Berlin erwirbt geschichtsträchtigen Teppich | | Seiden-Tapisserie, Kaschan, 16. Jahrhundert | |
Das Museum für Islamische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin hat eine Seiden-Tapisserie des 16. Jahrhunderts aus den Werkstätten der iranischen Stadt Kaschan angekauft. Das Besondere an dem seltenen Teppich ist seine Provenienz. Denn das Stück gehörte einst dem deutsch-jüdischen Kunstsammler Alfred Cassirer. Mit Hilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Kulturstiftung der Länder konnte das Meisterwerk nun erworben werden und bereichert wieder die Sammlung der Berliner Museen. „Die Seiden-Tapisserie ist von außergewöhnlicher Qualität und Farbigkeit, ein ganz besonderes Stück, Sie hat für uns in aber auch einen hohen emotionalen Wert“, so Stefan Weber, Direktor des Museums für Islamische Kunst. „Dieses äußerst feine textile Kunstwerk unterstreicht nicht nur die enge Verbindung Alfred Cassirers zu unserer Sammlung, sie ist auch Zeugnis einer über Jahrhunderte anhaltenden pluralen Gesellschaft und verknüpfter Geschichte zwischen Europa und der islamisch geprägten Welt“, so Weber weiter.
Die in Wirktechnik hergestellte Seidentapisserie, deren Garne zusätzlich mit Gold- und Silberfäden veredelt wurden, ist mit europäischen Wolltapisserien vergleichbar, jedoch vom Material und Wirkung um ein Vielfaches feiner. Iranische Textilien und Teppiche genießen Weltruhm und wurden über die Jahrhunderte hinweg nach Ost und West gehandelt. Alfred Cassirer hatte das Stück gemeinsam mit weiteren Spitzenwerke in den 1920er Jahren auf Anraten des Museums für Islamische Kunst erworben, auch um mittelfristig Fehlstellen in der Berliner Sammlung abzudecken. Die Sammlung, nach seinem Tod 1932 im Besitz seiner Tochter Eva Cassirer, wurde 1934 durch die Nationalsozialisten teilweise zerschlagen. Nach dem Tod von Eva Cassirer wurden die verbleibenden 14 klassischen Teppiche 2012 der Erbengemeinschaft zurückgegeben und später dem Museum für Islamische Kunst zum Kauf wieder angeboten.
Der Erwerb wird begleitet durch eine Schenkung von sieben Keramikobjekten und acht Teppichen. Gemeinsam mit der Alfred-und-Eva-Cassirer-Stiftung führt das Museum für Islamische Kunst seit 2020 ein Forschungsprojekt zu „Zerstreuung der Kunstsammlung des jüdischen Ingenieurs Alfred Cassirer (1882-1932) im Zeitraum 1933 bis 1945“ durch. Die neu erworbene Seiden-Tapisserie ist ab sofort und bis zur sanierungsbedingten Schließung des Pergamonmuseums am 23. Oktober im Safawidenraum zu sehen. Die gemeinsam ausgestellten Objekte zeigen insbesondere jüdische Traditionen in der islamisch geprägten Welt: religiöse Minderheiten waren über Jahrhunderte in der kulturellen Produktion zwischen Nordafrika und Zentralasien aktiv. Neben ausstellungsbegleitenden Filmen in der Mediathek des Museums soll dieser Themenkomplex ab 2027 auch in der neu präsentierten Dauerausstellung des Museums für Islamische Kunst im sanierten Nordflügel des Pergamonmuseums vermittelt werden. |