Runge-Scherenschnitte für Dresden | | Philipp Otto Runge, Maiglöckchen | |
Das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) hat elf Scherenschnitte von Philipp Otto Runge erworben. Der Ankauf in Höhe von 245.000 Euro netto gelang dem Museum in der Sommerauktion bei Grisebach in Berlin. Unterstützt wurde es dabei von der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Hermann Reemtsma Stiftung, der Rudolf-August Oetker-Stiftung, dem Verein der Freunde des Kupferstich-Kabinetts Dresden e.V. und von privaten Förderern. Mit der Erwerbung gelinge es, eine schmerzliche Lücke im Sammlungsbestand zu schließen, teilte das Kupferstich-Kabinett mit. Trotz seiner hohen Relevanz für die Dresdner Romantik sei Runges Schaffen im Bestand der SKD kaum repräsentiert gewesen. Das Kupferstich-Kabinett konnte bisher lediglich ein kleinformatiges Selbstbildnis aus der Porträtsammlung Carl Christian Vogel von Vogelstein sowie den für das sein Schaffen programmatischen Grafikzyklus „Die Zeiten“ vorweisen, bei dem Ornamente aus der Pflanzenwelt als Allegorien für die Tageszeiten ins Zentrum seines Verständnisses von Landschaftskunst treten.
Der aus Wolgast in Mecklenburg-Vorpommern stammende Runge hatte sich für eine kurze, aber für seine künstlerische Entwicklung prägende Zeit zwischen 1801 und 1804 in Dresden aufgehalten. In diese Phase fielen seine Bekanntschaft mit dem Schriftsteller Ludwig Tieck und dem Naturphilosophen Henrich Steffens sowie der wegweisende Austausch mit Johann Wolfgang von Goethe. Zuvor hatte Runge in Greifswald Caspar David Friedrich erstmals getroffen; in Dresden konnte er an diese wichtige Begegnung anknüpfen. Zur Versteigerung bei Grisebach kam ein Bestand an Werken der Hamburger Künstlerbrüder Erwin und Otto Speckter und ihrer Freunde. Dieser war geschlossen im Nachlass eines Familienzweiges bewahrt worden. Dabei haben sich die Scherenschnitte mit Pflanzenmotiven, die als Geschenke an die Speckter-Familie gingen, so erhalten, wie Philipp Otto Runge sie einst übergeben hatte: Während man die Arbeiten später oft aufgeklebt hat, wurden sie hier lose zwischen Pappkartonbögen gelegt. Durch diese „Beweglichkeit“ bleibt der lebendige Charakter der kleinen Papierobjekte besser erfahrbar.
Runges Scherenschnitte können als Grundbaustein seines bildnerischen gelten. Der Künstler geht der Schönheit der Pflanzen in ihren vielfältigen Formen nach und verfolgt dabei die Architektur ihrer organischen Bildungsgesetze. Ausgehend von exakter Naturbeobachtung unterwirft Philipp Otto Runge im Scherenschnitt die Naturform einem Abstraktionsprozess. Die Pflanze als Grundbaustein der Natur wird bei ihm zum Gleichnis eines göttlichen Schöpfungsplanes. Die neu erworbenen Arbeiten werden in Dresden erstmals im Rahmen der großen Sonderausstellung „Caspar David Friedrich. Wo alles begann“ ab August 2024 präsentiert. |