| | Corinne Diserens übernimmt die Abteilung für Papier, Fotografie und Medien an der Hamburger Kunsthalle | |
Mit internationalen Stellenbesetzungen tut sich der Hamburger Kulturbetrieb in der Regel schwerer, als das andernorts, etwa in Berlin, der Fall ist. Umso erfreuter blickt man da in diesen Tagen auf die Hamburger Kunsthalle, die jetzt ungewöhnlich kurzfristig die Berufung der 1960 in Genf geborenen Kuratorin Corinne Diserens als neue Leiterin der Sammlung für Arbeiten auf Papier/Fotografie ab 1960 und Medien bekanntgegeben hat. Sie löst Petra Roettig ab, die nach 26jähriger Tätigkeit in den Ruhestand geht. Da Corinne Diserens ihre neue Stelle bereits am 1. September antritt, ist ein nahtloser Übergang auf dieser wichtigen Position garantiert. Auch das ist im Hamburg Kunstbetrieb nicht immer der Fall. Allzu oft bleiben frei werdende Stellen über einen längeren Zeitraum unbesetzt, wohl auch um den Haushalt zu schonen. Mit Corinne Diserens kommt nun eine international erfahrene Kunsthistorikerin und Kuratorin an die Galerie der Gegenwart.
Diserens hat an der Pariser Sorbonne Kunst- und Filmgeschichte studiert und gleich im Anschluss daran am Independent Study Program des New Yorker Whitney Museum teilgenommen. Der Startpunkt für eine internationale Karriere war gelegt. Als Direktorin hat sie Museen in Frankreich, Spanien und Italien geleitet, darunter das Museion in Bozen. Daneben stand sie Kunsthochschulen in Belgien und Frankreich vor. Doch Diserens zog es auch regelmäßig weiter in die Welt hinaus. So kuratierte sie 2002 einen Teilbereich der Biennale von São Paulo und war 2016 Leiterin der 10. Taipeh Biennale in Taiwan. Eine Verbindung zu Deutschland stellt ihre Tätigkeit als Juryvorsitzende für das Residenzprogramm der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart in der Zeit zwischen 2010 und 2015 dar.
Bleibt zu hoffen, dass Corinne Diserens in den kommenden Jahren den von ihr geleiteten Sammlungsbereich weiter ausbauen kann. In Zeiten knapper Kassen dürfte das nicht so einfach sein. Vielleicht gelingt es ihr, im Doppelgespann mit ihrer für Malerei, Skulptur und Installation zuständigen Kollegin Brigitte Kölle ja auch, die oftmals allzu bedächtig agierende Hamburger Kunsthalle mit spannenden Ausstellungen, beispielsweise zu wichtigen weiblichen Positionen, etwas prominenter auf der deutschen Kunstlandkarte zu positionieren. Denkt man an die aktuell stattfindenden oder gerade zu Ende gegangenen, allesamt sehenswerten Retrospektiven, etwa zu Rosemarie Trockel und Martha Rosler in Frankfurt, Jenny Holzer in Düsseldorf oder Isa Genzken in der Neuen Nationalgalerie, so kann man aus Hamburger Sicht nur neidvoll in die Ferne blicken und, wenn man es nicht längst schon getan hat, ein Zugticket buchen. Aber vielleicht wird das mit Corinne Diserens ja jetzt alles ganz anders. |