit seinen aufgerissenen Farbflächen „Vor Rot“ von 1961 mit 36.000 Euro (Taxe 35.000 bis 40.000 EUR).

Ein weiterer Stammgast bei Lempertz ist seit einigen Jahren der Tscheche Zdenek Sýkora, für den der Kölner Versteigerer seit Juni 2021 mit 860.000 Euro den Auktionsrekord hält. Soviel waren es diesmal für seine farblich zurückhaltenden „Linien Nr. 235“ von 2005 nicht. Dennoch musste ein Sammler aus Sýkoras Heimat bis 430.000 Euro gehen, um das auf den ersten Blick freie, aber streng konstruierte Linienspiel sein Eigen nennen zu können (Taxe 150.000 bis 200.000 EUR). Eine der jüngsten abstrakten Arbeiten war Marie-Jo Lafontaines aus neun Einzelteilen zusammengesetztes Rechteck „Monochromes Rouges“ von 2012/13. Die subtile Farbfelduntersuchung machte mit 50.000 Euro keine Schwierigkeiten (Taxe 30.000 bis 35.000 EUR), ebenso wie A.R. Pencks chiffrenhafte Leinwand „Neuer Raum“ mit einer Umbruchsituation aus dem Umbruchsjahr 2000 bei 120.000 Euro (Taxe 70.000 bis 90.000 EUR). Auch Pencks an afrikanisch-ozeanische Kultobjekte erinnernde Bronzestele „NRMN“ von 1986 profitierte bei 59.000 Euro von einer guten Nachfrage (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR). Anders sah dies bei Jonas Burgerts großem Welttheater in figurativer Wucht aus: von den beiden Arbeiten auf der Werkgruppe „Bergung“ des Jahres 2006 wurde nur die kleinformatige untertourig bei 42.000 Euro übernommen (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR); die größere, die ebenfalls versatzstückhaft traumartige Sequenzen mit der Bergung von Menschen vorführt, blieb bei 120.000 bis 150.000 Euro liegen.

Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld.

Kontakt:

Kunsthaus Lempertz

Neumarkt 3

DE-50667 Köln

Telefon:+49 (0221) 92 57 290

Telefax:+49 (0221) 92 57 296

E-Mail: info@lempertz.com



19.07.2023

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Johannes Sander

Drucken

zurück zur Übersicht


Empfehlen Sie den Artikel weiter:
an


Weitere Inhalte:

Gesamt Treffer 14

Seiten: 1  •  2

Events (1)Adressen (1)Kunstsparten (4)Stilrichtungen (3)Berichte (1)Kunstwerke (4)

Veranstaltung vom:


06.06.2023, Evening Sale - Moderne und Zeitgenössische Kunst

Bei:


Kunsthaus Lempertz

Kunstsparte:


Skulptur

Kunstsparte:


Zeichnung

Kunstsparte:


Arbeiten auf Papier

Kunstsparte:


Malerei

Stilrichtung:


Moderne Kunst

Stilrichtung:


Nachkriegskunst

Stilrichtung:


Zeitgenössische Kunst







Heinrich Hoerle,  Bäume, 1931

Heinrich Hoerle, Bäume, 1931

Taxe: 30.000 - 40.000 EURO

Zuschlag: 42.000,- EURO

Losnummer: 22

Ernst Ludwig Kirchner,  Zwei Frauen, 1912

Ernst Ludwig Kirchner, Zwei Frauen, 1912

Taxe: 300.000 - 350.000 EURO

Zuschlag: 400.000,- EURO

Losnummer: 31

Lovis Corinth,  Zinnien, 1924

Lovis Corinth, Zinnien, 1924

Taxe: 300.000 - 400.000 EURO

Zuschlag: 400.000,- EURO

Losnummer: 24

Séraphine Louis,  Marguerites, 1931

Séraphine Louis, Marguerites, 1931

Taxe: 15.000 - 20.000 EURO

Zuschlag: 150.000,- EURO

Losnummer: 81




Copyright © '99-'2025
Kunstmarkt Media
Alle Rechte vorbehalten


Impressum





Zum Seitenanfang Magazin

 Amazon export/import Schnittstelle xt:commerce u. oscommerce  Amazon ebay rakuten yatego meinpaket export/import Schnittstelle xt:commerce u. oscommerce