General Idea in BerlinDer Gropiusbau in Berlin widmet der Künstlergruppe „General Idea“ die erste umfassende Retrospektive im deutschsprachigen Raum. Von ihrer Gründung 1969 bis zur Auflösung im Jahr 1994 operierte die kanadische Gruppe im Spannungsfeld zwischen Kunst, Medien und politischem Aktivismus und prägte damit eine ganze Künstlergeneration. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem in Berlin lebenden Gründungsmitglied AA Bronson und den Kuratoren Adam Welch, Beatrix Ruf und Zippora Elders entwickelt wurde, umfasst beinahe 200 Arbeiten, darunter subversive und ironische Skulpturen, Installationen, Malereien, Videos, Publikationen und Archivmaterial sowie Tapeten und Logos. Die Kanadier AA Bronson, Felix Partz und Jorge Zontal formierten sich vor mehr als 50 Jahren zur Gruppe „General Idea“. Das Trio ging aus einem Kollektiv von rund 25 Personen hervor, das mit hintergründigen und provokanten Arbeiten an den Fundamenten der westlichen Gesellschaft rütteln wollte und drängende Fragen nach Selbstbestimmung und politischer Teilhabe stellte.
Kritik an der entfesselten kapitalistischen Konsumgesellschaft der Nachkriegsjahre gehörte bei „General Idea“ genauso zum guten Ton, wie der Protest gegen patriarchale Schönheitsideale. Mit der Arbeit „Miss General Idea Pageant“ von 1970 verglich die Gruppe etwa den modernen Kunstbetrieb mit den Zuständen auf Schönheitswettbewerben. In den 1980er Jahren bediente sich General Idea der visuellen Sprache von Marken und Corporate Identity und lotete so auf humorvolle Weise die Verbindungen zwischen Kunst, Medien und Kommerz aus. Das Künstlertrio arbeitete mit Copyrightsymbolen, schaltete Werbeparodien, richtete Boutiquen ein und kommentierte so den Kommerzialismus und Konsumismus dieser Zeit. 1986 zog das Trio von Toronto nach New York, als sich die queere Community dort in der Krise befand. Zwischen 1987 und 1994 wandte sich General Idea dem soziopolitischen Aktivismus zu, um Sichtbarkeit für die AIDS-Notlage zu schaffen.
Ihre Installation „Fin de siècle“ von 1990 nimmt den gesamten Lichthof des Gropiusbaus ein und zeigt Robbenbabys aus Kunstfell, die auf einem bühnenähnlichen Eisblock aus Styropor ruhen. Erstmals entstand sie in der Zeit von Partz’ und Zontals HIV-Diagnosen und erinnert an Caspar David Friedrichs „Eismeer“ von 1823/24. Die Arbeit will ein ironisches Selbstportrait dreier in kritischen Verhältnissen treibender Künstler sein. Mit einer bitterbösen Portion Sarkasmus beleuchtet sie die breite öffentliche Aufmerksamkeit, die den angeblich bedrohten Sattelrobben-Babys in dieser Zeit zuteil wurde. Gegen deren Jagd protestierte unter anderem Brigitte Bardot in einer politischen Kampagne, während Menschen, die in den 1980er Jahren an AIDS starben, keine vergleichbare Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit bekamen. „‚Rettet die Robben‘ lässt sich leichter verkaufen, […] weil sie niedlicher sind als drei Homosexuelle mittleren Alters“, schrieb Zontal einst zu diesem Kunstwerk.
Die Ausstellung „General Idea“ läuft bis zum 14. Januar 2024. Der Gropiusbau hat montags bis freitags von 11 bis 19 Uhr sowie am Wochenende von 10 bis 19 Uhr geöffnet. Dienstags bleibt das Haus geschlossen. Der Eintritt beträgt regulär 9 Euro, ermäßigt 6 Euro.
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstraße 7
D-10963 Berlin
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